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Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Titel: Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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irgendwann in den frühen Morgenstunden war der Regen zu Schnee geworden. Straße, Bäume, Autos, alles war weiß eingefärbt, der Schmutz und Matsch der letzten Nacht war verschwunden.
    Sie stiegen die drei Stufen von der Haustür nach unten und gingen zum Auto. Der Schnee, feucht und pappig, quietschte unter ihren Schuhen. Mickey fragte sich, ob sie wohl Probleme mit nicht geräumten Straßen bekommen würden.
    Ein fleischiges Schmatzen.
    Tanyas gepresstes Stöhnen, bevor sie zurücktaumelte und zu Boden ging.
    Ein Mündungsknall.
    Der Schreck flutete Mickeys Körper mit Adrenalin. Ein Jahrtausend alter Fluchtinstinkt versuchte, ihn in die Tiergestalt zu pressen. Mit einem Willensakt, geboren aus Wut und Verzweiflung, setzte er sich darüber hinweg und leitete die Energie der Verwandlung um in die Kampfgestalt. Noch während seine Klamotten mit ratschenden Geräuschen zerrissen, noch während sich sein Körper verwandelte, warf er sich zur Seite.
    Er hörte die Kugel, die für ihn bestimmt war, vorbeizischen und sich mit einem Krachen in die Hauswand bohren, gefolgt von einem weiteren Mündungsknall. Mickey sprang auf, packte Tanya an den Füßen, zerrte sie zurück zum Eingang, die Treppe nach oben. Über die Schulter sah er die Blutspur, die im Schnee zurückblieb, sah ihren Kopf, der an die Stufen schlug, sah das kleine Blutwölkchen, als sie ein zweites Mal getroffen wurde, in den Oberschenkel diesmal. Der Knall kam erneut etwas verzögert. Mickey trat mit aller Kraft der Kampfgestalt die Haustür auf und zerrte Tanya in das Gebäude, den Flur entlang, an der ersten Tür vorbei, hinein in die zweite. Manche Scharfschützengewehre konnten eine einzelne Häuserwand durchschlagen. Er hoffte, dass zwei Wände ausreichten.
    Der Raum war ein Wohnzimmer, mit Teppichen und Möbeln und einem Fernseher. Mickey hatte keine Augen dafür, als er sich neben Tanya auf die Knie warf. Ihr Gesicht war aschfahl und blass, die Augen halb geöffnet und reglos. Hastig tastete er nach dem Puls an ihrem Hals. Er fand ihn nicht. Sein Blick glitt an ihrem Körper hinab. Der blaue Pullover hatte ein nicht besonders großes Einschussloch mit einem kaum wahrzunehmenden Blutfleck. Er zog den Stoff nach oben, fand die Wunde direkt unter Tanyas Brustbein.
Unscheinbar
, war sein erster Gedanke. Noch einmal tastete er verzweifelt nach ihrem Puls, fand ihn wieder nicht. Er zog den Pullover noch weiter nach oben, um nach ihrem Herzschlag zu tasten, doch auch dort spürte er nichts.
    Er nahm seine Menschgestalt an und begann die Wiederbelebung. Dreimal pustete er in ihre Nase, so wie man es ihm vor zehn Jahren oder noch länger gezeigt hatte, dann suchte er den Druckpunkt auf ihrem Brustbein, begann zu drücken, einmal, zweimal, zählte dabei laut mit, fünfmal, zehnmal, fünfzehnmal, dann beatmete er sie erneut zweimal über die Nase. Er wusste nicht, ob die Zahlen so stimmten, er hatte nicht besonders gut aufgepasst in dem Erste-Hilfe-Kurs damals. »Komm schon!«, zischte er, wütend über sich selbst und völlig verzweifelt. Wie konnte sie an einer so kleinen Wunde sterben?
Dreizehn, vierzehn, fünfzehn, dann beatmen. Weiter, eins, zwei …
Tränen brannten in seinen Augen. Sein Blick fiel auf die Blutspur am Boden. Es war verdammt
viel
Blut. Die Austrittswunde. Die Kugel musste auf ihrem Weg durch ihren Körper etwas Wichtiges getroffen haben. Die Körperschlagader vielleicht, die lag relativ mittig. Eine Blutung aus der Aorta konnte einen Menschen in Sekunden töten.
Dreizehn, vierzehn, fünfzehn, Luft holen, beatmen, Luft holen, beatmen.
Sterne tanzten vor seinen Augen, er spürte, dass er zu hektisch war, zu schnell, viel zu schnell, er versuchte sich locker zu machen, sich zu bremsen. Tanyas Gesicht war, falls das überhaupt möglich war, noch blasser als vorhin, noch grauer.
Sie ist tot.
Er zuckte zusammen, verdrängte den Gedanken, zwang sich dazu, starr weiterzumachen, immer weiter,
dreizehn, vierzehn, fünfzehn.
Sie brauchte Blut, so viel war ihm klar, viel Blut, so schnell wie möglich. Einen Heiler, alternativ einen Notarzt und einen Operationssaal. Nichts davon war in Reichweite, das Grenzgebiet zwischen Schweden und Norwegen war für beide Staaten tiefstes Hinterland. Er hatte keine Chance.
Sie
hatte keine Chance. Sie war tot.
Tot, tot, tot!
Trotzdem machte er weiter, verbissen und hartnäckig, sie war eine Queen,
seine
Queen, doch der Gedanke trieb nur neue Tränen in seine Augen.
Dreizehn, vierzehn, fünfzehn, beatmen. Sie ist

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