Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
von Kristiansund unsicher gemacht hatte. Und auch die sonstigen Experimente, die die Zauberer unter Ashkarunas Leitung durchführten, empfand Rushai als bedrohlich. Er war nicht scharf darauf, die mühsam eroberten Gebiete mit einem Dämon zu teilen – und schongar nicht hatte er vor, später gegen einen kämpfen zu müssen, falls Ashkaruna die Kontrolle verlor.
Doch die Zauberer mochten ihn auch nicht, eine Tatsache, die Rushai mit grimmiger Genugtuung erfüllte. Für sie war er ein notwendiges Übel, ein Krieger, eine Schachfigur, die die Drecksarbeit erledigte, für die sie sich selbst zu schade waren. Rushai gefiel es so – nichts konnte er weniger leiden, als wenn sich Laien in seine Kriegsführung einmischten.
»Lord Ashkaruna«, erklärte er laut, als er aus dem Wald trat. »Was führt Euch zu mir?«
Eine der grau gewandeten Gestalten hatte einen Raben auf der Schulter sitzen. Diese drehte den Kopf in Rushais Richtung und schob die Kapuze etwas zurück. Grauer, blanker Knochen kam darunter zum Vorschein, mit grinsenden Zähnen und einem schwärenden Loch, wo sich eigentlich eine Nase befinden sollte. Nur die Augen waren ausgefüllt von einem grünlichen Leuchten, das sich nun auf Rushai konzentrierte. »Bist du fertig mit deinen primitiven Pflanzenspielereien?«
»Ja, Herr.« Rushai machte sich nicht die Mühe, sich über Ashkarunas Arroganz aufzuregen. Er tat, was er tun musste, und so primitiv, wie seine Baumsklaven in Ashkarunas Augen vielleicht waren, hatten sie ihm schon vielfach hervorragende Dienste geleistet.
»Ich habe von einer Germanenarmee im Osten gehört.«
»Ja, Herr. Meine Kundschafter berichten, dass sie sich nach Oppdal zurückgezogen haben.« Es waren Krieger aus Trondheim, die zweifellos losgezogen waren, weil der Schattenfeind ihnen von seiner Falle auf Trollstigen berichtet hatte. Sie hätten Rushai in Åndalsnes angreifen sollen, während Derrien den Rückzug versperrt hielt, der Hammer auf dem Amboss. Doch Cintorix’ Verrat hatte den Amboss gekippt, und nun wusste der Hammer nicht mehr, was er tun sollte. Die Armee lagerte jetzt schon seit mehreren Tagen in Oppdal, Rushai wartete jeden Tag auf die Nachricht, dass sie aufgelöst wurde und die Männer in ihre Dörfer zurückkehrten.
»Könnten sie von dort aus hier angreifen?«
»Durchaus, Lord. Aber der direkte Weg führt an zwei Stellen über extrem unwirtliches Gelände. Gelände, das ich im Winter nicht passieren wollte, nicht mit einer Armee und schon gar nicht mit einem Tross, mit dem ich diese Armee verpflegen müsste.« Von Oppdal aus konnten die Germanen jedoch auch nach Süden zum Rauma-Lågen-Tal marschieren, das Åndalsnes mit Otta verband. Wenn sie diesen Weg wählten, hätten sie jedoch die Helvetier der Spinne im Rücken, sobald sie das Tal erreichten und sich nach Norden wandten. Ohne Zweifel war das der Grund, der die Germanen zögern ließ.
»Also droht im Moment keine direkte Gefahr von ihnen. Warum hörst du dann nicht auf mit deinen abscheulichen Pflanzenspielereien und kümmerst dich um wichtige Angelegenheiten?«
»Meine
Pflanzenspielereien
würden ohnehin keine Armee aufhalten. Aber sie können vielleicht einen einzelnen Kundschafter töten oder zumindest seine Ankunft melden.«
»Ein Kundschafter ist keine Bedrohung!«
»Nein, Herr.« Rushai verbeugte sich. Es hatte keinen Sinn, Ashkaruna zu erklären, wie wichtig militärische Aufklärung war. Der Schattenzauberer hatte es vor einem halben Jahr nicht begriffen, als er in der Schlacht von Espeland seine komplette Armee verloren hatte, er würde es auch jetzt nicht begreifen.
»Mickey ist zurück in Bergen.«
»Mickey … Mouse«
, korkste der Rabe und hopste auf Ashkarunas Schulter herum.
Rushai verzog keine Miene, auch wenn dies ein herber Rückschlag war. Er hatte gehofft, dass Geshier von etwas aufgehalten worden war und sich deshalb noch nicht zurückgemeldet hatte – nun war klar, dass Mickey ihn besiegt hatte. Entweder dies, oder das Jokerface hatte versagt und war aus Angst vor Rushais Ärger geflohen. »Mit oder ohne Queen?«
»Ohne. Sie ist mit Sicherheit sehr gut versteckt. Dein Mann hat versagt.«
Zweifellos.
»Und die Ratten? Wissen sie, dass wir hinter der Sache stecken?«
»Ungeziefer! Ungeziefer!«
, machte der Rabe. Offenbar gefiel ihm das Rattenthema weitaus besser als das Gespräch über Germanenarmeen und Pflanzenmagie.
»Das ist die Frage, die sich stellt. Deshalb will ich, dass du nach Bergen gehst und ihn erledigst,
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