Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
offenbar zum Angriff entschieden, fast schon zu Rushais Überraschung. Er hätte mittlerweile vermutet, dass sie sich zurückziehen würden, zu beeindruckt von der Stärke seiner Armee und der Schwierigkeit des Geländes. Doch die Germanen besaßen wirklich Mut. Oder Dummheit, ganz wie man es sehen wollte. Nun hatten sich die Krieger also in Bewegung gesetzt und stießen unter der Deckung des Waldes weiter vor in Richtung Fjord. Jedes Mal, wenn die Sonne zwischen den Wolken hindurchschien, blitzten und blinkten die Speerspitzen und Helme im Graugrün der Kiefern. Die Germanen formierten sich.
Rushai und seine Generäle beobachteten die Situation von ihrem Unterstand aus, eine Konstruktion aus Holzlatten mit einem Dach aus Zeltplane. Sie hatten Stühle und Tische hier, bedeckt mit Karten und Schreibzeug für etwas ausführlichere Befehle für die Melder, doch im Moment standen sie am nördlichen Rand und blickten zum anderen Ufer der Isa.
»Sie werden über die komplette Breite angreifen«, murrte E’Korr. »Vom Fjordufer die Isa entlang bis zur Halbinsel und dort weiter die Glutra hinauf.« Der General mit den arabischen Gesichtszügen und der Adlernase hatte in den vergangenen Tagen mehrmals gegen die Position hier im Isatal argumentiert und stattdessen einen Ort noch näher an Åndalsnes vorgeschlagen. Rushai hatte ihn schließlich persönlich überstimmt, eine Tatsache, die E’Korr nicht glücklich gemacht hatte.
»Sobald sie den Wald verlassen und die Felder überqueren«, erwiderte Tal’rash, der ungewohnt aussah mit seinem glatt rasierten Kinn, »schießen unsere Bogenschützen auf sie. Tausende werden sterben, noch bevor sie das Wasser erreicht haben. Der Fluss selbst wird sich rot färben von ihrem Blut.«
Rushai nickte nachdenklich. Genau deshalb hatte er diese Stelle gewählt. Und dennoch wunderte er sich darüber, weshalb die Germanen augenscheinlich so bereit waren, hier anzugreifen. Er selbst hätte es sich dreimal überlegt und selbst dann wahrscheinlich eher umgedreht als angegriffen. Vermutlich hatten sie irgendwelche Magie vorbereitet, die ihnen helfen würde. Rushai war jedoch unbesorgt – Ur’tolosh wartete etwas tiefer im Fjord und war bereit, den Germanen eine Überraschung zu bereiten, die sie weder in diesem Leben noch in ihrem nächsten so schnell vergessen würden.
Ein langgestreckter Hornstoß erschallte. Auf der ganzen Länge des Tals traten Germanen aus dem Waldrand. Ihre bunten Banner wehten im Wind, der vom Meer her die Isa hinauf wehte. Um sie herum formierte sich der Schildwall – ein großer Schildwall, einer großen Schlacht würdig. Vierzigtausend Männer würden heute in diesem Tal aufeinander los gehen. Schild an Schild reihte sich dort am Waldrand auf, die meisten von ihnen rund, ein paar auch oval. Bald zeigte ein Meer aus Speerspitzen in den Himmel.
»Nicht unbeeindruckend«, gestand ihnen Ta-Shirra zu.
»Die beeindrucken mich erst, wenn sie auf unserer Seite des Flusses angekommen sind«, erwiderte Tal’rash. »In Formation und mit all ihrer Ausrüstung. Ansonsten …« Er machte eine wegwerfende Geste.
Ein weiterer Hornstoß ertönte. Ruhe kehrte ein über dem Tal der Isa.
Dann tauchte im Osten ein Reiter auf, der den Schildwall entlang galoppierte. Er war hoch gerüstet, mit Plattenharnisch und Helm, einem großen Schild am linken Arm und zwei Schwertern am Waffengurt, ein hochgewachsener Mann, mit breiten Schultern und blonden Haaren, die unter seinem Helm hervorquollen.
»Wer ist dieser Affe?«, fragte Rushai in die Runde. Mit all den außenweltlichen Dingen, die er zu erledigen gehabt hatte, mit Lord Tagaris’ Ritual, das erst vor vier Tagen seinen Abschluss gefunden hatte, und mit den endlosen Diskussionen mit Ashkaruna,wie viele Schatten man in Bergen entbehren und nach Åndalsnes schicken konnte, fehlten ihm ein paar wichtige Informationen. Zum Beispiel, wie der feindliche Heerführer hieß. Zum Glück besaß er Generäle, auf die er sich zuweilen sogar verlassen konnte.
»Leif Olavson«, beantwortete E’Korr seine Frage. »Der Kriegsherr des Trondheimer Fürsten.«
»Gar nicht der Fürst selbst?« Rushai war überrascht.
»Fürst Søren von Trondheim ist ein fettes Schwein. Wahrscheinlich könnte er nicht einmal reiten.«
»Hmmm.« Rushai beobachtete, wie das Pferd dieses Olavson große Batzen Dreck aus den morastigen Wiesen riss, und wünschte sich, dass das Tier ausrutschen und den Hexer unter sich begraben würde.
Doch zumindest für den
Weitere Kostenlose Bücher