Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
nicht ausreichend war. Sechs Mann hatten zur Patrouille gehört. Kwanza und Nadif hatten die ersten beiden aus dem Hinterhalt getötet, doch als die anderen vier schnell reagierten und augenblicklich auf sie losgestürmt waren, hatten die beiden kühlen Kopf behalten. Zwei hatten sie auf etwa zwanzig Meter erschossen, die anderen beiden waren ihnen beinahe auf die Füße gefallen. Seog fragte sich kurz, wie viele Kelten oder Germanen den Schneid besessen hätten, einfach stehen zu bleiben und weiterzuschießen.
Auch die kurzen Scharmützel bei den Feuern fanden ein schnelles Ende. Die Wächter dort hatten nicht mit einem solchen Angriff gerechnet und leisteten kaum Widerstand. Einem von ihnen gelang es zwar, einen Hornstoß aus dem Jagdhorn an seiner Seite abzugeben, bevor er von einem von Gautreks Männern niedergemacht wurde, doch ob dieses eine Signal ausreichen würde, Verstärkung von einem der Nachbardörfer herbeizubringen, war mehr als fraglich. Zumal die nächste Siedlung mehrere Kilometer weit entfernt war.
Im Anschluss trieben sie die Bewohner der Rundhütten nach draußen. Die Leibeigenen erwiesen sich als äußerst redselig – waren sie doch Bretonen und norðmenn, Rushais Kriegsgefangene, die sie vor den zwei Dutzend Fomorern warnten, die im Langhaus wohnten.
»Kommt heraus!«, schrie Seog, nachdem er das Langhaus hatte umstellen lassen. »Kommt heraus und werft eure Waffen zu Boden, sonst brennen wir die Halle nieder!«
Doch sie kamen nicht heraus, und so musste Seog seine Drohung in die Tat umsetzen. Er gab Winoc ein Zeichen, der daraufhin zu den Wachfeuern eilte und eine Fackel daran entzündete. Der Bretone sah ihn fragend an. Auf Seogs schwermütiges Nicken hin holte der bärtige Bogenschütze aus und schleuderte die Fackel hoch auf das reetgedeckte Dach.
Es war eine schöne Halle, die schon sehr lange hier gestanden hatte. Seog tat es leid, sie anzünden zu müssen. Noch mehr taten ihm die Vorräte leid, die die Fomorer wahrscheinlich dort lagerten, die Werkzeuge und Ausrüstung. Doch ein Angriff war zu riskant und würde mit Sicherheit einigen seiner Männer das Leben kosten. Seog war nicht bereit, einen solchen Preis zu zahlen, das Leben jedes einzelnen seiner Leute war viel zu kostbar.
Die Nain hielten lange aus in ihrer Halle. Erst als das Dach bereits loderte und qualmte und das Gebälk bereits verdächtig zu krachen begonnen hatte, wagten sie ihren Ausfall. Doch sie mussten nacheinander durch die schmalen Ausgänge in die Schwärzeder Nacht, so dass es den Wächtern ein Leichtes war, sie mit schnellen Axthieben und Schwertstichen zu fällen. Nur an der Hintertür gelang zweien von ihnen der Ausbruch. Dem einen schoss Winoc in den Rücken, während der andere so unglücklich über einen Handkarren an der Wand einer Rundhütte stolperte, dass er sich bei seinem Sturz verletzte und ohne Hilfe nicht mehr auf die Beine kam.
Die restlichen Bewohner der Halle ergaben sich und traten mit erhobenen Händen aus dem nun lichterloh brennenden Gebäude. Seog ließ sie nach Waffen durchsuchen und ihre Hände fesseln.
Und das war das Ende des Überfalls. Seog wies die befreiten Kriegsgefangenen an, ihre Habseligkeiten in Säcke zu packen und mit ihnen zu kommen, während er nach ihrem Anführer suchte, um von ihm die neuesten Entwicklungen zu erfahren.
»Die Neuigkeiten sind nicht gut«, erklärte ihm der Bretone Tavoc. Es stellte sich heraus, dass er der Großenkel jenes Tavocs war, der dem Gehöft den Namen gegeben hatte. »Die Nain sind gekommen, um zu bleiben. Der Großteil der Armee lagert in Kêr Bagbeg, aber Rushai hat in jedem Gehöft am Fjord seine Hauptmänner mit ihren Leuten einquartiert. Sie sind die neuen Herren des Fjords.«
Seog nickte nachdenklich. So viel war ihm bereits klar gewesen, die Germanen vor ihnen hatten nichts anderes gemacht. »Weißt du, wie viele Krieger Rushai besitzt?«
Tavoc schüttelte den Kopf. Er war ein großer Mann, mit breiten Schultern und schmalen Hüften. Sein dunkles Gesicht wirkte älter als der Mann selbst, die Haut vor der Zeit gealtert von einem Leben auf See. »Zu viele. Es heißt, dass allein in der Stadt zehntausend Krieger einquartiert sind.«
Die Zahl war hoch, so hoch, dass Seog sich dabei ertappte, sich nervös über die Lippen zu lecken. Die Bretonen des Romsdalsfjords hatten vor einem halben Jahr etwa viertausend Krieger für den Kriegszug nach Bergen beigesteuert – das war jedoch praktisch jeder waffenfähige Erwachsene gewesen,
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