Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
schaffte es nicht. Rushais Biss hatte eine Halsschlagader erwischt. Das Hirn des Rattenmenschen bekam nicht mehr genügend Blut. Es war nur noch eine Frage der Zeit, dass Mickey das Bewusstsein verlor.
Der Rattenmensch versuchte noch einmal aufzustehen, schaffte es dieses Mal tatsächlich. Sein Stand sah unsicher aus, doch Rushai fühlte sich selbst wackelig. Er war beeindruckt von der Zähigkeit der Ratte. Er verzog missgelaunt das Gesicht. Ein besserer Abschluss wäre gewesen, wenn Mickey liegen geblieben wäre. Doch er hatte bereits eine Idee, das Ende doch noch ansprechend zu gestalten.
Mickey hob
Angurvadel
an. Rushai schlug es ihm aus der Hand, trat ihn zu Boden. Der Rattenmensch fiel hart auf den Bauch. Mickey versuchte, sich herumzuwälzen, sein Gesicht aus dem Wasser zu halten, doch Rushai trat ihn zurück. Mickey grunzte vor Anstrengung.
»Es ist vorbei«, murmelte Rushai, als er die magische Klinge zum Stoß hob, das Heft mit beiden Händen fest umschlossen. »Es war eine gute Zusammenarbeit, Mickey. Aber jetzt ist es vorbei.«
Damit stieß er zu. Das Schwert zermalmte Mickeys Lendenwirbel, bohrte sich durch seinen Bauch und grub sich tief in den Boden. Der Rattenmensch spannte sich noch einmal an, versuchte noch einmal, herumzukommen, bemerkte, dass es nicht mehr möglich war, blieb liegen. Rushai sah, wie sich der Körper plötzlich entspannte, wie das Gesicht wieder unter Wasser fiel, wie sich zu Fäusten geballte Klauen öffneten. Langsam verwandelte sich der Rattenmensch, nahm im Sterben wieder menschliche Gestalt an.
Rushai taumelte zwei Schritte zurück, besah sich sein Werk. Eigentlich sah es ganz gut aus mit dem Schwert, dessen Parierstangen eine Art Kreuz bildeten. Wie ein Grabkreuz, nur dass das Grab fehlte. Beinahe christlich.
Zufrieden wandte er sich ab. Es war vorbei. Auch sein Lied war vorbei. Es war kein großes Lied, keine epochale Sinfonie, nur ein kleines Requiem auf einen toten Rattenmenschen. Immerhin.
Aber eigentlich hatte Rushai auch gar nichts anderes erwartet. Es war schließlich nur ein Rattenmensch.
»Ihr seid Euch sicher, dass das eine gute Idee ist?«, fragte Wolfgang und sprach damit Keelin aus voller Seele.
Uirolec nickte bedächtig. Er hatte einen kleinen Mäusekäfig aus seinem Rucksack hervorgezogen und hielt ein eisernes Beil parat, dessen Griff mit Mustern und Symbolen verziert war. Auf die linke Blattseite hatte er eine Linie gemalt, die der Spirale im Gesicht des Pikten ähnelten. Im Lichte der Fackeln, die Uirolec in den Boden gesteckt hatte, wirkte die Farbe eher schwarz als blau.
Keelin warf Wolfgang einen Blick zu. Der Jarl war angespannt bis zum Äußersten, fühlte sich in diesem blutgetränkten Gang offenbar keinen Deut wohler als sie. Er zitterte leicht, sein Hals war ein einziger verhärteter Muskelstrang, er hatte sogar aufgehört, den Kaugummi zu kauen, der in seinem Mund war. Offenbar hatte er seine gesteigerten Sinne aktiviert und lauschte in den Magiestrom.
Vielleicht rechnete er ebenso sehr mit einem Phantom wie sie.
Uirolec begann leise zu singen. Keelin sah sich nervös um. Nach Alistairs Tod hatte sie ihre Makarow wieder aufgesammelt und nachgeladen, doch die Vorstellung eines Phantoms, das sich hier mitten unter ihnen materialisierte, gab ihr ein Gefühl der Wehrlosigkeit. Eine Pistole würde ihr nicht viel weiterhelfen. Selbst Wolfgangs magischer Dolch wirkte beim Gedanken an ein Phantom mickrig.
Der Singsang des Pikten breitete sich im Korridor aus. Fallschirmjäger tauschten ominöse Blicke aus, offenbar waren manche von ihnen noch immer nicht überzeugt von all dem übernatürlichen Hokuspokus, selbst nach ihrer Begegnung mit dem Dämon nicht. Doch ob sie daran glaubten oder nicht, sie allehatten Angst. Ihnen allen war die Gefahr bewusst, selbst wenn ihnen nicht klar war, aus welcher Richtung sie drohte.
Das Singen wurde plötzlich lauter. Uirolec hatte die Augen geschlossen, tastete blind nach dem Käfig, öffnete den Eingang und packte nach der Maus, noch ehe sie an seiner Hand vorbei davonhuschen konnte. Sie quiekte laut und schrill, biss in seine Finger, doch der Druide schien es gar nicht zu spüren. Seine zweite Hand krabbelte wie eine Spinne zum Griff der Axt, die neben ihm lehnte.
Aus den Augenwinkeln bemerkte Keelin eine Bewegung. Als sie sich danach umdrehte, sah sie Tönnes, der mit verärgertem Gesichtsausdruck mittels Handsignalen seine Soldaten zur Wachsamkeit aufforderte. Sie drehte sich zurück zu Uirolec.
Der
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