Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
verschleppt. Niemand weiß, wohin. Er schwebt in allerhöchster Gefahr. Es sieht so aus, als würde Etzelroth alles daransetzen, um Berthold zu fangen. Jedes Mittel ist ihm dafür recht. Keiner weiß, warum Etzelroth ein solches Interesse an Berthold hat, vielleicht weiß er es ja. Ich muss ihn sprechen! Sagt mir, wohin er gegangen ist, ich bitte euch!“
Irmgard und Walther Köppler sahen Katharina ratlos und betroffen an.
„Wir wissen es nicht, Katharina. Er ist bereits vor zwei Wochen weggegangen, ohne ein Wort zu sagen. Und seither haben wir nichts mehr von ihm gehört. Das letzte Lebenszeichen von ihm war dies hier“.
Walther Köppler stand auf und zog links neben dem Herd einen losen Stein aus der Wand. Aus dem Loch holte er einen Brief hervor und reichte ihn Katharina. Sie nahm ihn aufgeregt entgegen und las die mit krakeligen Buchstaben einer ungeübten Hand verfassten Zeilen.
Verehrter Walther, liebste Irmgard, es schmerzt mich sehr, dass ich mich auf diese Weise von Euch verabschieden muss. Von den Menschen, die mir in der schlimmsten Zeit meines Lebens beistanden. Wie gerne hätte ich Euch noch einmal in die Arme geschlossen. Ich weiß nicht, ob ich Euch das je vergelten kann, was Ihr für mich getan habt, ja nicht einmal, ob wir uns jemals wiedersehen. Gott behüte und beschütze Euch! In tiefer Dankbarkeit und Freundschaft, Euer Berthold.
Katharina sah die beiden erstaunt an und fragte: „Aber wohin kann er nur gegangen sein?“
„Wir haben wirklich nicht die geringste Ahnung. Und wahrscheinlich wollte das Berthold auch so, denn was wir nicht wissen, können wir nicht verraten. Ich glaube nicht, dass er uns nicht traut, sondern er wollte uns vor irgendetwas oder irgendjemandem schützen. Er ist fast wie ein Sohn für uns geworden.“
Irmgard Köppler liefen Tränen über die Wangen, während Walther fortfuhr: „Ich schwöre bei Gott und allen Heiligen, ich würde es dir sagen, wenn ich es wüsste. Doch vielleicht müssen wir uns nicht allzu sehr sorgen, denn Berthold ist nicht allein gegangen. Er hat unseren Knecht Petz mitgenommen – und solange ich diesen Mann bei ihm weiß, bin ich beruhigt. Er ist ein schlauer Fuchs und ein Haudegen, der es auch versteht, zuzuschlagen, wenn es darauf ankommt. Und er liebt Berthold wie einen Bruder. Außerdem verbindet diese beiden etwas Tiefes, was wir nicht zu deuten wussten. Petz hat seltsamerweise Verständnis für Bertholds Eingebungen und Träume. Ahnungen, wie sie Berthold immer nannte.“
Katharina fuhr hoch. „Ihr wisst von Bertholds Ahnungen?“
„Nun, sie waren nicht zu übersehen“, räusperte sich Walther.
Katharina dachte angestrengt nach. Wohin wäre sie an Bertholds Stelle gegangen? Was sollte sie jetzt tun? Dann stand sie mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck vom Tisch auf.
„Gut oder schlecht, es ist so, wie es ist. Ich freue mich, euch kennengelernt zu haben, und danke euch, auch im Namen meines Vaters, dass ihr euch Bertholds so herzlich angenommen habt. Dennoch muss ich jetzt schleunigst fort, denn auch mein Vater und ich sind in Gefahr. Wir haben einen Aufpasser von Vogt Etzelroth hinters Licht geführt, damit ich nach Babenhausen reiten konnte. Sollte Berthold wieder hier auftauchen, sagt ihm, wir seien in Mainz. Er soll dorthin kommen und ins Augustinerkloster gehen, welches in der Augustinergasse liegt. Da soll er den Propst nach uns fragen. Er heißt Kuno von Werthersbach und ist der Onkel meines Vaters. Würdet ihr ihm das ausrichten, falls ihr ihn seht?“
Die Köpplers nickten. „Ja, Katharina, natürlich.“
Katharina umarmte beide zum Abschied – und schon war sie aus der Tür und auf dem Weg zurück. Sie ritt im gestreckten Galopp nach Dieburg, wo sie den übermüdeten Wachen am Stadttor die restlichen versprochenen Münzen gab. Als sie kurz darauf wieder im Gasthof eintraf, war ihr Vater bereits dabei, sein Pferd zu satteln. Ambrosius Kufner war sichtlich erleichtert, als er seine Tochter sah. Atemlos und mit knappen Worten berichtete ihm Katharina, was sie in Babenhausen erfahren hatte. Da nun keine Zeit mehr zu verlieren war, brachen beide sofort auf und verließen Dieburg durch das südliche Stadttor. Dann wandten sie sich nach links und überquerten über eine steinerne Brücke die Gesprenz, die Dieburg mit ihren Gräben umarmte.
Ambrosius Kufner wollte unterhalb von Darmstadt vorbeireiten und sich dann nach Nordwesten in Richtung Mainz halten. Das war ein ordentlicher Umweg, aber sicherer,
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