Schattenfeuer
darauf an, keine Zeit zu verlieren, denn bestimmt muß ich bald mit dem Besuch gewisser Leute rechnen... sehr gefährlicher Leute.«
»Wen meinst du?«
»Vielleicht suchen sie sogar schon nach mir. Wahrscheinlich wissen sie noch nichts davon, daß Erics Leiche spurlos verschwunden ist, doch wenn sie davon erfahren, werden sie sofort hierher kommen. Wir müssen fort.«
»Wer?« fragte Ben verzweifelt. »Von wem sprichst du? Worauf haben sie es abgesehen? Was wollen sie? Um Himmels willen, Rachael, erklär mir doch endlich, was hier gespielt wird!«
Sie schüttelte den Kopf. »Das entspricht nicht unserer Vereinbarung. Du durftest mich begleiten, aber ich bin nicht verpflichtet, dir zu antworten.«
»Ich habe dir nicht versprochen, dir keine Fragen zu stellen.« »Verdammt, Benny: Für mich geht es um Leben und Tod.« Sie meinte es ernst, wirklich ernst. Rachael fürchtete um ihr Leben, und angesichts dieser Erkenntnis fügte sich
Benny. Dennoch sagte er fast beschwörend: »Die Polizeikönnte dich schützen.«
»Nicht vor den Leuten, die möglicherweise hinter mir her sind.«
»Das klingt so, als würdest du von Dämonen verfolgt.«
»Könnte durchaus sein.«
Sie umarmte ihn kurz und hauchte ihm einen Kuß auf die Lippen.
Sie fühlte sich gut an in seinen Armen. Die Vorstellung eines Lebens ohne sie erfüllte Ben mit Schrecken.
»Du bist super, Benny«, sagte Rachael. »Ich finde es einfach toll, daß du mir helfen möchtest. Aber kehr jetzt nachHause zurück. Misch dich nicht ein. Überlaß alles mir.«
Sie wich von ihm zurück und hielt auf die Tür zu, die ins Haus führte.
Eine Motte flog von der Neonröhre fort und schwirrte vor Bens Gesicht hin und her, so als seien seine Gefühle für Rachael zumindest vorübergehend heller und strahlender als das Glühen der Lampe. Unwillig schlug er nach dem Insekt.
Mit einem Ruck schloß er den Kofferraum des alten Ford und versuchte, nicht mehr an das Blut darin zu denken, den süßlichen Gestank zu vergessen.
Er folgte Rachael.
Am Ende der Garage, nahe der Tür, durch die man in die Villa gelangen konnte, blieb Rachael stehen und beobachtete etwas auf dem Boden. Als Ben zu ihr auf schloß, sah er in einer Ecke einige Kleidungsstücke, die ihm bisher nicht aufgefallen waren. Sein Blick fiel auf weiße Vinylschuhe mit weichen Gummisohlen und dicken Schnürbändern, eine bauschige, hellgrüne Leinenhose und ein weites, kurzärmliges Hemd in der gleichen Farbe.
Verblüfft hob er den Kopf, und als er Rachael ansah, stellte er fest, daß ihr Gesicht nicht länger wächsern war, sondern aschfahl.
Erneut starrte Ben auf die Kleidung. Sie erinnerte ihn an die Aufmachung, in der Chirurgen Operationen durchführten, doch sie wurde auch von Ärzten und Krankenpflegern getragen. Und von den Pathologen und ihren Assistenten im Leichenschauhaus. Rachael holte zischend Luft, schüttelte sich und betrat das Haus.
Ben zögerte, den Blick nach wie vor auf das knittrige Bündel in der Ecke gerichtet. Die hellgrüne Tönung widerte ihn an, und von dem komplexen Faltenmuster schien eine fast hypnotische Wirkung auszugehen. Seine Gedanken rasten, und das Herz pochte heftig, als er versuchte, die Bedeutung dieser Entdeckung zu erfassen.
Schließlich gelang es ihm, sich aus dem seltsamen Bann zu befreien, und er kehrte ebenfalls ins Haus zurück. Als er bei Rachael anlangte, merkte er, daß Schweiß auf seiner Stirn perlte.
Viel zu schnell fuhr Rachael zur Geneplan-Niederlassung in Newport Beach. Sie erwies sich als erfahrene und geübte Fahrerin, aber Ben war trotzdem froh, sich angeschnallt zu haben. Nach einer Weile fragte er: »Möchtest du deshalb darauf verzichten, die Polizei einzuschalten, weil du in irgendwelchen Schwierigkeiten bist? Ist das der Grund?«
»Glaubst du, ich hätte Angst davor, die Cops würden mich irgendwie festnageln?«
»Besteht eine solche Möglichkeit?«
»Nein«, sagte Rachael in einem aufrichtigen Tonfall.
»Selbst wenn du dich mit den falschen Leuten eingelassen haben solltest: Es ist nie zu spät, sich von ihnen zu trennen.« »Nein, nichts dergleichen.« »Gut. Freut mich, das zu hören.« Der matte Schein der Instrumentenbeleuchtung reichte ge
rade aus, um ihr Gesicht zu erhellen, genügte jedoch nicht, um die Anspannung in ihren Zügen zu offenbaren. Sie sah jetzt genauso aus, wie sie sich Ben immer dann vorstellte, wenn sie nicht zusammen waren: atemberaubend.
»Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen, Benny.«
»Da bin ich
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