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Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz

Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz

Titel: Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alf Leue
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erzbischöflichen Residenz in Mainz, direkt neben dem mächtigen roten Dom gelegen, standen lange, breite Tafeln in Hufeisenform eng beieinander. An den Längsseiten der Tafeln saßen die niederen Adligen und Geistlichen, während die kopfseitige Haupttafel, die gegenüber dem Eingang am anderen Ende des Raumes stand, dem Hausherren und seinen Vertrauten sowie den höher gestellten Gästen des Erzbischofs vorbehalten war. Genau in der Mitte der Haupttafel hatte Diether von Ysenburg Platz genommen, der als Gastgeber der unbestrittene Mittelpunkt des Mahles war. Zu seiner Rechten saßen sein Bruder Ludwig von Ysenburg und Büdingen, mit dem er in ein Gespräch vertieft war, sein Vertrauter Wenzel von Sicking sowie Kurfürst Friedrich von der Pfalz. Dieser war der Einladung seines neuen Verbündeten gern nachgekommen, wohl auch, um sich der zugesicherten Pfründe persönlich zu vergewissern. Links des Erzbischofs hatten Markgraf Karl von Baden mit seinem ältesten Sohn Christoph, einem Knaben von nur acht Jahren, sowie Diethers anderer Vertrauter, Otto von Wernfeld, Platz genommen.
    Schmatzende Geräusche, gedämpfte Wortfetzen und manchmal auch ein vornehm verhaltenes Lachen durchzogen den ganzen Raum, flogen umher und vermengten sich mit den tanzenden Schatten, welche die an den Wänden befestigten Fackeln über die Tische und die Brokatvorhänge warfen.
    Erzbischof Diether von Ysenburg hatte auf Anraten seines Vertrauten Wenzel von Sicking zu diesem Mahl geladen. Dahinter stand natürlich politisches Kalkül. Es war der Sonntag nach Mariä Himmelfahrt und somit ein wichtiger christlicher Feiertag. Kirchenverbundenheit, Ruhe und Macht zu demonstrieren, war in diesen Tagen noch wichtiger als sonst. Denn leider hatte das Nürnberger Konzil, welches der Erzbischof gegen alle Widerstände seiner Gegenspieler hatte einberufen lassen, nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Zwar hatte Markgraf Karl von Baden versucht, zwischen Diether von Ysenburg und seinem Gegenspieler Adolph von Nassau zu vermitteln, und war noch immer bemüht, eine Eskalation des Konflikts zu verhindern. Aber einen wirklichen Durchbruch konnte auch er nicht erzielen. Zu verhärtet waren die Fronten zwischen dem freigeistigen Mainzer Erzbischof und dem papsttreuen Grafen. So schloss das Konzil ohne Ergebnis und bindende Entscheidungen für beide Seiten. Die vagen Empfehlungen deutete jede Seite zu ihrem Vorteil.
    Da der Markgraf um die Gefahren wusste, welche ein offener Kampf der beiden Rivalen mit sich brächte, war Karl von Baden – obgleich er eigentlich auf der Seite Adolphs von Nassau stand – von Ysenburgs Einladung nach Mainz gefolgt. Dass er seinen Sohn mitbrachte, lag zum einen daran, dass er die Meinung vertrat, man könne nicht früh genug mit der höfischen und politischen Erziehung beginnen, und zum anderen daran, weil er die friedliche Absicht seines Kommens unterstreichen wollte.
    Diether von Ysenburg hingegen verband mit diesem Abend noch mehr als die Absicht, die politische Stimmung zu ertasten, alte Bande zu stärken und nach Möglichkeit neue zu schmieden. Wenzel von Sicking hatte ihm noch vor der Abreise von Burg Hohneck nach Mainz den Verräter genannt, der sich unter seinem Dach eingenistet und sein Vertrauen missbraucht hatte. Die Wahrheit hatte Diether schwer getroffen und bestürzt und ihm einmal mehr klargemacht, dass die, auf die er sich verlassen konnte, an einer Hand abzuzählen waren. Sein Misstrauen war seitdem gewachsen und er war noch aufmerksamer geworden als zuvor. Nicht nur nagte die schwere Enttäuschung an ihm, sondern vielmehr fürchtete er schlichtweg auch um sein Leben. Wie leicht mochte es für einen Giftzahn sein, ihn zu töten, wenn er schon die Natter selbst an seinem Busen genährt hatte, ohne dies zu wissen? Der Erzbischof hatte daher beschlossen, den Verräter an diesem Abend zu überführen, indem er ihn dazu bringen wollte, sich selbst zu verraten. Er wusste, dass er dafür überlegt, zielstrebig und diplomatisch vorgehen musste.
    Als der letzte Gang vorüber und die Becher einmal mehr aufs Neue gefüllt worden waren, wurden die Gäste redseliger. Ernsthafte Gespräche über geistliche und weltliche Politik wurden ebenso geführt wie solche über Unbedeutendes und Alltägliches. Diether von Ysenburg mischte sich bei einem Gespräch zwischen Markgraf Karl von Baden und seinem Vertrauten Otto von Wernfeld ein, die sich angeregt über Sarenno di San Pietro unterhielten.
    „Verzeiht mir, aber ich hörte

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