Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
hatte.
»Simon hier. Ist das A verfügbar?«
»Simon! Gott sei Dank! Hier ist die Hölle los, Simon!« Die Erleichterung war nicht zu überhören, selbst über die schlechte Qualität der Satellitenverbindung.
Rushai warf einen Blick in die Runde, wo sich mittlerweile ein gutes Dutzend Schatten eingefunden hatte, der Rest seines einst stolzen Schwarms. »Was ist los?«
»Simon, die Stadt brennt! Wir haben eine Flutwelle und Stromausfall! Die Unterwelt steht unter Wasser, in der Raffinerie spielen sie Dritter Weltkrieg, und das PCC meldet sich auch nicht mehr!« Das PCC meinte Ashkarunas Hauptquartier in der Unterwelt und stand für
Primary Command Center
, einen Begriff, den Rushai ebenso schwachsinnig fand wie das BLCC. »Ich weiß nicht, wie ich Ashkaruna erreichen kann!«
Rushai nickte. Merkwürdigerweise war seine Ruhe zurückgekehrt, seitdem er die Innenwelt hinter sich gelassen hatte. Obwohl noch immer wütend, hatte er sich zumindest wieder unter Kontrolle, selbst jetzt, wo eine Hiobsbotschaft die andere jagte. Immerhin wusste er nun, wohin der Dämon verschwunden war. »Okay. Rufe den Helikopterservice am Flughafen an. Sag ihnen:
›Three times, all in the dead of night, the raven flap’d his wing.‹
Wenn du dir das nicht merken kannst, schreib es dir auf!« Das Gedicht, oder besser, der Auszug des Gedichts, war natürlich Ashkarunas Idee gewesen, der Raben ja so liebte und nichts Besseres zu tun hatte, als sich schwer zu merkende Codephrasen auszudenken. »Organisiere einen Hubschrauber, je schneller desto besser, und schicke ihn zu mir. Ich gebe dir die Position. Hast du jetzt endlich etwas zu schreiben?«
»Ja, Simon, Moment …«
Rushai wartete ungeduldig. Die Hexergruppe, die Cintorix das Buch gestohlen hatte und auf dem Luftweg davongekommen war, hatte ihn auf die Idee gebracht, in Zukunft selbst einen Hubschrauber bereitstehen zu haben. Nachdem er die letzten zehn Jahre sehr gut ohne ausgekommen war, hätte er jedoch nicht geglaubt, ihn so bald schon gebrauchen zu können.
»Jetzt, Simon, ich bin so weit.«
»Gut.« Rushai diktierte ihm die Längen- und Breitengrade und nannte ihm zu guter Letzt auch noch den Namen des Sees, an dessen Ufer sich das Portal befand. »Sag ihnen, dass sie sich schicken sollen. Mach ihnen klar, dass das ein Notfall ist und dass sie das Doppelte von dem eigentlichen Preis bekommen. Wenn sie es vertrödeln, reiße ich ihnen höchstpersönlich den Arsch auf. Mach ihnen klar, dass ich es ernst meine!«
»Alles klar, Simon!«
»Und beeile dich! Sonst bist
du
fällig!« Damit legte Rushai auf.
Er sah sich kurz um, deutete dann auf einen der Berge. »Dort hinauf, dort kann uns der Hubschrauber schneller aufsammeln. Shirak-Tirak, du bleibst hier und bewachst das Portal. Töte alles, was hier durchkommt.«
»Etwa alleine?«, entfuhr es dem Jungschatten. Seine Flanke war blutig von einer etwas zu intensiven Begegnung mit einem magischen Speer, und auch ansonsten wirkte der Mann recht angegriffen.
»Warum nicht alleine?«, erwiderte Rushai. »Töte es, bevor es sich fertig materialisiert hat. Das solltest sogar du hinkriegen.«
»Und wenn es ein Schatten ist?«
Rushai packte den Jungschatten am Kinn. »Niemand hat gesagt, dass du so lange warten sollst, bis du das herausgefunden hast. Töte es. Klar?«
Angst huschte durch die Augen des Jungschatten. Er stammelte etwas Unverständliches und versuchte zu nicken.
»Gut. Los jetzt!«
Damit marschierten sie los, allen voran Rushai, der in seiner grimmigen Entschlossenheit neue Kraft gefunden hatte. Ashkaruna hatte ihn diese Nacht eine Stadt gekostet. Er würde nicht zulassen, dass ihn der Rabenlord eine weitere kosten würde.
Im Thronsaal der Queen war der Wasserpegel zu Mickeys Überraschung noch deutlich niedriger. Es gab offenbar keine Lüftungsschächte, die direkt in dem Raum endeten, zumindest sahMickey keine der Wasserfälle in den Raum stürzen. Auch war es deutlich ruhiger als vorhin noch im Hauptabschnitt des U-Bahn-Schachtes. Kniehoch stand die dunkle Brühe bisher, noch nicht hoch genug, um vor lauter Hast dumme Fehler zu begehen. Doch zu viel Zeit lassen konnte er sich ebenfalls nicht. Medicine Man hatte ihm versprochen, dass die Augentropfen eine Stunde halten würden. Danach wäre er wieder blind für Ashkarunas getarnte Geister.
Aber vorerst würde er sich still verhalten und weiter beobachten. Es fiel ihm nicht leicht, den natürlichen Bewegungsdrang der Körperratten zu unterdrücken, aber es
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