Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
informiert oder ihn gleich besser selbst festgenommen?“
„Nun“, sagte Etzelroth kleinlaut, „er hatte etwas zu tief ins Glas geschaut und sich mit Graychen geprügelt. Nun ja, vielmehr wurde er von ihm verprügelt und in den Bach geworfen.“
„Von einem Krüppel?“, entfuhr es Ulrich von Hachberg angeekelt und fast mitleidig. „Mein Gott, Etzelroth, man kann sich seine Sprösslinge nicht immer aussuchen, aber Ihr habt es wirklich schwer mit einem solchen Sohn. Vielleicht täte etwas mehr Zucht hier gute Dienste, aber das ist schließlich Euer Problem. Also zurück zum Thema: Wie finden wir diesen Graychen?“
Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: „Wisst Ihr, mir ist es eigentlich völlig gleich, warum dieser päpstliche Gesandte Euren Bauerntölpel haben will. Ich bin Graf Adolphs getreuer Mann und nur sein Befehl zählt für mich. Aber diesem Sarenno di San Pietro traue ich nicht und weiß bis heute nicht, was er im Schilde führt.“ Ulrich verzog das Gesicht zu einer kurzen, nachdenklichen Grimasse. „Aber das soll unsere Sorge jetzt nicht sein. Wie bekommen wir diesen Graychen so schnell wie möglich zu fassen?“
„Zum einen sollten wir unter einem Vorwand seine Familie verhaften und trennen. Den Vater behalte ich hier auf Burg Hayn als Lockvogel für den Sohn. Vielleicht weiß er ja auch etwas. Die Mutter und den Bruder halten wir irgendwo anders fest. So haben wir genug Druckmittel.“
„Und Ihr denkt, dieser Graychen wird kommen, um seinen Vater oder seine Mutter befreien? Er ist sicher verzweifelt, aber gewiss nicht verrückt. Er weiß doch, dass er das nicht schaffen kann. Und überhaupt, wie soll er es erfahren, wenn wir nicht einmal seinen Aufenthaltsort kennen? Ein stümperhafter Plan, wahrlich!“, erwiderte Ulrich von Hachberg.
„Einen Moment! Das ist doch nicht der ganze Plan“, sagte Etzelroth. „Ich weiß selbst, dass das nicht funktionieren würde. Aber Ihr habt es eben selbst gesagt: Wie erfährt er davon? Nun, die Tochter des Stadtschreibers, Katharina Kufner, ist seine Verlobte und steht sicher noch in Kontakt mit ihm. Alle in der Stadt werden von der Verhaftung der Graychens erfahren. Dann werde ich Ambrosius Kufner den offiziellen Auftrag erteilen, für eine längere, aber überschaubare Zeit – sagen wir zwei Wochen – in eine mit uns verbündete Stadt zu reisen, um dort einen angeblich wichtigen Auftrag zu übernehmen. Ein zur Abschrift geeignetes Dokument wird sich leicht finden lassen. Weiterhin muss sichergestellt werden, dass Kufner seine Tochter als Helferin mitnimmt. Sie ist auch des Schreibens und Lesens kundig.
Wenn dies alles so zustande kommt, würde es mich sehr wundern, wenn einer der beiden nicht die Gelegenheit beim Schopfe packt und versucht, Berthold Graychen auf irgendeine Art und Weise über die Geschehnisse in Kenntnis zu setzen. Wir werden natürlich sofort darüber informiert sein, da sich ein Spitzel von uns an ihre Fersen heften wird. Solange, bis ich einen Grund und einen Mitstreiter in einer anderen Stadt gefunden habe, werden der Stadtschreiber und seine Tochter unter ständiger Beobachtung stehen und gewissermaßen an Langen gebunden werden. Der Schreiber und der Vater von Berthold sind gute Freunde, daher wird es ein Leichtes sein, Kufner durch die Blume zu sagen, dass er um Peter Graychens willen besser in Langen bliebe.“
Etzelroth lächelte selbstzufrieden. „Nun, was haltet Ihr davon?“
„Das könnte klappen – aber nur, wenn sie etwas wissen“, wandte Ulrich von Hachberg ein.
„Ja, wenn sie etwas wissen, aber dessen bin ich mir sicher!“
„Warum verhört Ihr die beiden nicht einfach, wenn es sein muss auch unter der Folter? Ich denke, dass würde ihre Zungen ebenfalls lösen – und zwar mit weniger Aufwand für uns und vielleicht sogar etwas mehr Vergnügen“, schlug Ulrich von Hachberg mit einem Grinsen vor.
„Herr Ulrich“, entgegnete Wolfram Etzelroth „bedenkt, es handelt sich hier um den offiziellen Langener und Dreieichenhayner Stadtschreiber und seine leibliche Tochter. Und nicht etwa um irgendwelches Pack, das niemanden interessiert, wie diesen Franz oder die Graychens, bei denen ich durch die Flucht ihres Sohnes einen guten Anlass zur Festnahme habe. Ich denke, wir dürfen den Bogen nicht überspannen und bis zur Vollendung der großen Sache so wenig Aufsehen wie möglich erregen. Was außerhalb von Langen mit ihnen geschieht, ist eine andere Sache. Aber ich möchte nicht riskieren, dass der Erzbischof
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