Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
schließlich, viel zu bald, wurde der Hang flacher und die Wiesen begannen. Sie passierten gedrungene Hütten und Scheunen, Derrien mit seinen Männern voran, Seog hinterher. In einem der Ställe muhte eine Kuh, ein andermal begann ein Hund zu bellen, hörte aber zu Seogs Erleichterung ziemlich schnell wieder auf. Die Hunde in der Stadt selbst konnten die Waldläufer noch nicht riechen, dafür blies der Wind in die falsche Richtung. Sonst blieb alles ruhig, so ruhig, dass Seog seine Schritte hören konnte, das Rascheln seiner Kleider, die mit jedem Schritt aneinanderrieben, das Klappern irgendwelcher schlecht gesicherter Ausrüstung. Das alles wirkte in der Stille sehr laut, doch er wusste, dass es in der Stadt noch niemand hören würde. Und die Bewohner in den Hütten um sie herum würden schön brav still sein, falls sie tatsächlich mitbekamen, dass ein Trupp Krieger an ihren Türen vorbeischlich. Sie würden sich still verhalten und froh sein, dass die Gefahr vorbeizog.
Tatsächlich gelangten sie ohne Zwischenfall bis kurz vor den Stadtrand, nur noch von einer breiten Wiese von den ersten Gebäuden getrennt. Auch hier sah es nicht so aus, als ob sie dabei in Schwierigkeiten geraten würden. Etwa zweihundert Meter weiter links saßen ein paar Wächter an einem Wachfeuer nahe der Brücke über den Rauma, nach rechts war gar niemand zu sehen. Offenbar hatte Gautreks Ablenkung genau so funktioniert, wie sie geplant hatten.
Hinter der Mauer, die die Wiese von den weiteren Feldern dahinter trennte, schlichen sie nach rechts, nach Norden, um möglichst weit weg von dem Wachfeuer zu kommen. Es war zwar dunkel, das Feuer verhinderte, dass sich die Augen der Wächter an die Dunkelheit gewöhnen konnten, doch Derrien wollte dennoch auf Nummer sicher gehen. Seog pflichtete ihm insgeheim bei. Diese Mission war nicht dazu geeignet, unnötige Risiken einzugehen.
Erst nach weiteren zweihundert Metern, an einer Lücke der Hecke, die die Mauer begleitete, blieb Derrien stehen und sahnoch einmal in Richtung Kêr Bagbeg. Seog vermutete, dass der erfahrene Waldläufer seine magischen Sinne dazu verwendete, ein letztes Mal den Stadtrand nach besser verborgenen Wächtern zu untersuchen. Kurz darauf winkte er Seog zu sich.
»Die Luft ist rein«, flüsterte er. »Wir gehen vor wie geplant.«
Seog nickte. Sie hatten lang und breit darüber gesprochen, was das bedeutete. Sie würden die Wiese überqueren und in einer einzigen, langen Kolonne direkt zum Langhaus Nerins eilen, in dem ihren Informationen nach der Schmied Gotast gefangen gehalten wurde. Derrien würde die Spitze anführen, Seog sich in die Mitte der Kolonne einreihen. Sobald ein Alarm gegeben wurde, hatte er den Auftrag, dort, wo er gerade war, in die Häuser einzudringen und mit dem Feuer, das er darin fand, Dächer in Brand zu setzen, während Derrien Nerins Haus stürmte, den Schmied fing und möglicherweise Rushai tötete, falls sich der in der Nähe aufhielt. Chaos würde entstehen, Chaos, das die Verteidiger in Panik versetzen oder zumindest aufhalten würde.
Zumindest war das der Plan. Zum Glück war es Derriens Plan, nicht sein eigener. Seog lächelte kurz. Er war sich sicher, dass Derrien wusste, was er tat.
»Los!« Als Derrien aufstand, um seinen eigenen Befehl in die Tat umzusetzen, spürte er eine Hand auf seiner Schulter.
»Derrien?« Es war Murdoch.
»Was ist?«
»Wir kämpfen heute Nacht?«
Derrien starrte ihn an, nicht viel mehr als ein düsterer Umriss in einer düsteren Nacht. Murdochs Anwesenheit war mehr zu erriechen, als zu erahnen. »Ja, wir kämpfen heute Nacht!« Sie hatten das inzwischen ungefähr zehnmal durchgesprochen. Murdoch schien es noch immer nicht begriffen zu haben. Früher hatte der Schotte einmal einen Hieb mit einer magischen Keule abgekriegt, der ihn fast sämtliche Zähne gekostet hatte. Was auch immer auf dem verschneiten Sattel in den Bergen passiert war, Derrien hatte immer mehr die Vermutung, dass Murdoch diesesMal die Keule auf den Kopf bekommen hatte. Er war wirklich nicht mehr er selbst.
»Ich brauche einen Dolch.«
Derrien musste sich innerlich zur Ruhe rufen, um nicht an Ort und Stelle auszurasten. »Ich habe dir doch gesagt, dass es völlig idiotisch ist, deinen Dolch in Duchenn Derv zu lassen!« Murdoch hatte dort seinen Dolch in die Eingangstür der größten Halle im Dorf gerammt, »um den Schatten ein Zeichen zu setzen« – als ob eine komplett in Gefangenschaft verschleppte Bevölkerung und der Tod
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