Schattenfeuer
völlig sicher.«
»Deine Worte eben deuteten an...«
»Ich mußte dir eine solche Frage stellen.«
»Sehe ich deiner Meinung nach wie eine Kriminelle aus?«
»Nein, wie ein Engel.«
»Es besteht keine Gefahr, daß ich im Gefängnis lande. Schlimmenstenfalls ende ich als Opfer.«
»Und ich bin fest entschlossen, das zu verhindern.«
»Du bist wirklich lieb«, sagte Rachael. Sie drehte kurz den Kopf, sah Ben an und rang sich ein Lächeln ab.
Es blieb auf ihre Lippen beschränkt und erstreckte sich nicht auf den Rest ihres Gesichts. In ihren Augen glänzte noch immer dumpfe Furcht. Und ganz gleich, für wie lieb sie ihn auch halten mochte: Sie war nach wie vor nicht bereit, ihr Geheimnis mit ihm zu teilen.
Sie erreichten Geneplan eine halbe Stunde vor Mitternacht.
Es handelte sich um ein vierstöckiges Gebäude aus Glas und Beton, das sich im teuren Geschäftsviertel an der Jamboree Road in Newport Beach erhob. Die sechs unterschiedlich langen Kanten entsprachen einem besonders eleganten Baustil, und die modernistisch anmutende Tordurchfahrt war in Marmor eingefaßt. Für gewöhnlich hielt Ben nichts von Bauwerken dieser Art, doch er mußte widerstrebend eingestehen, daß sich die Geneplan-Zentrale durch eine gewisse architektonische Kühnheit auszeichnete. Breite und lange An-Pflanzungen mit blühenden Geranien unterteilten den großen Parkplatz. Daran schlössen sich ausgedehnte Grünflächen mit geschmackvoll angeordneten Palmen an. Selbst zu dieser späten Stunde wurden sowohl die Bäume als auch das Gebäude von Scheinwerfern angestrahlt, was dem Ort ein dramatisches Flair von Wichtigkeit und Bedeutung verlieh.
Rachael lenkte ihren roten Mercedes in Richtung der rückwärtigen Front, wo eine kurze Rampe bis an eine bronzefarbene Tür heranreichte. Offenbar gestattete sie Lieferwagen den Zugang ins Kellergeschoß, wo sie be- und entladen werden konnten. Sie fuhr bis ganz nach unten und hielt vor dem Tor an. Rechts und links ragten graue Wände in die Höhe. »Für den Fall, daß jemand auf den Gedanken kommt, mich hier bei Geneplan zu suchen und nach meinem Wagen Ausschau zu halten...«
Ben stieg aus und spürte, daß die Nacht in Newport Beach, nicht so weit vom Meer entfernt, wesentlich kühler und angenehmer war als in Santa Ana oder Villa Park.
Neben dem größeren Zugang sah er eine kleinere Tür, die ebenfalls Zutritt zum Kellergeschoß gewährte. Sie wies zwei Schlösser auf.
Während der Ehe mit Eric hatte Rachael manchmal kleinere Aufträge für ihren Mann erledigt, und aus diesem Grund besaß sie Schlüssel. Damit öffnete sie das stählerne Portal, trat vor und schaltete das Licht ein. An der Wand hing ein Alarmkasten, und die junge Frau betätigte einige Tasten. Zwei rote Lampen erloschen, und eine grüne Anzeige wies auf die Desaktivierung des Kontrollsystems hin.
Ben folgte ihr zum Ende der Kammer, die aus Sicherheitsgründen vom Rest des Kellergeschosses abgeschirmt war. Neben der nächsten Tür hing ein anderer Alarmkasten, und Ben beobachtete, wie Rachael erneut einen Code eingab.
»Der erste basiert auf Erics Geburtstag«, sagte sie, »und dieser hier auf meinem. Aber es gibt noch weitere Überwachungssysteme.«
Sie gingen im Schein der Taschenlampe weiter, die Rachael aus dem Haus in Villa Park mitgenommen hatte. Sie wollte kein Licht einschalten, das von draußen gesehen werden konnte.
»Aber du hast doch das Recht, hier zu sein«, sagte Ben. »Ich meine: Du bist seine Witwe und hast praktisch alles geerbt.«
»Ja, doch wenn die falschen Leute in der Nähe sind und das Licht bemerken, vermuten sie bestimmt, daß ich mich hier umsehe. Und dann kommen sie herein, um mich zu suchen.«
Ben wünschte sich nichts sehnlicher, Rachael entschiede sich endlich dazu, ihm zu erklären, was es mit den falschen Leuten< auf sich hatte. Aber er hütete sich davor, eine entsprechende Frage zu stellen. Die junge Frau schritt rasch aus, eifrig darauf bedacht, das zu finden, was den Grund für ihren Abstecher nach Geneplan darstellte. Ben begriff, daß ihm seine Fragen hier ebenso unwillkommen waren wie in der Villa.
Während er sie durch den Rest des Kellergeschosses und dann in den ersten Stock begleitete, wurde er immer wieder auf das außergewöhnliche Sicherheitssystem aufmerksam. Um den Kellerbereich mit Hilfe des Lifts zu verlassen, mußte ein dritter Schutzkreis ausgeschaltet werden. Als sie den Aufzug in der ersten Etage verließen, gelangten sie in eine Empfangshalle, bei deren
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