Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren
Begegnung. Ich habe den Verdacht, er könnte versuchen, eine Übereinkunft mit Vladimer auszuhandeln. Vermutlich könnten die beiden ziemlich gut miteinander auskommen.«
»Vladimer«, wiederholte Telmaine argwöhnisch. »Wie kommst du ausgerechnet auf ihn?«
»Der Erzherzog hat vor vier Tagen einen Befehl für Fürst Vladimers Verbannung unterzeichnet.«
»Das ist nicht gerecht!«
Balthasar belächelte ihren schnellen Umschwung. »Politisch gesehen war das wegen der Stimmung am lichtgeborenen Hof notwendig. Und wegen Sylvides Tod.« Sie kaute an ihrer Fingerspitze. Wie konnte sie Sylvide vergessen? Doch durch Vladimers öffentliche Verhandlung und Bestrafung – vielleicht sogar seine Hinrichtung – würde … was erreicht werden?
Politik, dachte sie. Seit wann waren Angelegenheiten, die sie verschmäht hatte, weil sie sich für eine Dame nicht schickten, zu etwas geworden, das über das Schicksal der Menschen entschied, die ihr am Herzen lagen? Ungewollt, in manchen Fällen.
Balthasar sprach nachdenklich weiter: »Ich vermute auch, dass Sejanus diese Verbannung dazu benutzt, um Vladimer in Atholaya zu positionieren. Ferdenzil Mycene interessiert sich gewiss für ausgewählte Gebiete dort, obwohl der Erzherzog das vielleicht lieber sieht als sein Interesse an den Inseln. Aber ich glaube, seine Beziehung zu den Stranhornes wird nicht dieselbe sein wie zuvor, was nur gut ist.«
»Glaubst du, Mycene wird Lavender heiraten? Sie schienen gut miteinander auszukommen … am Bahnknoten von Stranhorne.« Wenn sie zugab, dass sie dies aus einem Streit und aus Lavenders Sorge wegen Mycenes Trauer geschlussfolgert hatte, würde er sie auslachen. Zumindest hoffte sie, dass er das tun würde. Und sie hoffte, dass er immer noch Lachen konnte.
»Es ist noch zu früh, um das zu sagen«, erwiderte Balthasar. »Mycene ist erst vor einer Woche in die Stadt zurückgekehrt, um die Angelegenheiten seines Vaters zu regeln. Er hat den Stranhornes geholfen, mit den Überlebenden der schattengeborenen Armee fertigzuwerden.« Seine Miene wurde plötzlich starr und gehetzt – woran erinnerte er sich? Sie dachte an das, was sie während seines Berichts, er sei in die Grenzlande gegangen, um sie zu suchen, gespürt hatte. Er hatte sie zwischen Toten, Besinnungslosen und grässlich Mutierten gefunden.
Sie schluckte. »Ich … Könnten sie zurückverwandelt werden?«
»Nicht, ohne dabei zu sterben«, sagte Balthasar trostlos.
Er atmete ein und fuhr mit einer Selbstbeherrschung fort, die sie allmählich unheimlich fand. »Die Magier interessieren sich ebenfalls für diese Gebiete, obwohl Prinz Fejelis mit Eifer daran arbeitet, den Tempel daran zu hindern, aus Minhorne wegzugehen. Sie fühlen sich angreifbar, denke ich, und … « Er riss sich zusammen und ließ diesen Gedanken unausgesprochen. Vorläufig, beschloss sie. »Ich denke, langfristig hätte Sejanus gern Vladimer als Gouverneur für die nachtgeborene Seite des Gebiets.«
»Du gehst ja plötzlich sehr locker mit dem Namen des Erzherzogs um«, bemerkte sie.
»Ich habe ihn besser kennengelernt. Er ist ein guter Mann. Er bat mich, dir seine Entschuldigung für alles auszurichten, was du seinetwegen durchmachen musstest, und seinen Dank für alles, was du getan hast. Natürlich wird er dir seinen Dank noch persönlich und in aller Öffentlichkeit übermitteln, sobald du ganz wiederhergestellt bist.«
»Ich verzeihe ihm, was er mir angetan hat, aber nicht, was er dir angetan hat. Er hätte dir sofort sagen müssen, dass er mich nicht hinrichten ließ.«
»Unter den gegebenen Umständen wusste er nicht, ob Vladimer tatsächlich seine Befehle ausgeführt hatte. Was hätte er also sagen können? Dass er versucht hat, dich zu retten, es aber leider schiefgegangen ist?«
Es hatte offensichtlich keinen Sinn, mit ihm darüber zu streiten, aber sie würde die Angelegenheit mit Sejanus Plantageter ausfechten. »Dieser Posten als Gesandter«, hakte sie nach, »ist das der Grund für die Verhexung an dir?«
»Ja«, bestätigte er. »Besiegelt durch einen Vertrag mit dem lichtgeborenen Tempel, dem ersten, der jemals zwischen Nacht- und Lichtgeborenen vereinbart wurde. Wie viel weißt du über das, was in Stranhorne passiert ist, und über Sebastien … «
»Ich weiß, dass du ihn besiegt hast«, antwortete sie grimmig. »Ich weiß, dass du dich selbst befreit und den Erzherzog gerettet hast. Das ist alles, was ich wissen muss.« Sie wusste, das war lächerlich von ihr, denn wenn sie das
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