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Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Titel: Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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aus einer tief verwurzelten Gewohnheit um und überprüfte aus dem gleichen Grund die Menschen in seiner Nähe. Flüchtig bemerkte er die Komik, dass seine Reflexe selbst in solchen Situationen funktionierten. Diese Erheiterung teilte Telmaine nicht. Auf dem Boden hockte ein anderer Mann, wiegte Ariadne in seinen Armen und warf einen Peilruf zu ihm zurück. Er besaß Balthasars schmales Gesicht und auch seine feinen Züge, aber als er den Schaum von ihren Lippen wischte, zeigte sich in seiner Miene eine hilflose Wildheit, die Balthasars Gesicht gänzlich fremd war. Das musste Lysander Hearne sein. Aber die Frau, obwohl nach nachtgeborener Mode gekleidet, war durch und durch schattengeboren.
    Auf der anderen Seite drehte die ältere Frau den Kopf in Ishmaels Richtung. Telmaines Wahrnehmung von der Frau wurde von Ishmaels Wissen überlagert. Das war Isolde, die Tochter von Imogene – mit einer Ausnahme die letzte Überlebende dieser verfluchten Generation. Sie hatte die meisten ihrer Nachfahren bei dem Versuch getötet, einen weiteren Magier zu schaffen, der genauso mächtig war wie sie. Mit Ishmael hatte sie endlich Erfolg gehabt.
    ›Sie sollten am besten zurückkehren‹, sagte er zu Telmaine.
    ›Und Sie hier allein lassen? Niemals.‹
    Sie konnte spüren, wie er mit sich rang. Es wurde ihr mehr in Eindrücken als in Worten vermittelt, aber dadurch wirkte es umso stärker. Er hatte keine Hoffnung für sich selbst: Seine Macht entzog sich seiner Kontrolle, und selbst Isolde konnte sie nur mit knapper Not beherrschen. Er war nicht mehr als ein Reservoir, das Isolde anzapfen, und eine Waffe, mit der sie zielen konnte. Bevor Telmaine ihn berührt hatte, war er nicht einmal eine denkende Waffe gewesen. ›Sie brauchen mich, Ishmael.‹
    ›Wahrscheinlich wird es Sie umbringen, Telmaine.‹ Möglicherweise würde sie sich überanstrengen oder von den Lichtgeborenen oder den anderen Schattengeborenen getötet werden. Vielleicht würde auch ihre Lebenskraft von Isolde oder Ariadne bis auf den letzten Tropfen ausgesaugt werden … oder von Ishmael selbst.
    Aber er hatte in ihren Namen all die Liebe hineingelegt, die er ihr nie erklärt hatte. Sie mochte sich einreden, dass sie um Balthasars willen blieb, um ihrer Kinder, Sylvides Witwer und Sohn, sogar um Vladimers und des Erzherzogs willen. Das entsprach durchaus der Wahrheit, sollten sie diese Schlacht nicht wenden, würden sie alle leiden. Aber selbst wenn es niemand anderen gegeben hätte, wäre sie um seinetwillen geblieben.
    ›Ishmael?‹, fragte Farquhar Broome. ›Mein lieber Junge, können Sie mich hören?‹
    Telmaine spürte sein Zögern und antwortete an seiner Stelle. ›Wir können Sie hören.‹
    ›Meine liebe Dame … Das ist bewundernswert, aber nicht allzu klug. Sie wissen nicht, was Sie da tun.‹ Zum Glück für die Schicklichkeit ließ er ihr keine Gelegenheit, etwas darauf zu erwidern. ›Wir haben nun eine Übereinkunft mit den Lichtgeborenen getroffen, obwohl ich mir wünschte, das wäre früher passiert. Aber was immer Sie tun, Ihnen wird jede Hilfe zur Verfügung stehen, die wir geben können.‹
    ›Übermitteln Sie meinen Dank‹, sagte Ishmael, ›obwohl ich bezweifle, dass Sie viel tun können.‹
    ›Es muss etwas geben‹, erwiderte Telmaine. Unwillkürlich erinnerte sie sich an ihren Traum, an sein Gewehr mit den zwei Läufen, die in entgegengesetzte Richtungen zeigten, und spürte seine Reglosigkeit, als er einen Plan formte.
    ›Nein‹, beharrte sie entsetzt. ›Ishmael, es muss eine bessere Lösung geben.‹
    Sie spürte das unheimliche Gefühl einer Berührung, wie von einer warmen Hand, die ihr Gesicht streifte. ›Nicht das, aber … ‹
    Isolde sprach laut: »Noch einmal.«
    Vom Boden aus sagte Lysander Hearne: »Nein«, während sich Ariadne aus seiner Umarmung freikämpfte und sich auf die Knie aufrichtete.
    Isolde beachtete ihn nicht. Auch Ishmael reagierte und widersetzte sich nicht, als sich Isoldes Magie einmal mehr um seine Magie und Lebenskraft schlang. Telmaine bäumte sich zornig auf, aber Ishmael sagte: ›Warten Sie.‹
    ›Sie können doch nicht einfach … ‹
    ›Warten Sie.‹ Das war Ishmael der Schattenjäger und Veteran, besorgniserregend und beruhigend zugleich. Sie hatte ihm damals vertraut, sie musste ihm jetzt wieder vertrauen, auch wenn sie nicht den geringsten Wunsch verspürte, tatenlos dazusitzen, während Isolde seine Magie und Lebenskraft ausbluten ließ. Er sagte: ›Es muss zwischen ihnen

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