Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
Hand.
„Margarethe, was für eine Freude, dich zu sehen. Und welch traurige Umstände, dass wir uns so wiedertreffen müssen!“
Margarethes Augen wurden augenblicklich feucht. Sie drückte fest Ambrosius Kufners Hand. Dann ließ sie los, wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und sagte: „Ich freue mich auch sehr, aber ich lasse euch jetzt besser allein. Ich habe zu tun.“ Dann blitzten ihre Augen schalkhaft und sie sagte mit einem verschwörerischen Lächeln: „Oder wolltest du etwa für ein Schäferstündchen zu mir kommen? Wenn ja, dann lass dir gesagt sein, dass das heute nicht möglich ist. Mein Mann ist zu Hause!“
All drei lachten laut und herzlich. Margarethe hat also trotz allem Kummer ihren Humor nicht verloren, dachte Ambrosius erleichtert. Sie lächelte noch einmal kurz und ging dann zurück in die Küche. Ambrosius sah ihr noch einige Sekunden nach und wurde von Peter Graychen aus seinen Gedanken geholt.
„Sie tut nur so. Sie ist in Wirklichkeit todtraurig, so wie wir alle.“
„Ich weiß das, mein Freund. Daraus könnt ihr keinen Hehl machen. Das ist auch der Grund meines Kommens, wie du dir unschwer vorstellen kannst. Aber bevor wir über ernste Dinge reden, lass uns auf dich, deine Familie und vor allem Berthold anstoßen.“
„Ja, das wollen wir tun. Prost! Auf uns – und vor allem auf meinen Sohn!“
Sie hoben die Krüge, stießen an und tranken einige Schlucke. Dann wurde Ambrosius Kufner ernst und sah seinem Freund tief in die Augen.
„Peter, du weißt, ich bin kein Freund langer Reden, vielleicht auch, weil ich diese immerfort zu Papier bringen muss. Darum frage ich dich frei heraus: Wo ist Berthold?“
Peter Graychen schwieg und sah auf die Tischplatte.
„Peter, ich bin dein Freund, vielleicht der letzte, der dir geblieben ist. Raus mit der Sprache! Wo ist er und wie geht es ihm?“, bohrte Ambrosius Kufner nach.
Peter Graychen zögerte. Dann jedoch sagte er: „Ambrosius, ich zweifle an vielem, aber sicher nicht an dir. Du bist mein Freund, aber ich kann es dir nicht sagen. Es ist nur zu deinem Besten.“
„Zu meinem Besten? Wie das?“
„Alles, was du weißt, kann dich Kopf und Kragen kosten. Besser, du weißt von nichts, glaube mir.“
Ambrosius Kufner lehnte sich zurück. „Also das ist es. Du denkst, du kannst mich schützen, indem du mir die Wahrheit verschweigst? Oder meinst du vielleicht, Berthold damit zu schützen? Glaubst du denn allen Ernstes, ein Wort käme über meine Lippen, wenn Etzelroth und seine Spießgesellen mich danach fragen würden? Das soll er mal versuchen, der Lump. Ich bin zwar nur Stadtschreiber, aber immerhin ein Amtmann. Und auch ich habe Beziehungen bis nach Mainz.“
„Nein, natürlich würdest du nichts verraten, das weiß ich!“, sagte Peter Graychen beschwichtigend, „aber wenn sie dich foltern und …“
„Mich foltern?“, fragte Ambrosius entsetzt. „Du denkst, so weit würden sie gehen? Ohne Grund und ohne Anklage? Wie wollten sie das der Obrigkeit erklären?“
„Sie müssen der Obrigkeit nichts erklären, Ambrosius. Verstehst du denn immer noch nicht? Sie sind die Obrigkeit! Etzelroth steht gewiss nicht allein, oder was glaubst du, wie es geschehen konnte, dass sie den armen Franz hingerichtet haben? Auch das war Unrecht – und alle wussten es. Doch niemand ist eingeschritten. Wer Etzelroth im Wege steht, wird von ihm weggefegt. So einfach ist das. Und dass du Stadtschreiber bist, wird dir nur wenig helfen. Sie werden schon etwas gegen dich konstruieren, wenn es sein muss.“
Peter Graychen war in Rage geraten und hatte die Stimme erhoben. Er war so laut, dass Margarethe Graychen um die Ecke aus der Küche lugte und ihren Zeigefinger auf die Lippen legte.
Nach einer Weile des Schweigens fragte Ambrosius Kufner ungläubig: „Du meinst wirklich, dass da mehr dahinter steckt, als nur die üblen Launen eines gottlosen Stadtvogtes?“
„Ja, ganz gewiss! Nur was es ist, dass wissen nur dieser Lump selbst und der Allmächtige. Genau deshalb kann und will ich es dir nicht verraten. Es ist nur, um dich und Katharina zu schützen. Gut, Berthold hat Katharina demnach auch nichts verraten, denn sonst wärst du wohl kaum hier, um mich zu fragen, oder?“
Ambrosius Kufner schüttelte den Kopf. „Ich hätte dich sicher auch so besucht, um dir beizustehen. Aber ja, du hast recht, auch Katharina weiß nichts. Berthold hat ihr nichts verraten. Wohl aus demselben Grund, aus dem auch du mir das Geheimnis nicht
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