Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
beiden früheren Fomorer, doch war er wahrlich kein Leisetreter.
Nachdem seine Krieger in der Finsternis verschwunden waren, machte sich Seog klopfenden Herzens an das lange Warten. Er hatte längst schon die Erfahrung gemacht, dass das Warten oftmals schlimmer war als der eigentliche Kampf. Doch erst, seitdem er selbst ein Anführer war, wusste er, wie schlimm es tatsächlich war. Er lauschte dem Gurgeln seines Bauches und den tiefen Atemzügen Winocs, der neben Seog als Einziger zurückgeblieben war.
Zumindest glaubte Seog dies. Deshalb zuckte er vor Schreck zusammen, als sich plötzlich von hinten eine Hand auf seine Schulter legte. Hastig griff er nach dem Dolch in seinem Waffengürtel, bis er in der Dunkelheit die Gestalt erkannte, die da neben ihm aufgetaucht war.
»Seid Ihr sicher, dass Euer Plan eine gute Idee ist?«, fragte Jarl Ivar.
Seogs Ahnenstimmen drängten darauf, die Bewegung fortzusetzen, den Dolch in die Brust des Germanen zu stoßen, doch er zwang sich dazu, sich zu entspannen. »Habt Ihr einen besseren Vorschlag, Herr?«, fragte er stattdessen.
Ivar schüttelte unbeeindruckt den Kopf, genauso wie die letzten Male, bei denen er diese Frage gestellt hatte. Der Germane war schließlich nur Beobachter und wollte sich nicht einmischen.
Seog stieß einen Seufzer aus. »Das dachte ich mir.«
Schweigend wartete er weiter. Er fragte sich, was Ivar damit bezwecken wollte. Es war nun schon das vierte Mal, dass der Mann diese Frage gestellt hatte – ohne Kommentar oder Erklärung. Sie begann, Seog nervös zu machen. Eigentlich machte ihn alles an Ivar nervös. Er fühlte sich unter Druck gesetzt vom ewigen Schweigen des Germanen. Und wenn der Jarl dann doch einmal den Mund aufmachte und dann solche Fragen stellte, machte er damit die Situation alles andere als besser.
Wobei Jarl Ivar durchaus auch hilfreich sein konnte, wenn er sich dazu entschloss. Als der Mann davon erfahren hatte, in welchen Schwierigkeiten Seogs Leute nach ihrem tagelangen Marsch durch den winterlichen Germanenwald steckten, hatte er nicht gezögert, Hilfe zu beschaffen. Noch während Seog in der Pforte mit dem König des Waldes gesprochen hatte, hatte Ivar seine Leute geschickt, um die Flüchtlinge mit Nahrung zu versorgen und sie aus der Kälte zu führen. Dank seiner Hilfe hatten alle von Seogs Leuten die Tortur überstanden, der Unterstützung der Waldbewohner war es zu verdanken, dass sich mittlerweile selbst die Kränksten auf dem Weg der Besserung befanden. Das Wichtigste war jedoch, dass Ivar ihnen erlaubt hatte, die Geisterpfade zu benutzen, die den Grindillskogr durchzogen, Pfade, auf denen ein Wanderer zehnmal so schnell vorankam wie auf normalen Wegen. Die Wächter des Waldes bewachten sie eifersüchtig, doch offenbar wog Jarl Ivars Wort fast so viel wie das des Waldkönigs selbst. Die Geister hatten ihnen misslaunig den Weg freigemacht.
Auf diesen Waldpfaden beruhten nun Seogs Pläne für dieseRebellion. Wenn es ihnen möglich war, schnell und sicher von einem Ort des Grindillskogrs zum anderen zu gelangen, konnten sie wie Partisanen aus dem Wald auftauchen und die Schatten an ihren Schwachpunkten angreifen.
Schlage sie dort, wo sie schwach sind
, hatte ihm Derrien einst erklärt. Diese Taktik der kleinen Messerstiche war so anders gewesen als all das, was ihm Ronan immer gepredigt hatte, die Feldzüge und Schlachten. Es hatte lange gedauert, bis Seog verstanden hatte, dass die unterschiedlichen Taktiken auch unterschiedlichen Zwecken dienten. Ronans Kriegstheorien hatten das Ziel, ein unterlegenes Heer zu einer entscheidenden Schlacht zu zwingen und zu schlagen, während Derrien darauf aus war, mit einer kleineren Gruppe Krieger einer größeren so lange zuzusetzen, bis diese geschwächt und damit angreifbar war.
Das entsprach ziemlich genau der Situation, wie sie sie nun im Romsdalsfjord hatten. Es würde ziemlich viele solcher Messerstiche bedürfen, um Rushais Nain zu schwächen, aber wenn Seog etwas besaß, dann war es Geduld.
Als es endlich so weit war, ging alles ganz schnell. Das Erste, was Seog hörte, waren die Schreie, als Kwanza und Nadif zwei Männer aus der Patrouille niederschossen. Dann sprangen die beiden Rebellengruppen aus ihren Deckungen und stürmten brüllend auf die beiden Wachfeuer los. Auch Seog schnellte hoch und rannte mit Winoc und Ivar zu den beiden Afrikanern. Dort angekommen musste er sich eingestehen, dass der Respekt, den er den beiden Schwarzen entgegenbrachte, immer noch
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