Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
Währenddessen beobachtete er den Platz, wartete darauf, dass jemand den Tod der beiden Wachen bemerkt hatte.
Doch nichts geschah.
Alles blieb still.
Derrien lauschte noch einmal nach hinten. Die kleinen Geräusche der Vorbereitung schienen vorüber.
Morrigan und Dagda, steht uns bei!
Mit gezücktem Schwert rannte er los. Alle Heimlichkeit war jetzt vorüber. Jetzt galt es nur noch, so schnell wie möglich den Schmied zu befreien und aus der Stadt zu kommen. Sein Puls schnellte in die Höhe. Spätestens, allerspätestens jetzt gab es keinerlei Zurück mehr. Er rannte, zehn Meter, hörte hinter sich die Schritte Murdochs, von Tavoc und seinen Leuten, rannte weiter, an den Bäumen vor Nerins Langhaus vorbei, zwanzig Meter.
Etwas packte Derriens Fuß. Er stolperte, plötzlich und abrupt, ging hart zu Boden. Er wälzte sich herum, gerade rechtzeitig, um die Äste zu sehen, die einer der Bäume wie Peitschen nach ihm schwang. Panik schoss durch seinen Körper wie eine Springflut. Das Schwert glitt aus seiner Hand, während er versuchte, die Äste von seinem Hals fernzuhalten. Es gelang ihm, doch die Ulme, Nerins Baum, zog zu, fester und immer fester. Derriens Arme begannen zu zittern, er wusste, dass seine Kraft nicht ausreichen würde. Ein Hornstoß ertönte, direkt aus dem Langhaus vor ihm. Ein weiteres Horn stimmte mit ein, irgendwo hinter ihm, gleich darauf noch ein drittes. Seine Verzweiflung, ein zweites Mal auf den gleichen faulen Zauber hereingefallen zu sein, war so groß, dass er gequält zu schreien begann, während aus den umliegenden Langhäusern Rushais Fomorer-Krieger quollen.
Weitere Pfeile surrten durch die Luft. Zwei, nein drei von Derriens Männern gingen zu Boden, einer davon lautlos, die anderen beiden schreiend. »Eine Falle!«, brüllte jemand, ein anderer schrie:»Zurück! Zurück!« Dann stürmten auch aus Nerins Langhaus Männer.
Die Äste übten mittlerweile so viel Druck aus, dass sie mit Derriens darunter gefangenen Händen seinen Atem abzuschnüren begannen. Sein Schrei erstarb und machte einem Röcheln Platz, mit dem er verzweifelt versuchte, Luft in seine Lungen zu saugen. Der Baum hatte mittlerweile auch andere Waldläufer mit seinen niedrig hängenden Ästen gepackt und zu Boden gezerrt, doch Derrien nahm dies nur am Rande wahr, ganz mit sich selbst beschäftigt. Auf dem Platz wurde Kampfeslärm laut, während in seinem Gesichtsfeld Sterne tanzten und schwarze Flecken entstanden.
Dann war der Druck ganz plötzlich vorbei, der Ast zog sich abrupt zurück. Derrien keuchte auf, japste gierig nach Luft. Er sah die hagere Gestalt Ivars, des germanischen Jarls, unter der Ulme stehen, die Hände auf den Stamm gelegt. Etwas musste er getan haben –
Derrien hatte keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Er griff nach
Waldsegen
, stemmte sich nach oben, schwang die Klinge und verletzte damit einen der Gegner, wurde jedoch schon im nächsten Moment von einem Speerstoß getroffen, der ihn aus der Balance brachte und erneut zu Boden gehen ließ. Jemand schrie, gellend und schmerzerfüllt, andere brüllten johlende Schlachtrufe. Irgendjemand bellte hinter ihm harte Befehle, während Derrien erneut hochzukommen versuchte. Vor ihm stürzte ein Mann zu Boden, einer von Tavocs Leuten, blutüberströmt und ganz eindeutig tot, und auch Derrien wurde von einem weiteren Speerstoß niedergedrückt. Hektisch wälzte er sich herum, entging knapp einem Stich gegen seinen Hals, wo ihn sein Kettenhemd nicht schützte. Irgendwie kam er wieder auf die Beine und rannte, prallte im nächsten Moment gegen einen seiner Waldläufer und stürzte gemeinsam mit ihm zu Boden. Überall um ihn herum war Chaos ausgebrochen, insbesondere bei den Waldläufern, von denen die eine Hälfte versuchte, irgendwie davonzukommen, während die andere Hälfte von hintennachdrängte. Ein Mann fiel auf ihn, er spürte warmes Blut in seinen Nacken laufen, er wälzte ihn von sich und trat nach den Beinen eines Fomorers, der mit seinem Schwert nach einem anderen Waldläufer hackte. Es war Chaos, pures Chaos, doch Derrien wusste genau, dass ihm und seinen Männern die Zeit davonlief. Sie saßen in der Falle, erneut, Rushai hatte ihn ein zweites Mal in den Hinterhalt laufen lassen, nur dass Rushai ein zweites Mal nicht mehr denselben Fehler machen und Derrien gefangen nehmen würde, statt ihn gleich zu töten.
Dann fiel sein Blick auf Murdoch. Der Wolf stand abseits, teilnahmslos, sein Gesicht vom flackernden Licht des Kohlebeckens
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