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Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Titel: Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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der Mann, der vor ihr stand, ein Jarl war …
    »Jetzt weißt du, wovon ich spreche«, murmelte der Germane.
    Keelin nickte, denn plötzlich traute sie sich nicht mehr, den Mund aufzumachen. Ihre Ahnenstimmen hatten angefangen, gegen den Mann zu hetzen. Ein Jarl der Germanen , schimpften sie, wir dulden ihn nicht! Eine schärfere Stimme, klar und gut verständlich, zischte plötzlich: Tu etwas! Los, tu etwas!
    Doch Keelin
konnte
nichts tun, ihre Arme waren gefesselt, und selbst ohne ihre Ketten wäre sie nicht bereit gewesen, auf diesen fremden Jarl loszugehen. Sie war eine Botin des Friedens, sie würde ihren Stimmen nicht nachgeben. Stattdessen riss sie sich zusammen und wartete mit demütig gesenktem Haupt darauf, dass der Germane weitersprach.
    »Ich möchte doch nur wissen warum, das ist alles!«, stieß dieser aus. »Was hat sie euch je getan? Sie hat alles dafür getan, die Opfer des Aufstandes so gering wie möglich zu halten! Sie hat sich so angestrengt, es allen recht zu machen, sie hat sich wortgetreuan die Abmachung mit Häuptling Aouregan gehalten! Was hätte sie denn noch tun sollen?« Seine Stimme begann bei den letzten Worten zu zittern, Keelin konnte spüren, wie sehr sich der Mann beherrschen musste, um nicht in Tränen auszubrechen.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte sie gepresst. »Wo hat sie denn geherrscht?«
    »In Åndalsnes«, murmelte er. »Das liegt am Romsdalsfjord.«
    Keelin horchte auf. Für einen Moment hielten sogar die Stimmen inne, vielleicht waren sie ebenso überrascht wie sie. Derrien Schattenfeind stammte vom Romsdalsfjord. Er hatte wie sie zur keltischen Delegation beim
storthing
gehört.
    »War Derrien Schattenfeind unter denen, die dem
storthing
entkommen konnten?«, fragte sie nach.
    »Derrien Schattenfeind?« Der Germane starrte sie intensiv an. »War der etwa dort?«
    »Ihr kennt ihn?«
    »Er ist der Anführer der Waldläufer«, knurrte der Jarl. »Seine Männer haben schon einmal versucht, Gudrun zu töten. Wenn er zu der Gesandtschaft gehört hat, dann –«
    – hat Derrien auch das Attentat verübt
, dachte Keelin seinen Satz zu Ende. Ja, zuzutrauen wäre es dem Schattenfeind jedenfalls. Das Einzige, was sie daran wunderte, war die Tatsache, dass er nicht erfolgreich gewesen war. Bei etwas zu versagen war so gar nicht Derriens Art … »Also ging das Attentat
doch
von den Kelten aus«, murmelte der Germane. Sein Blick glitt ins Leere, seine Hände ballten sich zu Fäusten.
    »Ich fürchte es, Herr.«
    Er schwieg, doch sein Atem wurde langsam lauter, angestrengter. Keelin sah, dass er seine Schultern gestrafft hatte, seine Hände zu Fäusten geballt. Ein Zittern lief durch seinen Körper. »Nein!«, stammelte er, während Schweißperlen auf seine Stirn traten.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Keelin besorgt. Ihre Beinfesseln klirrten, als sie instinktiv einen halben Schritt auf ihn zumachte.
    »Bleib weg!«, zischte er. »Bleib mir vom Leib!« In seiner Stimme klang deutlich Wut hervor. Keelin verstand nicht ganz, woher sein Ärger so plötzlich kam. Sie sah, dass er zitterte, die Kiefer so hart aufeinanderpresste, dass die Kaumuskeln in seinen Wangen und Schläfen deutlich hervortraten.
    »Aber ich wollte Euch doch nichts tun«, versuchte Keelin ihn zu besänftigen. »Ich wollte doch bloß helfen –«
    »Nein!«, rief der Germane erschrocken, »Hört auf!« Seine Stimme klang plötzlich verzweifelt. Er wich vor ihr davon, rückwärts, mit vorsichtigen Schritten in Richtung der Leiter. »Ihr habt keine Macht über mich!«
    Und dann verstand Keelin plötzlich das Problem. Entsetzt starrte sie ihn an. Es waren die Stimmen. Er war ein Jarl, somit vermutlich ebenso für die Stimmen anfällig wie sie selbst. Sie versuchten ihn aufzustacheln, flüsterten in diesen Augenblicken ihre hasserfüllten Forderungen in sein Ohr. Keelin war völlig klar, dass
sie
es war, die den Zorn seiner Ahnen hervorgerufen hatte. Eine Welle aus Angst jagte durch ihren Körper, doch sie hielt ihr stand und hob langsam ihre Hände. »Beruhigt Euch, Herr. Ich bin nicht hier, um mit Euch zu streiten!«
    »Schweig still!«, schrie er. »Ich will nicht, dass … Nein! Nein, hört auf! Hört …« Er erstarrte, jeder einzelne seiner Muskeln zum Zerreißen gespannt. Ein erneutes Zittern lief durch seinen Körper.
    Keelin drehte ihre Handflächen in seine Richtung, so dass er sehen konnte, dass sie nichts in ihnen verbarg. »Ich wollte Euch nichts tun, Herr«, murmelte sie und fügte, an Brynndrechs Schicksal

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