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Schattenfeuer

Schattenfeuer

Titel: Schattenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Heilungsprozeß im großen und ganzen abgeschlossen war und entsprechende chemische Reaktionen nicht mehr benötigt wurden. Erics Körper ersetzte nicht mehr nur beschädigtes Gewebe, sondern formte in einem beeindruckend schnellen Rhythmu s neue Zellkomplexe ohne sichtbare Funktion.
    »Nein«, sagte Eric langsam. »Nein.« Er versuchte zu leugnen, was sich seinen Blicken darbot. Doch es war eine Realität, die er unter seinen Fingerkuppen spüren konnte. Der seltsame Knochenbuckel beschränkte sich nicht nur auf die Stirn, sondern setzte sich über den Kopf fort, bis hin zum Nacken. Als Eric mit den Fingerspitzen darüber hinwegstrich, glaubte er fast zu fühlen, wie er weiterhin wuchs.
    Entweder blieb die Veränderung seines Körpers dem Zufall überlassen, oder sie geschah aufgrund eines bestimmten Entwicklungsprogramms, das sich seinem Verständnis entzog. Was auch immer zutreffen mochte: Eric wußte nicht, wann und wo der Prozeß zum Stillstand kam. Vielleicht nie. Vielleicht erfolgte das Wachstum in einem endlosen Kreis lauf immer neuer Modifizierungen - eine permanente Metamorphose, die ihn zu einem Ungeheuer machte, ihn in ein Wesen verwandelte, das nichts Menschliches mehr an sich hatte.
    Eric betastete den dicken Knochenrücken über seinen Augen. Er erinnerte an den Stirnwulst eines Neandertalers aber bei Neandertalern gab es keinen Knorpelhöcker, der vom Nasenrücken ausging, sich über den ganzen Kopf erstreckte und erst über dem Nacken endete. Und Eric konnte sich an keine Vorfahren des modernen Homo sapiens erin nern, die dicht unterhalb des Haaransatzes dick angeschwollene und pulsierende Blutgefäße aufwiesen.
    Die mentale Trägheit Erics dauerte an. Nach wie vor wallte Benommenheitsdunst durch die finsteren Gewölbe seiner Gedanken, und es fiel ihm noch immer schwer, sich zu erinnern, alle Schubladen seines Gedächtnisses zu öffnen. Dennoch begriff er die volle Tragweite dieser Entdeckung. Er konnte nicht damit rechnen, jemals wieder ein vollwertiges Mitglied der menschlichen Gemeinschaft zu werden. Ganz offensichtlich war er sein eigenes Frankensteinmonster und hatte sich zu einem ewigen Außenseiter gemacht.
    Plötzlich erschien ihm seine Zukunft so finster wie die schwärzeste Nacht. Vielleicht gelang es seinen Gegnern irgendwann, ihn zu überwältigen und ihn irgendwo in ein Laboratorium zu stecken, wo er zum Opfer wissenschaftlicher Neugier werden mochte. Er stellte sich vor, wie namenlose Forscher endlose Tests an ihm durchführten, die sie für wichtige und bedeutsame Experimente hielten, für Eric jedoch wie eine Folter wären. Oder er floh in die Wildnis, durchstreifte die Wälder und Berge und ernährte sich von Beeren, Insekten und kleinen Tieren, wodurch die Legende von einem neuen Ungeheuer entstünde - bis er irgendwann durch Zufall einem Jäger begegnete, der ihn erschösse. Ganz gleich, welches Schicksal die Zukunft für ihn bereithielt: In jedem Fall erwartete ihn immerwährend Furcht, eine Angst, die sich nicht etwa auf Leute bezöge, die ihm nachstellten, sondern vielmehr auf den Veränderungsprozeß seines Körpers.
    Doch in dem emotionalen Chaos aus Verzweiflung und namenlosem Schrecken gab es auch einen ruhigen Punkt, der Eric Linderung verschaffte -jene Art von profunder Neugier, die ihn zu einem berühmten Wissenschaftler gemacht hatte. Mit nicht unerheblicher Faszination starrte er auf sein Spiegelbild, auf die deutlichen Anzeichen der von ihm selbst bewirkten genetischen Katastrophe -sich der Tatsache bewußt, daß er Zeuge eines einzigartigen Vorgangs wurde. Diese Erkenntnis ließ Aufregung in ihm vibrieren, und sie schien seiner Existenz einen neuen Sinn zu verleihen. In gewisser Weise strebte jeder Forscher danach, wenigstens einen kurzen Blick auf die großen und dunklen Mysterien zu werfen, die sich hinter dem Begriff >Leben< verbargen. Erics Beobachtungen aber beschränkten sich nicht nur auf einen Teilaspekt, sondern auf alle Faktoren der menschlichen Entwicklung: Er konnte dem Wachstum so lange zusehen, wie er den dazu notwendigen Mut aufbrachte.
    Der Gedanke an Selbstmord huschte kurz durch seinen mentalen Fokus und verflüchtigte sich dann wieder. Die Möglichkeit, zu neuen und überaus wichtigen Einsichten zu gelangen, war viel wichtiger als das körperliche und geistige Leid, das er fortan ertragen mußte. Eric verglich seine Zukunft mit einer sonderbaren Landschaft, in der die Schatten aus Furcht bestanden, das Licht aus Schmerz. Und doch verspürte er das

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