Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Titel: Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
Vom Netzwerk:
doch die Geste war zu geistig, zu nutzlos für den Instinkt seiner beiden Körperratten. Unbeirrt huschten sie weiter durch die dunklen Gänge und Stollen, vorbei an rauschenden Abwasserflüssen und stinkenden Abflussmündungen, bis er schließlich den Dreier-Schacht des nie fertiggestellten U-Bahn-Systems erreichte.
    Auch hier stand das Wasser bereits so hoch, dass Mickey nach einigen Minuten angestrengten Schwimmens schließlich beschloss, in seine Kampfgestalt zu wechseln und den Rest des Wegeswatend zurückzulegen. Es war nicht mehr weit. Sein Ziel war der U-Bahn-Halt Årstad, wo der Schacht direkt übergegangen wäre in ein großes Einkaufszentrum, den Versammlungsort des Clans. Dort würden sie sitzen, auf den Stufen der breiten Treppen und Rolltreppen, und Spider lauschen, der unten stand und eine Rede hielt wie damals die antiken Philosophen in ihren merkwürdigen Theatern.
    Hier musste er hineinplatzen. Mickey schnitt eine Grimasse.
    Als er triefend nass von den gefluteten Gleisbetten hinauf auf den Bahnsteig stieg, hatte ihn der versammelte Clan längst bemerkt. Spider schien tatsächlich fast eine Vollversammlung erreicht zu haben, die Treppen waren gut gefüllt. Im Schein der generatorbetriebenen Deckenbeleuchtung schätzte Mickey die anwesenden Personen auf etwa zwei Dutzend. Seit dem überfallartigen Krieg gegen die Renegaten im Frühjahr waren sie nicht mehr viel mehr.
    Spider erwartete ihn mit einem Blick, der üblicherweise reserviert war für stinkende braune Schmiere an frisch geputzten Schuhen. Seine Kiefer waren hart ineinander verbissen, doch er zeigte die übliche Selbstbeherrschung und sagte keinen Ton, während Mickey auf ihn zukam. Erst als dem Albino bewusst wurde, dass sein früherer Anführer nicht vorhatte, sich zu den übrigen Rattenmenschen auf die Treppe zu setzen, ergriff er das Wort: »Was willst du hier, Mickey?«
    Es hatte keinen Sinn, länger als nötig um den heißen Brei herumzureden. »Ich bin hier, um dich anzuklagen.«
    Waren die Züge des Albinos gerade schon angespannt, erstarrten sie nun völlig. »Anklagen?«, fragte er durch geschlossene Kiefer hindurch. Eine Ader pochte in seiner Schläfe.
    »Anklagen«, wiederholte Mickey, laut genug, dass es alle mit anhören konnten. »Ich klage dich des Betruges an, Spider. Ich behaupte, dass du das Duell in der Fleischfabrik nicht mit lauteren Mitteln gewonnen hast. Ich fordere eine Verhandlung!«
    »Nicht mit lauteren Mitteln?«, wiederholte Spider ungläubig. »Bist du übergeschnappt?«
    »Du hast mich mit einem Fleischerhaken angegriffen, oder nicht?«
    Spider sah ihn an, als ob er ein Außerirdischer wäre. »Mach dich nicht lächerlich!«, stieß er aus. »Ist das deine Anklage?«
    »Das ist meine Anklage.« Mickey verschränkte die Arme.
    »Das ist völliger Schwachsinn! Jeder hier«, und damit machte er mit den Armen eine Geste in Richtung der Treppen, »weiß, dass der Fleischerhaken in der Fleischfabrik dazugehört!«
    »Jeder hier weiß, dass es eine Grauzone ist.« Endlich fand Mickey Cannon auf der Treppe. Unter all den Kampfgestalten war der Rudelführer nicht einfach auszumachen. »Cannon und alle anderen Zeugen haben eindeutig gehört, dass ich Fänge und Klauen gefordert habe.« Cannon rutschte auf seiner Stufe etwas zurück, als sein Name fiel und er für einen kurzen Augenblick das Ziel von Mickeys Aufmerksamkeit wurde. »Und ein Fleischerhaken ist nun einmal weder Fang noch Klaue, da wird mir jeder Rattenmensch des Clans zustimmen. Cannon hätte abbrechen müssen. Da er es nicht getan hat, klage ich an.«
    »Dann hätten alle anderen bisher ja auch klagen können!«, warf Spider wütend ein.
    »Das hätten sie tun können«, gestand ihm Mickey zu. »Aber sie haben es nicht. Ich schon. Einer ist immer der Erste.«
    »Sie haben nicht geklagt, weil sie genau wussten, dass ein zweiter Kampf genauso enden würde«, giftete Spider jetzt.
    »So? Glaubst du wirklich, du würdest ein zweites Mal gewinnen?« Mickey ließ eine Prise Hohn in seine Stimme fließen, gerade so viel, um den Albino weiter zu reizen. Zu viel davon, und die Clansversammlung hielt ihn für arrogant und hochnäsig. Mickey glaubte kaum, dass er dann noch bekommen würde, worauf er abzielte.
    »Ja!«, zischte Spider.
    »Dann beweise es!«
    »Wann? Heute Abend? Morgen? Hier und jetzt?«
    Mickey schüttelte den Kopf. »Ich bin noch immer verwundet. Die Regeln für das Duell fordern, dass beide Parteien unverletztsind. Ich schlage nächsten Freitag vor.

Weitere Kostenlose Bücher