Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
würden noch ein paar Tage vergehen. Die Bürokratien beider Staaten arbeiteten langsam. Dennoch musste er den VW bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit loswerden, sicher war sicher. Nicht, dass irgendein übereifriger Polizist versuchte, sich einen Orden zu verdienen …
Und dann? Per Anhalter weiter? Oder Bus? Wie weit würdendie schwedischen Hexer gehen, um eine Queen zu töten? Wie viele Männer würden sie für die Suche bereitstellen? Wie viele
konnten
sie bereitstellen? Mickey musste sich eingestehen, dass er keinen blassen Schimmer davon hatte, wie stark die hiesigen Hexer waren. Der nächste Rattenclan war jedenfalls weit weg, in Uppsala, was nicht viel näher lag als Oslo. Auf Rattenhilfe brauchte er jedenfalls nicht hoffen. Oder sollte er etwa den riesigen Umweg über eine dieser Städte in Kauf nehmen, um wirklich sicherzugehen, dass er nicht doch noch über die nach ihnen fahndenden Schweden stolperte? Schließlich ging es um eine Queen …
Er stieg aus der Dusche und trocknete sich ab, bevor er sich das Handtuch um die Hüften band und das Schlafzimmer betrat. Tanya war mittlerweile auch aufgestanden und gab ihm einen Kuss auf die Wange, bevor sie an ihm vorüber in das Bad schlüpfte. Ihr Lächeln dabei war so offen, so ehrlich, dass er sich im Vergleich verlogen und schäbig vorkam. Er schlüpfte nackt in die Trainingshose und war etwas irritiert von der Bewegungsfreiheit, zog sich dann den Pullover über den Kopf.
Passt
, befand er dann.
Lang lebe der Schlabberlook.
Anschließend überprüfte er die AK-47 und die USP, bevor er sich mit knurrendem Magen auf den Stuhl setzte.
Während er auf Tanya wartete, durchsuchte er seinen Rucksack nach etwas Essbarem. Eine Tüte mit hart gewordenen Weißbrotstangen, die sie sich vor zwei Tagen in einer Bäckerei hinter Trondheim gekauft hatten, dazu etwas Käse, der die Zeit besser in einem Kühlschrank verbracht hätte. Es war kein Festmahl, aber es war etwas zu kauen. Er nahm sich eine der Stangen und begann, daran herumzuknuspern. Ein romantisches Frühstück zu zweit wäre ihm zwar lieber gewesen – aber sie mussten weiter, weg von der Straße. Er hatte den Verdacht, dass die E14 im Moment nur so von Hexern wimmelte.
Als Tanya aus dem Bad kam, hatte er ihre Sachen schon bereitgelegt. »Zieh dich an«, meinte er in seinem brüchigen Russisch, während er sich die AK-47 umhängte und in einen der Parkasschlüpfte. Zufrieden sah er an sich herab. Man musste schon ein genauer Beobachter sein, um zu sehen, was er unter dem Mantel verbarg. »Wir müssen uns beeilen. Ich weiß nicht, wie lange wir hier sicher sind.«
Ihr Lächeln machte einem gequälten Ausdruck Platz. »Das habe ich schon befürchtet.« Schnell schlüpfte sie in die Klamotten. Sie waren ihr etwas zu eng, doch sie nahm das kommentarlos hin. Mickey glaubte, dass das die Eigenschaft war, die er am meisten an ihr schätzte. Dieses nüchterne Akzeptieren der Notwendigkeiten, denen sie plötzlich unterworfen war. Doch er wusste nicht, welche Umstände sie von Estland gewohnt war. Vielleicht hatte ihr das Leben eine solche Einstellung abverlangt.
Sie reichte ihm eine der verbliebenen Weißbrotstangen, doch Mickey schüttelte den Kopf. »Ich habe schon gegessen. Der Rest ist für dich.«
Sie nickte und steckte sie zurück in die Tüte, aus der er sie geholt hatte. »Ich kann im Auto essen.«
»Gute Idee.«
Mickey ging zur Tür und begann, die Möbel zur Seite zu schieben. Tanya beobachtete ihn dabei. Als er fertig war und das Schloss aufsperren wollte, legte sie ihre Hand auf die seine.
»Danke«, murmelte sie noch einmal mit einem Lächeln, das seine Knie weich machte.
Zögernd hob er seine Hand, strich damit über ihre Wange.
Hör auf damit!
, schalt ihn erneut die Stimme seines Gewissens. Einmal mehr ignorierte er sie. Er ließ seine Hand auf ihren Hinterkopf wandern und küsste sie, sanft und zärtlich, wie heute Nacht. »Gehen wir?«, fragte er.
»Ja.«
Mickey warf sich den Rucksack über die Schulter und sperrte die Tür auf, schickte sie dann voraus, um nachzusehen, ob der Pensionswirt in Sichtweite war. Er wollte auch weiterhin nicht gesehen werden – die Hexer suchten wohl kaum nach einem alleine reisenden Mädchen, und Tanya war der Wirt ohnehin schon begegnet.
Doch die Luft war rein, sie winkte ihn nach unten. Der Schlüssel zur Haustür steckte im Schloss, so dass sie sich selbst nach draußen lassen konnten.
Inzwischen war der Tag angebrochen. Es war kälter geworden,
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