Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
beleuchtet, und starrte mit einem geistesabwesenden Blick auf den chaotischen Haufen Krieger, unbeteiligt und unbehelligt.
Für einen Moment war Derrien sprachlos, einen kurzen Augenblick, in dem er nicht fassen konnte, was dort mit dem Schotten passierte. Im nächsten Augenblick kassierte er einen Schwerthieb in den Rücken, der zwar nicht durch sein Kettenhemd drang, ihn aber beinahe ein viertes Mal auf den Boden warf. Als er wieder aufsah, waren zu viele Körper zwischen ihm und dem Wolf, er konnte ihn nicht sehen, doch er musste noch da sein. »MURDOCH!«, schrie er, während er
Steinbeißer
aus der Scheide an seinem Gürtel riss, eindeutig die bessere Waffe für einen solchen Nahkampf, »verdammte Scheiße, MURDOCH!!« Derrien parierte einen ungelenken Schwerthieb, stach selbst zu, wurde gestoßen, verfehlte seinen Gegner, strauchelte, prallte gegen seinen Nachbarn und fing sich dadurch. Er erwehrte sich eines Stichs, den der Schwertträger nun ansetzte, und stellte dann erst fest, dass der Mann, gegen den er geprallt war, ebenfalls ein Fomorer war. Er tötete ihn mit einem Stich seitlich in die Flanke, wo eine getroffene Niere den Mann ziemlich schnell ausbluten lassen würde, doch dahinter befand sich
noch
ein Fomorer, so dass Derrien schließlich klar wurde, dass sein kleiner Stoßtrupp mittlerweile fast schon umzingelt war. »MURDOCH! HILFE!«, brüllte er, als die Verzweiflung langsam zunahm, »HILF MIR, DU VERDAMMTER BASTARD!«
Doch Murdoch hörte nicht auf ihn. Der Wolf stand seelenruhig weiter da, ganz so, als ob ihn das alles nichts anging.
Das Hornsignal schreckte Seog aus seinen Gedanken.
Angriffssignal
, dachte er sofort. Es war so weit.
Hastig griff er nach seinem Schwert und riss es aus der Scheide. »Attacke!«, rief er. »Brennt sie nieder, Männer! Brennt sie nieder!« Schnell sah er sich um, wo schwacher Lichtschimmer in den Tür- und Fensterritzen ein Feuer dahinter vermuten ließ, sah in einem Langhaus ein verräterisches Flackern und eilte dorthin. »Folgt mir!«, rief er, während er die Tür auftrat und nach drinnen eilte.
Er traf auf keinen Widerstand. Bis auf ein paar Frauen, die auf den Bänken geschlafen hatten und nun kreischend aufsprangen, war niemand hier. Für einen Moment fragte sich Seog, wo die Männer des Hauses steckten, doch er schob den Gedanken zur Seite. Es war nicht wichtig. Wichtig war das Feuer, das er auf die Dächer bringen musste. Eilig zog er eine der Fackeln aus seinem Gürtel und hielt sie in die Feuerstelle, das Geschrei der Frauen ignorierend. Ein paar von Gwezhennegs Leuten folgten seinem Beispiel.
Von draußen drang wütendes Geschrei in die Halle, gleich darauf das typische Klingen von Stahl auf Stahl. Offenbar waren nicht
alle
Nain in Kêr Bagbeg unaufmerksam, deswegen eilte Seog zurück nach draußen, das Schwert in der einen, die brennende Fackel in der anderen Hand. Er glaubte nicht wirklich an Schwierigkeiten, jetzt noch nicht, später vielleicht, doch wenn seine Krieger kämpften, bestand immer die Gefahr von Verletzungen. Wenn sich das irgendwie vermeiden ließe –
In diesem Moment war er zur Tür heraus und sah, was sich auf der Straße ereignet hatte. Vor einem Langhaus etwa fünfzehn Meter weiter wurde heftig gekämpft, mit Schreien und Fluchen und Panik und Angst. Doch es waren nicht irgendwelche erschrockenen, verstörten Nain, die Seog dort sah, sondern entschlossene Krieger, gerüstet und zum Kampfe bereit. Stattdessen waren es die Waldläufer, die zurückwichen, überrascht und auf demfalschen Fuße erwischt. Mehrere Männer lagen bereits auf dem Boden, teils tot, teils noch schreiend und keuchend um ihr Leben kämpfend. Und noch während Seog fassungslos dastand, konnte er beobachten, wie aus dem Eingang des Langhauses weitere Krieger quollen, und noch mehr und noch mehr.
Etwas war schiefgegangen. Der Gedanke schien ihn auf dem Boden festzuhalten wie ein Gewicht aus Blei. Etwas war ganz gewaltig schiefgelaufen.
»SEEOOOG!!«, schrie Gwezhenneg von irgendwo tiefer in der Stadt.
Seog schüttelte den Kopf, versuchte den Schock irgendwie abzuschütteln. Ein weiterer Waldläufer ging zu Boden, mit aufgeschlitztem Bauch und hervorquellendem Gedärm, das er mit seinen Händen zurückzuhalten versuchte.
Sie brauchen dich
, dachte eine Stimme in Seogs Hinterkopf. Sie klang wie sein Vater.
Sie brauchen dich JETZT!
Und trotzdem rannte Seog nicht sogleich los, sondern nahm sich die Zeit, mit einem kräftigen Wurf die Fackel
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