Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
hier wird seine Quittung von mir erhalten. Morgen Abend werde ich mit ihm trinken, während du von Dieburg aus zu Berthold reiten wirst, um ihn zu warnen. Genau besprechen wir das morgen bei der Arbeit.“ Er blickte angewidert auf Jakob Herms, der nur noch Augen für die dralle Wirtstochter hatte, und fuhr fort: „Lass uns jetzt gehen, mir wird sonst speiübel, wenn ich diesem Treiben noch länger zusehe!“ Katharina nickte.
„Jakob, wir sind müde. Wir gehen zu Bett“, sagte Ambrosius Kufner.
„Ich auch“, lallte Jakob Herms, „ich weiß nur noch nicht, in welches!“ Mit lautem Gepolter fiel er mit der kreischenden Wirtstochter von der Bank. Angeekelt blickte Katharina auf die beiden, die sich nun auf dem Boden völlig ungehemmt ihren Trieben hingaben. „Wie zwei brünstige Mastschweine“, sagte sie und wandte sich zum Gehen.
Zur gleichen Zeit erreichten Graf Diether von Ysenburg, Erzbischof zu Mainz und Kurfürst des Heiligen Römischen Reiches, im Mainzer Dom das Dekret Papst Pius’ II. und das Bannschreiben Kaiser Friedrichs III. Nachdem von Ysenburg das päpstliche Dekret gelesen hatte, begriff er, dass er die längste Zeit Kurfürst und Erzbischof von Mainz gewesen war. Er schickte sofort nach Wenzel von Sicking, der kurze Zeit später, zerzaust und übernächtigt, in der erzbischöflichen Residenz eintraf.
Schweigend überreichte ihm Diether von Ysenburg die beiden Schreiben, die Wenzel von Sicking mit gerunzelter Stirn las. Natürlich hatte er so etwas kommen sehen. Auch der Erzbischof selbst war sich seit Monaten darüber im Klaren, dass seine Politik und sein Verhalten dem Papst nicht gefallen konnten.
„Dass Pius so schnell und mit solcher Wucht zuschlagen würde, hätte ich dann doch nicht erwartet“, kommentierte von Sicking erstaunt.
„Dieser elende Hundsfott, verdammte Ketzer und hinterfotzige Lump!“, brüllte Dieter von Ysenburg unbeherrscht.
„Eure Eminenz, ich bitte Euch! Man kann Euch hören.“
„Na, und? Welche Rolle spielt das noch? Pius hat mich betrogen und benutzt – nicht mehr und nicht weniger. Er ist ein Heuchler und ein raffgieriger Hund. Wisst Ihr, was der heiligste Mann unter der Sonne, der Stellvertreter Gottes auf Erden, der Fürst der gesamten Kurie – vom Erzbischof bis hinunter zum letzten Kanonikus und dem dickbäuchigsten Dorfpfaffen – einstmals über den Zölibat verkündete? Nein? Ich will es Euch verraten, Wenzel. Er sagte wortgetreu: Der Zölibat ist ein hohes Gut, da er körperliche Liebe ermöglicht, ohne dass man die Dame behalten muss. Soll ich dem etwas hinzufügen oder wissen wir jetzt alle, mit wem wir es zu tun haben?“
Wütend fegte Diether von Ysenburg seinen halbvollen Becher Wein vom Tisch. Scheppernd flog er gegen die Wand und der gute, mit Zimt gewürzte Burgunder floss die Steine und Mörtelfugen hinab auf den Boden, wo er eine Lache bildete.
„Er will einen Krieg? Nun, dann soll er ihn bekommen! Ich werde ihn lehren, was es heißt, die Welt unter seiner gierigen Herrschaft gängeln zu wollen.“ Dieter von Ysenburg ballte die Fäuste und versuchte sich zu beruhigen, um klar denken zu können.
„Ihr stellt mir jetzt sofort Boten zusammen, Wenzel. Sendet sie zu allen unseren Verbündeten und setzt sie von den Vorgängen in Kenntnis. Ich lade sie oder ihre Gesandten nach Mainz ein, damit wir einen Plan schmieden können. Wir müssen schnell sein, denn sicher hat Adolph von Nassau es vor mir erfahren und wird schon seine Truppen in Bewegung gesetzt haben. Bestellt auch meine Truppenführer, Ritter und Lehensmänner ein. Ich will sie bereits übermorgen hier haben, um Kriegsrat zu halten. Und nun los, es ist keine Zeit zu verlieren.“
„Ja, Eure Eminenz.“
Als Wenzel von Sicking gegangen war, starrte Diether von Ysenburg noch lange auf die vom Vollmond erleuchteten Bleiglasscheiben, in denen sich das Licht spielerisch und unangemessen farbenfroh brach, und dachte nach. Es würde Krieg geben, Tote, Leid, Brandschatzung, Elend, Witwen und Waisen. Das hatte er nicht gewollt, doch es war unvermeidlich. Nassau und der Papst wollten den Krieg, wollten seine Stadt, seine Lehen und sein Amt. Und Kaiser Friedrich sah weg. Doch er würde keinesfalls kampflos klein beigeben.
Jakob Herms hielt sich stöhnend den schmerzenden Schädel. Es drückte und pochte, als würde sein Gehirn platzen wollen. Er war am Morgen in den fleischigen Armen der dicken Wirtstochter erwacht und musste sich furchtbar übergeben. Ob dies
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