Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
entschieden, das diesseits des Schießgrabens lag und nur von zwei Mann bewacht wurde. Hier hatte der Stadthauptmann ganz offensichtlich nicht die hellsten seiner Männer postiert, die ebenso dümmlich wie gelangweilt dreinschauten und sich über ein Schwätzchen mit einem hübschen Mädchen freuten. Nach anfänglicher, übereifriger Ablehnung steckten sie schließlich verstohlen die Silbermünze ein und zwinkerten Katharina verschwörerisch zu, die sich mit einer Kusshand von ihnen verabschiedete. Zwei lüsterne Blicke folgten ihr, als sie zum Markt zurückging, um etwas zu essen zu kaufen. Dann kehrte sie in die Schreibstube zurück und teilte ihrem sichtlich angespannten Vater mit, dass alles reibungslos verlaufen sei. Dann half sie ihm bis zum späten Nachmittag, bis der Stadtarchivar entschied, es sei genug für heute.
„Morgen früh sehen wir uns nicht, schließlich ist Samstag. Meine Frau meint ohnehin immer, ich würde zu viel schaffen für meinen geringen Lohn. Lasst uns rasch noch besprechen, was in der kommenden Woche zu erledigen ist, damit ihr am Montag gleich weiterarbeiten könnt. Ich werde Montag und Dienstag nicht da sein, da ich zu einer Versammlung nach Darmstadt muss. Wir sehen uns also erst am Mittwoch wieder.“
Nachdem sie der Stadtarchivar instruiert und mit den Details der anstehenden Aufgaben vertraut gemacht hatte, gaben sie sich die Hand und wünschten einander ein gesegnetes Wochenende.
„Günstiger können die Zeichen nicht stehen“, raunte Ambrosius Kufner seiner Tochter augenzwinkernd zu.
Als es Abend wurde, trafen sich Ambrosius und Katharina mit Jakob Herms in der Wirtschaft des Gasthofes, in dem sie untergebracht waren, zum Abendessen. Trotz seines Brummschädels und der Übelkeit am Morgen schmeckte Herms das Bier schon wieder ganz gut, wie Ambrosius Kufner mit Befriedigung bemerkte. Er war auffallend nett zu Herms, lachte, scherzte und redete viel mit ihm. Und vor allem sorgte er dafür, dass sein Gegenüber nie lange mit trockener Kehle vor einem leeren Bierkrug ausharren musste. Schon kurz nachdem die Torschlusszeit vorüber und das Tageslicht der Dämmerung gewichen war, trugen die Bemühungen des Schreibers erste Früchte. Als Jakob Herms zum wiederholten Male zum Wasserlassen in den Hof ging, wankte er bereits deutlich.
„Noch zwei, drei Runden und du wirst dich zurückziehen“, flüsterte Ambrosius Katharina zu. „Ruh dich aus, aber schlaf nicht ein. Drei Stunden nach Mitternacht brichst du auf, sodass du pünktlich zum Hahnenschrei in Babenhausen ankommst. Frage die Wachen dort nach Walter Köppler, sie werden ihn kennen. Das hat mir Peter versichert. Ich werde unserem Jakob hier derweil noch einen schönen Abend bereiten.“
„Du trinkst so viel wie er, aber dir ist überhaupt nichts anzumerken“, stellte Katharina verwundert fest.
„Nun“, sagte Ambrosius, nahm einen Schluck aus dem Bierkrug und wischte sich genüsslich den Schaum vom Mund, den er mit dem Handrücken geübt auf den Boden schleuderte, „zum einen sollte man mich nicht unterschätzen und zum anderen hat sich der Wirt bestimmt gedacht, er hätte einen Narren vor sich, als ich ihm anbot, den gleichen Preis für mein Dünnbier zu zahlen wie für das ungestreckte, das er Jakob hinstellt. Aber er spielt das Spiel natürlich gern mit, verdient er doch gut dabei. Also haben Jakob und ich zwar die gleiche Menge Flüssigkeit im Magen, aber er doppelt so viel Alkohol im Hirn wie ich.“
Katharina grinste überrascht. Ihren Vater sollte man tatsächlich nicht unterschätzen, dachte sie mit einigem Stolz. So gewissenhaft und streng er sich nach außen als Schreiber immer gab, er konnte auch überaus raffiniert sein. Wer weiß, wozu er sonst noch imstande war?
Jakob Herms hatte sich inzwischen wieder am Tisch eingefunden und mit wackeligen Knien auf die Bank gesetzt, um den nächsten Bierkrug zu leeren. Fahrig gestikulierte er beim Reden mit zunehmend schwererer Zunge. Nach drei weiteren Runden begab sich Katharina wie vereinbart zu den Schlafräumen, die hinter der Wirtschaft gleich neben den Ställen lagen. Sie setzte sich ins Stroh und dachte nach.
Angst hatte sie keine, aber sie war schon aufgeregt. Sie verscheuchte diese Gedanken. Bis jetzt war alles doch ganz gut gegangen. Sie würden Etzelroth und diesem Säufer Jakob ein Schnippchen schlagen und bald würde sie endlich ihren geliebten Berthold wiedersehen, den sie nun seit über drei Monaten nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. Wie würde
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