Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
auf uns aufmerksam wird.“
„Ja, Ihr habt recht, das hatte ich nicht bedacht“, lenkte Ulrich widerwillig ein. „Gut, dann machen wir es so. Und die Mutter und den Bruder dieses Bauerntölpels verstecken wir in der Pfalz bei Markgraf Johann von Baden, der fest zu uns steht und uns noch etwas schuldet, als Faustpfand sozusagen. Um einen geeigneten Mann, der sich als Spitzel an die Fersen des Schreibers hängt, müsst Ihr Euch selbst kümmern. Wir übernehmen den Stadtschreiber. Übrigens kann so einer ja durchaus plötzlich versterben, nicht wahr?“ Er lachte gehässig.
„Sagt uns nur, welche Stadt Ihr auswählt. Und eins noch: Ich hoffe sehr, wir können uns diesmal wirklich auf Euch verlassen, Etzelroth! Oder wird es wieder irgendwelche Probleme mit Eurem nichtsnutzigen Sohn geben?“ Ulrich von Hachberg sah den Vogt drohend an.
„Nein, natürlich wird es keine Probleme mehr geben. Ihr könnt euch voll und ganz auf mich und meine Treue verlassen“, beeilte sich Etzelroth zu versichern. „Und was meinen Sohn betrifft, so seid auch hier unbesorgt. Der wird von mir in nächster Zeit kurz gehalten, das steht fest.“
„Gut.“ Ulrich von Hachberg erhob sich und leerte seinen Becher. „Dann breche ich jetzt auf. Die Zeit drängt!“ Er zog sich das Tuch wieder über das ins Gesicht und setzte seinen Helm auf. Stumm gaben sich die beiden Männer zum Abschied die Hand. Als Ulrich von Hachberg das Zimmer des Vogtes verließ, war es bereits lange nach Mitternacht.
Früh am nächsten Morgen – es war Montag, der siebte Mai im Jahre des Herrn 1461 – begab sich Stadtschreiber Ambrosius Kufner auf den Weg zum Hofgut Graychen. Er hatte seine aus Rindsleder gefertigte Mappe mit Papier und Schreibzeug über die Schulter gehängt, sodass dies eine gute Erklärung für seinen Besuch gewesen wäre, hätte ihn denn jemand danach gefragt. Gedankenversunken ging Ambrosius Kufner an den Stadtwachen vorbei durch Langens Osttor hinaus in Richtung des Hofgutes Graychen. Der frühe und außergewöhnlich warme Mai, der auf den langen Winter gefolgt war, hatte einige Wiesenblumen bereits zum Blühen und die Bäume zum Ausschlagen gebracht. Es duftete frisch und feucht nach Tau und Blüten. Die vom blauen Himmel mit seinen weißen Federwölkchen strahlende Sonne tat ein Übriges, eine heitere, frühlingshafte Stimmung zu erzeugen. Diese erschien Ambrosius Kufner jedoch allzu trügerisch, denn auch das beste Wetter konnte ihn nicht über die Gefahr hinwegtäuschen, in der er und alle, die ihm etwas bedeuteten, sich befanden.
Er wanderte den sanft ansteigenden Hügel zwischen den Wiesen und Bäumen in Richtung des Waldes hinauf. Nach etwa einer halben Stunde war er am Gut angekommen. Das Tor stand sperrangelweit offen. Im Hof konnte er seinen Freund Peter Graychen sehen, der gerade mit seinem Knecht Alwin die Winde des Brunnens begutachtete. Eine Magd mit einem Weidenkorb kam ihm entgegen und deutete einen Knicks an, bevor sie an ihm vorbeiging und in Richtung Wiese lief. Sicher sollte sie Kräuter für die Küche oder als Medizin holen. Der Stadtschreiber trat durch das Tor auf den Hof. Als Peter Graychen, der gerade ins Haus gehen wollte, ihn sah, hellte sich sein Gesicht auf. Er kam Ambrosius Kufner entgegen und streckte einladend die Hand aus.
„Ambrosius! Was, um alles in der Welt, verschafft mir die Ehre deines Besuchs? Wir wohnen nicht einmal einen Steinwurf auseinander und doch sehen wir uns kaum. Was für eine Überraschung. Komm herein!“
Die Freunde umarmten sich herzlich.
„Ich freue mich auch sehr, dich zu sehen, Peter“, erwiderte Ambrosius Kufner den Gruß. „Eine Schande, dass man heutzutage schon einen Vorwand braucht, um seinen alten Freund zu besuchen“, dabei deutete er auf seine Tasche mit dem Schreibzeug.
Peters Miene verfinsterte sich. Missmutig sagte er: „Ja, eine Schande. Aber nun lass uns hineingehen. Reden können wir besser im Haus.“
Sie betraten zusammen die Stube und Peter rief: „Margarethe, komm und sieh, wer uns einen Besuch abstattet! Und bring uns gleich zwei Krüge Bier mit!“
Das Gesicht von Bertholds Mutter erschien für einen kurzen Moment in der Tür zur Küche. Als sie Ambrosius Kufner erblickte, lächelte sie und nickte ihm zu. Dann verschwand sie wieder, nur um einen Augenblick später mit zwei randvollen Krügen warmen Würzbieres im Zimmer zu erscheinen. Sie kam an den Tisch und stellte die Krüge vor die beiden Männer. Ambrosius nahm ihre
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