Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
du sie nur suchst. In der Zwischenzeit musst du lernen, deine Gabe zu nutzen und wirst dadurch Macht erlangen. Du wirst die Wahrheit und alle Zusammenhänge erkennen, aber nicht heute und nicht morgen. Vielleicht ist es eine so gewaltige Wahrheit, dass du sie jetzt nicht verkraften würdest? Wer weiß? Langsam nur kannst du deinen Weg gehen und Erkenntnis finden. Doch wenn einmal der richtige Zeitpunkt gekommen ist, wird dir alles klar werden, glaub mir.“
„Woher willst du das alles wissen?“
Petz schmunzelte. „Ich weiß nichts, außer, dass man nur etwas erreicht, wenn man sich selbst vertraut und sich so annimmt, wie man nun einmal ist. Das ist der Weg. Aber nun komm. Genug geschwatzt!“
Petz zog Berthold mit einem Arm und einem sanften Ruck wieder auf die Beine. Sie packten ihre Sachen zusammen und kehrten nach Babenhausen zurück. An diesem Abend verkroch sich Berthold früh und ohne Abendessen auf dem Heuboden. Er wollte für sich sein und versuchen, die wirren Gedanken in seinem Hirn zu ordnen.
„Ist ihm nicht wohl? Willst du ihm vielleicht ein bisschen Hafergrütze nach oben bringen?“, fragte Irmgard Köppler Petz, aber der schüttelte den Kopf. „Nein, ich glaube, es ist besser, wenn ich ihn jetzt erst einmal allein lasse.“
So saßen die Köpplers das erste Mal seit langer Zeit wieder einmal nur mit ihrem Knecht zusammen und aßen zu Abend. Es schien ganz so zu sein, wie es war, bevor Berthold ins Haus gekommen war. Doch es war nicht wie früher.
Eines Tages, die Sonne begann bereits wie ein riesiger glühender Blutstropfen hinter den Wäldern abzutauchen, nahm Walther Köppler Berthold beiseite und sagte zu ihm: „Mein Junge, ich bin dir noch eine Geschichte schuldig.“
Berthold blickte ihn erstaunt an. „Was könntest du mir schuldig sein? Wenn hier jemand jemandem etwas schuldet, dann ich dir! So viel, wie ich es wohl kaum jemals abarbeiten kann!“
Walther lächelte. „Nun lass mal die Kirche im Dorf. Wozu hat man Freunde? Vor allem, wenn man sie zuvor noch nie gesehen hat? Nein, ernsthaft, ich schulde dir tatsächlich noch eine Geschichte. Komm, wir setzen uns.“
Die beiden nahmen vor der Scheune auf einem Baumstamm Platz und Walther begann zu erzählen: „Ich habe natürlich bemerkt, dass dir Petz sehr ans Herz gewachsen ist. Dass etwas zwischen euch ist, das mehr ist als nur eine Freundschaft. Ihr seid seelenverwandt, wie mir scheint. Auch Irmgard ist dieser Meinung. Darum will ich dir die Geschichte von Petz erzählen, wie er seinen Weg zu uns gefunden hat.
Doch zuvor muss ich dir gestehen, dass Petz nicht weiß, dass ich dir davon erzähle. Er hätte sicher nichts dagegen, aber er würde es selbst niemals tun. Er redet nicht gern über seine Vergangenheit. Also: Er stammt nicht von hier, sondern aus Gelnhausen. Und er war nicht immer dazu genötigt, sich sein Brot als einfacher Knecht zu verdienen. Sein richtiger Name ist Ewald Wetzel, doch alle nannten ihn schon immer Petz, wegen seiner gewaltigen Größe. Schon früh hatte er seine Eltern durch den Schwarzen Tod verloren und musste sich seinen Lebensunterhalt zusammenbetteln. Dann ging er für einige Jahre aus Gelnhausen weg und zog mit einem Wandermönch umher, doch von dieser Zeit weiß ich nichts Genaues.
Nach seiner Rückkehr verdingte er sich bis vor acht Jahren bei den Stadttruppen in Gelnhausen, das ja wie Babenhausen zur Grafschaft Hanau gehört, als Hauptmann und hatte eine gute Zukunft vor sich. Bis zu jenem unglückseligen Tag im September, als er mit seinem Trupp einen Transport mit Steuergeldern eskortierte und in einen Hinterhalt weit außerhalb der Stadtmauern geriet. Er und seine neun Männer verteidigten sich nach Kräften und Petz allein erschlug in dem Scharmützel fünf Gegner. Doch die Übermacht war zu groß und nur Petz konnte schwer verletzt entkommen.
Obwohl er übel zugerichtet war, wie du ja heute noch sehen kannst, wurde ihm sein Entkommen als feige Flucht ausgelegt. Dabei hatte Petz nur Verstärkung in Gelnhausen holen wollen. Ja, man behauptete sogar, er habe gemeinsame Sache mit den Räubern gemacht. Nur knapp entging er damals dem Galgen. Die ganze Sache war jedoch ein abgekartetes Spiel. Ich weiß das so genau, weil mir ein befreundeter Kaufmann aus Gelnhausen, der seinen jüngsten Sohn bei diesem Gefecht verlor, unter dem Siegel der Verschwiegenheit die Hintergründe erzählt hat. Es sollen gedungene Mörder gewesen sein, welche den Trupp überfielen. Und wie so oft ging es
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