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Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Titel: Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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wie sie reagiert hätten, wenn wir dich als die Druidin Keelin vorgestellt hätten?«
    Keelin sah ihn für einen Moment skeptisch an. Es war das erste Mal, dass er ihrem Blick nicht auswich, seitdem er sie geschlagen hatte, das erste Mal, dass sie ihn so direkt ansah. Überrascht stellte er fest, dass ihr Gesicht jung aussah, deutlich jünger, als er zuerst gedacht hatte. Sie besaß weder die verräterischen kleinen Lachfalten an den Augen noch an den Lippen, was seine erste Schätzung auf sieben- oder achtundzwanzig Lügen strafte. Wahrscheinlich war sie deutlich jünger, wenngleich ihre tiefen, braunen Augen für ihr Alter schon viel zu viel ansehen mussten. Ihre Glatze erinnerte ihn an Gudrun, als er sie nach ihrem Gefängnisausbruch kennengelernt hatte, doch Keelin war etwas größer und noch deutlich schlanker, dürr gar. Sie aß normal, soweit er es auf der Harburg mitbekommen hatte, aber er hatte den Verdacht, dass das nicht immer so gewesen war. Die junge Druidin hatte ein hartes Leben hinter sich.
    Keelin wandte ihren Blick ab. »Ja, du hast Recht. Komm, lass uns mit diesem Julius sprechen.«
    Gemeinsam machten sie sich auf die Suche nach seiner Zelle.

MICKEY (6)
     
     
    Åndalsnes am Romsdalsfjord, Norwegen
    Samstag, 06. November 1999
    Die Außenwelt
     
    Mickey schlug die Augen auf. Es war noch immer dunkel im Pensionszimmer, doch am Rand des schweren Vorhangs war zu erkennen, dass draußen bereits die Sonne aufgegangen war. Tanya lag noch immer in seinem Arm, mit dem Rücken an seinen Körper geschmiegt. Seine Hand hatte wieder ihren Platz auf ihrem Bauch eingenommen.
    Nur ganz langsam kamen ihm die Erinnerungen der letzten Nacht wieder ins Bewusstsein. Hatte er tatsächlich mit einer jungen Queen geschlafen? Er war entsetzt, selbst wenn seine Lippen wie von selbst zu grinsen begannen. Er presste den Mund zusammen, um sie daran zu hindern. Da gab es nichts zu grinsen. Da gab es nur … Reue. Die Schwierigkeiten, die ihm das bringen würde, waren beachtlich.
    Und doch … Ist das nicht eine gerechte Belohnung für all das, was du für den Clan gegeben hast?
    Er zuckte zusammen. Der Gedanke klang geradezu unheimlich nach seiner alten Queen. War es eine Sendung? Hatte sie ihn telepathisch belauscht? War sie etwa die ganze Nacht bei ihm gewesen? Sie hatte ja gewusst, wie wichtig seine Mission für den Clan war …
    Seine Bewegung hatte Tanya aufgeweckt. Mit einem müden Gähnen streckte sie sich und rieb dabei ihren Hintern an ihm. Die rasche Reaktion seiner Anatomie irritierte ihn maßlos. Langsam drehte sie sich um und öffnete verschlafen die Augen. Ihre Blicke trafen sich. Sie begann zu lächeln, küsste ihn auf die Lippen.
    »Tere hommikust, mu päästja!«, murmelte sie.
    Er war in sich zu zerrissen, um sie darauf hinzuweisen, dass er kein Wort Estnisch verstand. Sie schmiegte sich an ihn und schloss wieder die Augen. Geradezu instinktiv legte er seinen Arm um sie. Als er sich dabei ertappte, starrte er ihn an wie einen Fremdkörper.
Verräter!
Doch ein zweiter Gedanke schloss sich sogleich an:
Bring sie lebendig nach Bergen, und dein Ruhm wird so groß, dass du mit einem Schatten schlafen könntest, ohne dass dir das jemand übelnehmen würde! In seiner Wahren Gestalt, versteht sich!
    Mickey musste schmunzeln. Die meisten hiesigen Schatten gehörten zu den Grauen, ihre Wahre Gestalt bestand aus einem abgemagerten, verhungerten Körper mit Krallen an den Händen und Reißzähnen im Mund – abschreckend genug, doch weit »menschlicher« als zum Beispiel die von Ashkaruna und seinen afrikanischen Schatten, von denen in Wahrer Gestalt nichts übrig blieb als blanke Knochen.
Die sexuelle Erfahrung, mit einem Skelett zu vögeln … Pfui Teufel …
    Bah!
, schalt er sich.
Hör auf mit den Flausen und konzentriere dich auf deine Aufgabe! Du bist auf der Flucht, nicht in den Flitterwochen!
    Mit einem Seufzer löste er sich von Tanya und kletterte aus dem Bett. Widerstrebend ging er ins Bad – er war auf den Straßen aufgewachsen, an zwei aufeinanderfolgenden Tagen zu duschen widersprach gänzlich seinen Vorstellungen von Hygiene. Doch er wusste, dass das die sozial geforderte Maßnahme war, und irgendwie wollte er vor Tanya auch nicht wirken wie ein Schmutzfink. Während er unter der kalten Brause stand, dachte er darüber nach, wie sie auf ihrer Flucht weiter vorgehen mussten. Inzwischen war das Auto vermutlich als vermisst gemeldet, doch bis die norwegische Polizei das nach Schweden übermittelt hätte,

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