Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Titel: Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
Vom Netzwerk:
nahm die gleichen Gefühle bei ihm wahr, die er durchlebt hatte, als sie ausgezogen war, um Florilinde zu retten: Bewunderung, Entsetzen und Beschützerinstinkt. Was immer die Schattengeborenen ihm angetan hatten, er war nach wie vor Ishmael. Doch sie bekam keine Gelegenheit zu einem weiteren Austausch mit ihm. Durch ihn hörte sie die Frau sagen: ›Jetzt‹, und spürte, wie ihre Magie Ishmael umschloss und die Macht und Lebenskraft aus ihm heraussog. Er wehrte sich nicht. Telmaines Widerstand um seinetwillen kam dem hilflosen Picken und Flattern eines Spatzen gegen einen eierstehlenden Jungen gleich.
    ›Stören Sie nicht seine Konzentration‹, befahl eine Frau, deren Präsenz ihr bis dahin nicht bewusst gewesen war, da Ishmael und die Magierin, die ihn festhielt, sie ablenkten. Beim Klang dieser Stimme versteifte sich Ishmael. Er zuckte nicht zusammen und wand sich nicht – das würde er niemals tun – , aber er erinnerte sich, wie sie soeben ein Ungeheuer aus ihm gemacht hatte.
    Welche Macht diese Frau auch haben mochte, Telmaine würde sich ihr nicht beugen. ›Warum nicht? ‹
    ›Deswegen‹, antwortete die Frau. Für einen Augenblick dachte sie, sie versuchten erneut, sie zu heben und wegzutragen, aber dann wusste sie, wo sie dieses Gefühl schon einmal erlebt hatte – beim Kampf gegen den Schattengeborenen an Vladimers Bett, als er ihre Magie und Lebenskraft packte und begann, sie aus ihrem Körper zu ziehen. ›Ishmael!‹
    ›Närrin‹, sagte die andere und tat irgendetwas, um sie zu befreien. Ihre Magie vereinigte sich auf dramatische Weise wieder mit ihrem Körper, als sie auf hartem Boden aufschlug und keuchend liegen blieb. Benommen erhob sie sich und roch die rauchige, sonnengewärmte Luft der Bahnhofskuppel. Ihre Hüfte, ihre Schultern und eine Seite ihres Kopfes schmerzten. Die Gefährten saßen stumm und reglos da, den Blick Farquhar Broome zugewandt. Sie spürte die Magie, die sie miteinander verknüpfte und von der sie selbst ausgeschlossen war.
    Sie erhob sich in den weiten Stoffbahnen ihrer Röcke zuerst auf Ellbogen und Knie, dann auf Hände und Knie. Eine Dame kämpfte nicht, das war eine der frühesten Lektionen ihrer Kinderstube gewesen. Jeder Trieb, den sie als kleines, aufsässiges Mädchen dazu verspürt hatte, war ihr mit Stock und Scham ausgetrieben worden. Da man ihr die Mittel verwehrte, sich zu schützen – körperlich, gesetzlich und magisch – , scheute sie vor herrischen oder grausamen Männern zurück. Daher hatte sie nie gelernt zu kämpfen, genauso wie sie andere Dinge auch erst aus zweiter Hand gelernt hatte. Sie hätte gegen die Schattengeborenen verloren – ihre Magie, ihren Verstand und ihr Leben – , wäre Ishmael nicht gewesen. Sie würde ihn nicht im Stich lassen.
    Aber sie konnte nicht gegen seine Wärterin kämpfen und diesem schrecklichen Absaugen von Lebenskraft standhalten. Stattdessen griff sie nach Ishmaels Gegnern, jenen, die sie jenseits des zerstörten Herrenhauses von Stranhorne gespürt hatte. Eine Präsenz war so monströs wie die, die Ishmael zu ihrem Opfer auserkoren hatte, aber da war noch eine zweite und dritte; letztere gehörte dem Jungen, den sie in Minhorne kennengelernt und besiegt hatte. Das sollte ihr Hoffnung machen. Außerdem konnte sie die schwächere – zumindest im Vergleich zu ihnen – Präsenz des lichtgeborenen Tammorn spüren und nahm auch seine Verzweiflung wahr. Welchen Preis zahlte er gerade für das Bündnisangebot des Tempels?
    Niemand von ihnen achtete auf die geringeren Geschöpfe. Als große Dame unter Dienstboten kannte sie das ganz genau. Auf dem Boden hockend und wild grinsend nahm sie ihre Willenskraft und ihre Magie zusammen, dann zielte sie damit auf das ferne Trio.
    Brennt, sandte Telmaine über die Entfernung hinweg. BRENNT !
    Sie ergoss ihre Magie über die zwischen ihnen liegenden Kilometer an den Ort, an dem sich der Junge und seine Herrin befanden, und entzündete Matten, Vorhänge und Kleidung. Der Junge schrie vor Entsetzen. Sie spürte, wie die Magie der Frau unaufhaltsam aufwallte, um die Feuer zu löschen, so sehr Telmaine sie mit ihrer Lebenskraft und ihrem Willen auch nährte. Die Frau würde Tammorn damit töten. So mächtig er auch war, in dieser Gesellschaft war er der Schwächste. Um Ishmaels willen durfte sie jedoch nicht zaudern.
    Dann fielen die lichtgeborenen Magier über sie her und packten Isolde, Ishmael, Ariadne und Telmaine. Telmaines Röcke fingen Feuer, und Flammen züngelten an ihrem

Weitere Kostenlose Bücher