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Schattenfreundin

Schattenfreundin

Titel: Schattenfreundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Drews
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Klaus und somit auch Tanja finanziell unterstützt hatte, warum sollte Tanja ihn dann umbringen? Vielleicht hatte er sich entschieden, die Zahlungen einzustellen … Und vielleicht hatte er diese Entscheidung mit dem Leben bezahlt …
    Inzwischen hatte sie Tecklenburg erreicht. Sie fuhr langsamer und sah sich nach einer Informationstafel um, wie es sie oft am Ortseingang gab. Dort könnte sie nachschauen, wo die Kastanienallee war. Kastanienallee 25. Das war die Adresse, die sie finden musste. Dort wartete Leo …
    Ein Traktor kam ihr entgegen. Sie hielt an, fuhr das Seitenfenster herunter und winkte dem Mann am Steuer zu.
    »Entschuldigung, ich suche die Kastanienallee 25. Wissen Sie, wo das ist?«
    »Meinen Sie das Behindertenheim?«, fragte der Mann.
    »Behindertenheim?« Katrin stutzte. »Ja, ja«, sagte sie schnell.
    »Fahren Sie bis zur nächsten Ampel, dort biegen Sie nach links ab, dann geht es immer geradeaus, ungefähr zwei Kilometer. Auf der rechten Seite liegt ein altes Kloster. Und genau da ist auch das Behindertenheim. Können Sie gar nicht verfehlen.«
    Katrin bedankte sich und fuhr los.
    Ein Behindertenheim? Die Polizei hatte irgendetwas von Diabetes gesagt. Aber konnte man daran so schwer erkrankt sein, dass man in einem Heim für Behinderte leben musste?
    Oder hatte sie womöglich doch die falsche Adresse? Sie bog links ab und fuhr wieder aus Tecklenburg hinaus. Schon bald erstreckten sich auf beiden Seiten riesige Flachsfelder, die in der Sonne strahlten wie Gold.
    Aber wenn es doch die richtige Adresse war? Wie sollte sie dann vorgehen?
    Als Erstes die Polizei informieren, sagte sie sich.
    Wenige Minuten später tauchte auf der rechten Seite ein düster und verlassen wirkender Gebäudekomplex auf. Das musste das Kloster sein. Gleich dahinter, ein Stück abseits der Straße, entdeckte Katrin mehrere moderne Flachdachbauten, die um einen großzügigen Park herum angeordnet waren.
    Ob sie hier richtig war? Langsam fuhr Katrin auf den Besucherparkplatz. Auf einmal hatte sie allen Mut verloren. Nein, hier würde sie Leo nicht finden. Niemals. Wie sollte Tanja hier unbemerkt einen kleinen Jungen festhalten?
    Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen. Sie kreuzte die Arme über dem Lenkrad und legte ihre Stirn darauf. Was sollte sie jetzt tun?
    Seit sie die Kontoauszüge mithilfe der Bankunterlagen entschlüsselt hatte und wusste, an wen die Barüberweisungen ihres Vaters gegangen waren, war sie voller Hoffnung gewesen. Sie hatte fest daran geglaubt, dass ihr Albtraum bald ein Ende haben würde. Und jetzt stand sie vor einem großen Heim. Über den Hof gingen weiß gekleidete Pfleger, Patienten schoben einen Rollator vor sich her oder saßen auf einer Bank in der Mittagssonne, überall war Leben, und Katrin musste einsehen, dass es der denkbar schlechteste Ort war, um einen kleinen Jungen zu verstecken.
    Erschrocken zuckte sie zusammen, als ihr Handy klingelte. Es war Kommissarin Schneidmann.
    »Wo sind Sie? Warum sind Sie nicht bei Ihrer Mutter? Ich stehe hier vorm Haus, weil ich die Praxisunterlagen abholen will.«
    »Ich habe in den Unterlagen meines Vaters Zahlungen gefunden, die einem gewissen Klaus Meyerhof zugeordnet werden können«, sagte Katrin.
    »Und was heißt das? Wo sind Sie jetzt?«
    Katrin zögerte. »Ich bin zu der Adresse gefahren.«
    » Was haben Sie gemacht?« Die Stimme der Beamtin überschlug sich. »Sie können doch nicht einfach … Das ist viel zu gefährlich!«
    »Aber es ist gar keine Privatadresse. Es handelt sich um ein Behindertenheim. Hier kann Tanja Leo niemals versteckt haben. Das würde man doch sofort merken …«
    »Okay. Sie unternehmen jetzt gar nichts mehr. Haben Sie mich verstanden? Sie bleiben im Wagen und warten auf uns. Mein Kollege und ich machen uns sofort auf den Weg. Wie lautet die Adresse?«
    »Kastanienallee 25. In Tecklenburg.«
    »Wir sind in einer halben Stunde bei Ihnen. Bis dahin rühren Sie sich nicht vom Fleck!«, sagte Charlotte Schneidmann streng.
    »Ja«, erwiderte Katrin leise und drückte ihr Handy aus.
    Seufzend lehnte sie sich zurück. Automatisch hob sie den linken Daumen zum Mund und knibbelte an der Nagelhaut, bis es zu bluten begann. Sie wickelte ein Tempotaschentuch um den Daumen und seufzte laut. Nein, sie konnte nicht länger in dem heißen Auto sitzen, sie musste aussteigen und sich bewegen, sonst würde sie noch verrückt.
    Sie stieg aus und sah sich um. Am Eingang zu dem weitläufigen Gelände stand ein kleines Pförtnerhaus. Sie

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