Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
Schreibstube und kontrollierte einige Abschriften, die er Katharina am Tag zuvor in Auftrag gegeben hatte. Er war angenehm überrascht. Es waren keine Fehler zu erkennen, das Schriftbild war gleichmäßig und gut lesbar. Anscheinend konnte sich Katharina von allen Gefühlen trennen, wenn sie konzentriert bei der Arbeit war. Und sie hatte wohl sein Talent für Wort und Schrift geerbt. Wie schade, dass sie eine Frau war. Gern hätte er sich für sie um eine weitere Ausbildung als Buchdrucker bemüht, um den modernen Schriftsatz und die Vervielfältigung von Texten kennenzulernen. Schließlich war Johannes Gensfleisch, der Erfinder des Buchdrucks, ein Freund von Erzbischof Diether von Ysenburg in Mainz – und zum dortigen Augustinerkloster hatte Ambrosius nach wie vor gute Kontakte.
Der Stadtschreiber seufzte. Für einen begabten jungen Mann würde sich sicher etwas arrangieren lassen, aber eine Frau durfte leider keine Schreiberin oder Buchdruckerin werden. Dabei hatte gerade die Zunft der Buchdrucker eine vielversprechende Zukunft vor sich. Bereits in wenigen Jahren würde der Buchdruck billiger und fortschrittlicher werden, sodass irgendwann einmal vielleicht tausend oder mehr Exemplare eines einzigen Werkes für ein paar Heller gedruckt werden könnten. Das klang freilich verrückt, aber wer konnte das schon wissen? Vor fünfzig Jahren hatte auch noch niemand daran gedacht, dass man Städte einmal mit Bombarden und anderen Geschützen belagern würde.
Ambrosius Kufner war mit seiner Arbeit fertig, rollte die Schriftstücke vorsichtig zusammen und steckte sie einzeln in Lederhüllen. Da stürmte Katharina völlig außer Atem und mit hochrotem Kopf in die Schreibstube. Der Stadtschreiber wollte sie gerade dafür rügen, dass sie das Anklopfen vergessen hatte, doch schluckte er die Worte hinunter, als er den Gesichtsausdruck seiner Tochter sah, die völlig aufgelöst und den Tränen nahe schien. Stattdessen fragte er: „Was, um alles in der Welt, ist denn passiert?“
Schwer atmend sprudelte Katharina hervor: „Vater, sie haben die Graychens verhaftet und Vogt Etzelroth hat das Hofgut besetzt!“
3. Schicksal
Die Soldaten des Vogtes hatten Peter Graychen mit Stricken gefesselt, geknebelt und schließlich auf einem Pferdekarren nach Dreieichenhayn zur Burg Hayn gebracht. Dort wurde er unter Tritten, Schlägen und Beschimpfungen in das Burgverlies geworfen und an die Wand gekettet. Als die Soldaten ihm den Knebel aus dem Mund nahmen, schrie Peter rasend vor Wut nach seiner Frau und seinem Sohn, was ihm neben höhnischem Gelächter nur noch mehr Tritte und Schläge einbrachte. Nach einer Weile wurde er jedoch still, um nicht noch ein paar gebrochene Rippen oder ausgeschlagene Zähne zu riskieren.
Die Tür des Verlieses krachte donnernd ins Schloss und die Riegel wurden vorgeschoben. Feuchte Dunkelheit umgab Peter Graychen, den nun Angst und Verzweiflung erfassten. Was hatten sie Vogt Etzelroth denn bloß getan? Wobei standen sie ihm im Weg? Peter fiel auf die Knie und betete für sich und seine Familie.
Nach einigen Stunden banger Ungewissheit für den Gefangenen flog die Tür des Verlieses wieder auf. Im zittrigen Schein einer Pechfackel trat Vogt Etzelroth ein. Peter Graychen musste die Augen zusammenkneifen, um etwas zu erkennen. Etzelroth befahl seinen Soldaten, die ihn begleiteten, den Raum zu verlassen und schloss die Tür hinter sich. Dann stellte sich der Vogt breitbeinig vor seinen Gefangenen und grinste ihn höhnisch an.
„Weshalb bin ich hier, Etzelroth?“, fragte Peter Graychen.
Etzelroths Gesicht verzerrte sich. „Stell dich nicht dumm, das wird dir auch nicht helfen, Graychen!“, herrschte er ihn an. „Du weißt genau, warum du hier bist! Also raus mit der Sprache. Wo ist dein Sohn Berthold?“
„Etzelroth, was um alles in der Welt und in Gottes Namen interessiert Euch mein Sohn so sehr, dass Ihr über Leichen geht, Gesetze brecht, wie es Euch beliebt, und Unglück und Unrecht über Eure Bürger bringt?“
„Dein Sohn Berthold ist ein Ketzer. Mehr noch, ein Zauberer und Unruhestifter. Das ist der Grund für deine Gefangennahme. Und erzähle mir nicht, du wüsstest davon nichts!“ Etzelroths Augen verengten sich und er sah Peter Graychen lauernd an. „Oder bist du gar der Meinung, dass Ketzerei und schwarze Magie oder aufrührerisches Verhalten nichts Verwerfliches sind?“
Peter Graychen schrie: „Um Gottes Willen, Etzelroth, wer hat Euch geblendet? Wer bezahlt Euch für diesen
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