Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
erreichte er die andere Straßenseite, dicht gefolgt von Tönnes.
»Verdammter Mist!«, fluchte er.
»Und das ist erst der Anfang!«, stieß Tönnes aus, hob das Gewehr an die Schulter und schoss drei schnelle Schüsse nach links. »Helfen Sie mir hoch!«
Wolfgang machte ihm die Räuberleiter und schob ihn auf den Betonfuß eines verchromten Rohres, auf dem sich warm der Feuerschein auf dem Wasser spiegelte. Sie zogen mehr Gewehrfeuer von links, Tönnes schoss noch einmal in die Richtung, bevor er sich wieder hinter das Rohr in Deckung zurückzog. Mehrere Geschosse stanzten sich durch das Metall, verfehlten ihn nur knapp.Zischend strömte heißes Gas aus den Löchern und verbrühte Tönnes’ Gesicht. Der Fallschirmjäger schrie gellend auf und warf sich zurück zu Wolfgang ins Wasser.
»Alles klar?«, fragte der.
Eine erneute Salve zirpte durch die Luft, platschte in die Wasseroberfläche, schmatzte sich ins Fleisch. Ein Mann hinter ihnen stöhnte auf, sank wortlos unter die Oberfläche des Wassers. Wolfgang griff hastig nach seinem Kragen, bevor ihn die Strömung der langsam zurückgehenden Überflutung mit sich ziehen konnte, hielt ihn mühsam mit einer Hand an der Oberfläche.
Sievers, der mittlerweile ebenfalls die Straße überquert hatte, schrie: »SANITÄTER!«
»ZURÜCK!!«, brüllte Tönnes, der wieder aufgetaucht war. Sein Gesicht war rot angelaufen, auf Nase und Wangen hatten sich bereits Blasen gebildet.
Von rechts dröhnte noch mehr Gewehrfeuer, bis Wolfgang das typische Geräusch einer davonzischenden Rakete hörte. Eines der Mündungsfeuer, die die Querstraße aufs Korn genommen hatten, verschwand in einem grellen Feuerball.
Doch zwei oder drei weitere waren noch da. Ein Geschoss streifte Wolfgang an der Schulter, zwei weitere ließen bröseligen Beton von dem Sockel abplatzen. Gemeinsam mit den Fallschirmjägern wich er zurück, bis er eine weitere Einbuchtung fand, in der sie mit dem Verwundeten Platz hatten.
»Alles in Ordnung?«, fragte Sievers, während sie beide einen Moment durchatmeten.
Wolfgang schüttelte den Kopf. Dann erspähte er Garnier, den Sanitäter, und winkte ihn zu sich.
Als Rushai in der Außenwelt ankam, war seine erste Reaktion,
Angurvadel
aus seiner Scheide zu reißen und sich hastig umzusehen. Doch um ihn herum war nichts als Fels und Schnee und nächtliche Dunkelheit sowie die unfertigen Schemen der anderen Schatten, mit denen er durch den germanischen Schildwall gebrochen war. Es war nicht allzu schwierig gewesen, der Kommandeurder norðmenn hatte offenbar nicht mehr mit einem Gegenangriff von der Halbinsel gerechnet. Vor allem aber hatte er wohl nicht erwartet, dass Rushai und seine Schatten die Reserve und einen Großteil der verbliebenen Fomorer dafür opfern würden. Nur so hatte es ihnen gelingen können, das Isatal zu verlassen und in einem wahnwitzigen Lauf das Portal zu erreichen.
Eine Stunde lang hatte Rushai mit einer würgenden, lähmenden Angst gekämpft. Eine Stunde lang hatte er geglaubt, in eine perfekte Falle geraten zu sein. Nun konnte er endlich aufatmen – selbst wenn der Aufstand des Waldes mit dem Angriff der Germanen abgestimmt gewesen war, war dem Feind doch zumindest das Portal entgangen, das seinen Schatten die Flucht ermöglicht hatte.
Es dauerte nicht lange, um das Satellitentelefon zu finden, das Rushai hier in weiser Voraussicht zurückgelassen hatte. Die Nummer, die er wählte, gehörte zu Ashkarunas Hauptquartier in der Bergener Unterwelt.
Eine lange Zeit tutete das Freizeichen. Rushai begann zu fluchen, als er sich vorstellte, wie dieser faule Sack von Hansen auf der Couch in seinem Wachraum lag, sich Pornos reinzog und sich an den Eiern kratzte. Er versprach ihm bereits bitterste, süßeste Rache, doch dann fiel ihm auf, dass es selbst für einen faulen Diener bereits zu lange dauerte. Sicherheitshalber überprüfte er den Empfang des Geräts, doch der war ausgezeichnet. Schließlich, nach einer weiteren langen Wartephase, entschied er sich dazu, die Nummer des Stützpunktes in der Diskothek
Black Light
zu wählen.
Dieses Mal war belegt. Rushai stieß einen unterdrückten Fluch aus, widerstand dem Impuls, das Telefon im nahegelegenen See zu versenken, und wählte erneut.
Beim dritten Mal kam er schließlich durch.
»BLCC«, meldete sich der diensthabende Wachmann und meinte damit das
Black Light Command Center
, eine lächerliche Übertreibung, die Rushai selbst in guten Zeiten als nicht besonders geistreich empfunden
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