Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
zu sehen.
»Ich habe auch davon geträumt, dass der dort«, dabei zeigte der junge Schwarze auf Spider, »mein neuer Vater wird. Deshalb bin ich ihm auch nicht böse.«
Mickeys erster Gedanke war,
Du trauerst deinen Eltern wohl nicht besonders nach, was?
, doch dann war es, als ob eine kalte Hand nach seinem Herz fasste. Wenn Spider Shakas Vaterfigur werden würde, konnte das nur bedeuten, dass der Albino bald eine Anführerposition innehätte.
Mickeys
Anführerposition. »Hast wohl schon deine Revolution geplant, was?«, fragte er Spider mit bitterer Stimme.
»Blödsinn!«, knurrte Spider verärgert. Komisch, irgendwie glaubte Mickey es ihm sogar.
»Und jetzt«, fuhr Shaka fort, »bist du auf der Suche nach einer Prinzessin.«
Mickey schüttelte irritiert den Kopf.
»Was für ein Quatsch!«, kommentierte Armstrong.
»Ihr sucht nach einer Prinzessin, weil eure Königin alt und krank ist.«
Mickey starrte den Jungen an wie ein Gespenst. Die Queen hatte erst kürzlich wieder eine Andeutung gemacht, die man durchaus in diese Richtung hätte interpretieren können. Doch noch bevor er etwas dazu sagen konnte, fügte Shaka hinzu: »Aber du wirst die Prinzessin bald finden.«
»Was? Wie? Wann?«
»Schon sehr bald.«
Mickeys Gedanken jagten sich im Kreis.
Die Queen ist krank? Eine Prinzessin?
Eines war verwirrender als das andere. Dazu die beunruhigende Information über Spider …
»Entschuldigung«, ätzte Armstrong aus dem Hintergrund. »Ich störe das Kaffeekränzchen zwar nur ungern, aber haben wir nicht einen Job zu erledigen? Ich habe keine Lust, in das bescheuerte Haus einzusteigen und in einen Hinterhalt eines dieser dämlichen Hexer zu geraten!« Er sah demonstrativ auf die Armbanduhr an seinem haarigen Handgelenk. »Ist sowieso schon viel zu viel Zeit vergangen.«
Armstrongs Tonfall war das Letzte, das Mickey jetzt noch brauchen konnte. »Also gut«, meinte er gereizt, »dann sehen wir zu, dass wir weiterkommen. Colt, du bleibst hier und passt auf den Jungen auf. Erzähle ihm ein bisschen etwas über uns und den Clan, aber halte dich oberflächlich und verwirre ihn nicht. Zeig ihm auf keinen Fall, wie man sich verwandelt. Wir sind hier tief in Feindesland und können es nicht brauchen, ihn den Rest der Nacht suchen zu müssen, nur weil seine Instinkte mit ihm durchgebrannt sind. Bleibt versteckt! Wenn ihr unsere Schattenfreunde seht, gebt euch bloß nicht zu erkennen. Mit denen reden wir noch früh genug. Alles klar?«
Colt nickte hastig.
»Gut. Dann los.«
Er kletterte zügig nach oben zur Straße. Es war mittlerweile so spät, dass es eigentlich schon wieder früh war, Åndalsnes war wie ausgestorben. Selbst die vereinzelten Autos, die vorhin noch von der E136 zu hören gewesen waren, fehlten nun. Sie eilten durch die dunklen Gassen, bis sie wieder an der Hecke angelangt waren. Mickey hatte die Kraft der verstärkten Sinne aktiviert, so dass er auch in seiner Menschgestalt besser hörte und sogar ein wenig Geruchsempfinden hatte. Seine Sicht war so scharf, als hätte die Morgendämmerung bereits eingesetzt. Sie sahen sich ein letztes Mal um, bevor sie durch den Durchgang in der Hecke den Garten betraten.
Mickey zog die USP. Diesmal zog er den Schlitten zurück, um sie durchzuladen. Die Waffe klackte dabei laut und beruhigend. »Spider, die Tür«, befahl er.
Der Albino zog eine Augenbraue nach oben. »Der Vordereingang? Nicht sehr rattenmäßig.«
»Sei still und mach die Tür auf.«
Spider zog die Tasche mit seinen Dietrichen aus dem Mantel und klappte sie auf. Mit einem skeptischen Blick auf das Schloss zog er den Spanner und zwei drahtige Haken hervor und machte sich an die Arbeit.
Es dauerte etwa fünf Minuten, fünf lange, angespannte Minuten, in denen Mickey nervös darauf wartete, dass die Hexer endlich ihre Falle zuschnappen ließen – oder dass schrille Polizeisirenen aufheulten, weil ein aufmerksamer Nachbar sie gesehen und die Polizei verständigt hatte. Doch es blieb alles ruhig, bis der Albino endlich aufstand und den Spanner herumdrehte. Oder es zumindest versuchte, denn das Werkzeug schien festzusitzen. »Was soll das denn?«, brummte Spider ärgerlich und griff zur Türklinke. Als er sie herunterdrückte, öffnete sie sich mit einem leisen Knacken.
»War wohl schon die ganze Zeit offen?«, fragte Armstrong mit einem gehässigen Unterton in der Stimme.
»Sehr komisch«, zischte Spider, seine Nerven mittlerweile ebenfalls blank gerieben.
»Ruhe jetzt!«, befahl Mickey und
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