Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
warten.«
»Worauf?«
Alistair kam jedoch nicht mehr zum Antworten. Das Funkgerät hatte zu rauschen begonnen, der Schotte sprang auf und lief quer durch die Höhle zu dem Apparat. »Drache für Stier«, sprach er auf Englisch in das Gerät. »Drache für Stier.«
Erneut hörte Keelin das Rauschen. Dann wurde es jedoch von einer verzerrten Stimme unterbrochen: #Drache hört. Drache minus fünfzehn. Stier bereit?#
»Stier bereit in fünfzehn«, erwiderte Alistair. »Bereit in fünfzehn. Stier Ende.« Er verstellte die Frequenz, die am Gerät eingestellt war, und nickte ihnen zu. »Los. Es wird Zeit, von hier wegzukommen.«
Keelin warf Wolfgang einen verwirrten Blick zu, sagte aber nichts, während sie hastig in Alistairs warme Winterkleidung schlüpfte. Wolfgang hatte das meiste davon ausgeschlagen, sich nur mit einer Jacke begnügt, so dass sie genügend hatte, um in der Kälte draußen nicht gänzlich zu erfrieren. Alistair schwang sich seinen Rucksack auf die Schulter und verließ die Höhle.
Draußen war es eisig. Keelins Atem warf kleine Dampfwölkchen. Trotz ihrer warmen Innenweltkleidung und Alistairs Wintersachen biss sich die Kälte binnen kürzester Zeit zu ihrer Haut vor. Zitternd folgte sie Alistair, der bereits unterwegs zu dem Grat war, über den sie angestiegen waren und der weiter bis hoch zum Gipfel führte. Er hatte eine Taschenlampe, mit der er sich den Weg leuchtete. Keelin blieb nichts anderes übrig, als seinen Spuren im Schnee zu folgen.
»Kannst du etwas sehen?«, fragte Wolfgang, der ihr gefolgt war.
»Kaum!«
»Du bist auf dem richtigen Weg. Mach langsam, ich warne dich, wenn du abkommst!«
Und dies tat sie. Der Schotte vor ihr kletterte schnell voran, trotz Nacht und Schnee, ohne Wolfgangs Hilfe wäre sie längst einsam und verlassen zurückgeblieben. Doch der Germane blieb dicht hinter ihr und lotste sie Schritt für Schritt weiter nach oben, Tritt für Tritt durch die Nacht. Der Wind strich ruppig über den Grat und brach sich pfeifend im Fels, so dass Keelin schon beinahe froh über die Dunkelheit war. Sie war sich nicht sicher, ob sie den Anstieg bei Tageslicht gewagt hätte, wenn sie gesehen hätte, wie ausgesetzt der Berggrat war.
»Weißt du, was er vorhat?«, fragte sie über ihre Schulter. Es widerstrebte ihr, sich zu weit von der Pforte zu entfernen, schließlich war es deren Magie, die sie vor ihren Verfolgern schützte.
»Ich habe eine Vermutung«, erwiderte Wolfgang, beließ es aber dabei.
Und so stiegen sie weiter an. Bald war die Kälte kaum noch zu spüren, ihr wurde von der Anstrengung sogar richtig heiß unter Alistairs Winterkleidung. Schweiß rann ihren Rücken hinab, während sie sich Meter um Meter nach oben kämpfte. Ihre Lungen schrien nach einer Pause, ihre Nerven nach einer Zigarette, doch sie wusste, dass sie beides erst bekommen würde, wenn sie diese Gefahr hinter sich gelassen hatte.
Schließlich ließ jedoch abrupt die Steigung nach, und der Weg wurde einfacher. Aus der Ferne hörte sie ein wummerndes Motorengeräusch, das vermutlich aus einem der Täler kam, die sie in der Dunkelheit nicht sehen konnte. Mühsam stieg sie weiter, Alistairs tiefe Spuren im Schnee als Stufen benutzend, sah endlich, dass der Gesichtstauscher ein paar Dutzend Meter vor ihr stehen geblieben war. Noch einmal mobilisierte sie ihre Kräfte und überbrückte so die letzte Distanz, bis sie neben dem Druiden den Gipfel erreichte. Der Wind war hier noch schärfer zu spüren und zerrte ruppig an ihren Kleidern.
Das Wummern war mittlerweile angeschwollen zu einem lauten Hämmern. Sie folgte Alistairs Blick und sah in einiger Entfernung ein blinkendes Licht in der Luft hängen. Es kam schnell näher. Von ihm schien auch das Geräusch auszugehen.
»Ein Hubschrauber«, murmelte Wolfgang. Die Fassungslosigkeit in seiner Stimme war deutlich herauszuhören. »Ihr habt einen Hubschrauber!«
»›Haben‹ ist ein zu starker Ausdruck«, erwiderte Alistair.
Wolfgang schüttelte den Kopf, doch als ihn das Licht aus Alistairs Lampe streifte, sah Keelin ein breites Grinsen in seinem Gesicht. »Ich fasse es nicht«, murmelte er. »Er hat einen Hubschrauber!«
Die Maschine kam schnell näher. Bald konnte Keelin erkennen, dass das Licht ein Suchscheinwerfer war, der sie schließlich erfasste und blendete. Das Geräusch war nun eindeutig als das schnelle Flappen der Rotoren zu erkennen. Es war eine mittelgroße Maschine, weiß, mit einem blauen Streifen unterhalb der Fensterscheiben. Der
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