Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
die Rattentunnel huschen, um zu dem Schattenlord zu gelangen?
Wohl kaum!
Doch genauso wenig konnte er sich vorstellen, dass sich ein machtvoller Geist des Todes für Botendienste einspannen ließ.
Die Schnurrhaare seiner Körperratten begannen vor Aufregung zu vibrieren. Es waren keine Todesgeister! Es wäre so unlogisch, den Hundertfüßlergeist zu verwenden, wenn Ashkaruna daneben noch Todesgeister zur Verfügung hätte! Der Hundertfüßler war die einzige Gefahr, das eine Phantom, das er auszuschalten hatte.
Das war machbar. Mickey spannte sich an.
Es war Chaos. Überall um Keelin herum wurde geschossen und geschrien, das flackernde Licht der Brände und das Aufblitzen der Gewehrmündungen machten sie verrückt, und als Heilerin war sie bisher auch noch nicht gebraucht worden. Sie wusste nicht, warum sie hier war, sie wusste nicht, was sie hier tat, sie fühlte sich wie ein Spielball, der hin- und hergeworfen wurde, wie es den Soldaten um sie herum gefiel. Zweimal hatte sie als regenerierendeDruidin das Feuer auf sich ziehen sollen, um den Fallschirmjägern einen sauberen Schuss oder eine sichere Straßenüberquerung zu ermöglichen. Einmal war sie dabei getroffen worden, ein Steckschuss in den Oberschenkelknochen, der so höllisch geschmerzt hatte, dass sie sich kaum noch auf ihre Schmerzkontrolle hatte konzentrieren können.
Immerhin schien es Alistair nicht besser zu gehen. Der Gesichtstauscher trug wie sie Zivilkleidung, und zumindest ein einziges, kurzes Mal hatte sie durch seine Fassade blicken und sehen können, wie verwirrt selbst der sonst so ruhige Schotte war.
Die ersten Minuten des Angriffs waren hervorragend gelaufen, sie waren tief in die Raffinerie vorgedrungen. Keelin hatte schon an einen schnellen, unkomplizierten Erfolg zu glauben gewagt, doch dann war ihr Vormarsch ins Stocken geraten, als sich die Verteidigung zunehmend organisierte. Nun steckten sie fest, seit mindestens einer Viertelstunde ging es weder vor noch zurück. Wolfgang und eine Handvoll Soldaten waren irgendwo links von ihnen, hinter einem mittlerweile lichterloh brennenden Turm aus mattschwarzem Stahl, Tönnes und ein weiterer Trupp irgendwo rechts. Beide Gruppen wurden mit schwerem Feuer niedergehalten. Mit Keelin waren vier weitere Soldaten unter einem Mann namens Weidemann, die sich zusammen hinter dem Betonsockel eines niedrigen Gebäudes verschanzt hatten. Über ihnen befanden sich eiserne Rohrleitungen und verchromte Destillationstürme, von denen einer ebenfalls brannte und immer wieder brennende Flüssigkeit zu ihnen hinabtropfte. Einer der Soldaten kniete im brackigen Wasser und feuerte immer wieder mit seinem Gewehr, den Betonsockel als Deckung verwendend, der zweite stand über ihm und tat es ihm gleich, ein dritter stand etwas hinter ihnen und versuchte fluchend, die Ladehemmung seines Gewehrs zu beseitigen. Weidemann selbst war auf den Sockel gekrochen und mühte sich, mit einem Nachtsichtgerät etwas in dem Chaos zu erkennen.
Eine Explosion erschütterte einen Abfackler etwas tiefer in der Raffinerie. Wie ein Flammenwerfer versprühte der Turm brennendesGas zur Seite, bis er schließlich nur wenige Momente später in sich zusammenstürzte. Eine weitere, donnernde Explosion folgte.
»LOS, LOS, LOS!«, schrie irgendwo Wolfgang mit sich überschlagender Stimme.
Die beiden Soldaten vor ihr sprangen auf, rannten los. Keelin folgte ihnen dichtauf. Ihre Schritte plätscherten, als sie durch das mittlerweile nur noch kniehohe Wasser hetzte, vor sich die beiden Männer, geduckt, von den Feuern silhouettenhaft beleuchtet. Ein Gewehr hämmerte los, vollautomatisch, um sie herum zirpten und pfiffen Geschosse. Dann hörte sie plötzlich ein schmatzendes Geräusch, einer der Männer schrie gepresst, schlug der Länge nach ins Wasser. Sie war schon an ihm vorbei, angetrieben und gehetzt von dem noch immer anhaltenden Gewehrfeuer, bis sie realisierte, dass sie gerade an einem Verwundeten vorbeigerannt war. Sie hielt an, eilte zurück, aktivierte ihre Schmerzkontrolle und richtete sie auf den Soldaten. Ein Projektil durchschlug mit grausigem Geräusch ihre Schulter, doch sie hatte die Kraft noch immer aktiviert und schickte den eigenen Schmerz gleich hinterher in das Loch, in dem sie all das Leid vergrub, half dem Mann auf und rannte zurück in die Deckung, aus der sie gerade gekommen waren.
»Wo bist du verwundet?«, schrie sie in ihrem brüchigen Deutsch über den Gefechtslärm.
»Ich bin nicht verwundet«, rief der
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