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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Kohlen waren über Nacht erloschen. Er streute Zunder und Anmachholz auf die Asche und ergriff einen Feuerstein aus dem Gefäß neben dem Kamin. Mit ausdruckslosem Blick starrte er in die aufkeimenden Flammen und versuchte, seiner durcheinanderwirbelnden Gedanken Herr zu werden.
    »Weißt du, von hinten sieht dein Kopf wie ein gerupftes Stachelschwein aus«, meinte Seregil, als er endlich aus seinem Zimmer kam. Er fuhr Alec durch das zerzauste Haar und ließ sich in seinen Lieblingsstuhl neben dem Kamin sinken.
    Alec zeigte sich keineswegs belustigt. »Du ziehst allein los, richtig?«
    »Nur ein paar Tage.«
    In Seregils Stimme schwang eine Zurückhaltung mit, die Alec ganz und gar nicht gefiel. »Du meinst, um einen Auftrag auszuführen?«
    »Das darf ich dir leider nicht sagen.«
    Alec musterte die Züge seines Freundes. Bei eingehenderer Betrachtung stellte er fest, daß Seregil ziemlich blaß wirkte.
    »Hat das etwas mit meinem Patzer letzte Nacht zu tun? Du hast doch gesagt …«
    »Nein, natürlich nicht. Es geht um etwas, worüber ich mit niemandem sprechen darf.«
    »Warum nicht?« wollte der Junge wissen, zu dessen Enttäuschung sich nunmehr hartnäckige Neugier gesellte.
    Entschuldigend breitete Seregil die Arme aus. »Glaub mir, es hat nichts mit dir zu tun. Und spar dir die Mühe, weiterzubohren.«
    »Es geht um etwas, das du für Nysander erledigen mußt, nicht wahr?«
    Ungerührt musterte Seregil seinen jungen Freund. »Du mußt versprechen, mir nicht zu folgen, wenn ich losreite.«
    Alec spielte mit dem Gedanken, weitere Einwände vorzubringen, dann jedoch nickte er mürrisch. »Wann bist du zurück?«
    »Ich hoffe in ein paar Tagen. Inzwischen mußt du dich um diese Dokumentensache von Baron Orante kümmern, und um alles weitere, was hereinkommt und nach einer Aufgabe für einen Mann aussieht. Außerdem stehen die Vorbereitungen für die Nacht der Trauer an, falls ich nicht rechtzeitig zurück bin.«
    »Nicht rechtzeitig zurück?« brauste Alec auf. »Bis dahin ist es nur noch eine Woche, und du veranstaltest in der Nacht doch ein Fest in der Radstraße.«
    »Wir veranstalten ein Fest«, verbesserte ihn Seregil. »Mach dir keine Sorgen. Runcer trifft alle nötigen Vorkehrungen, und bis dahin sind Micum und seine Familie auch schon hier. Du brauchst nur den Gastgeber zu spielen. Erinnerst du dich noch an Lady Kylith, die Frau, mit der du in unserer ersten Nacht hier getanzt hast?«
    »Neben der wir bei den Feierlichkeiten zur Nacht der Trauer sitzen?«
    »Genau. Sie wird ein Auge auf deine gesellschaftlichen Umgangsformen haben.«
    »Trotzdem werden sich die Leute nach dir erkundigen.«
    »Du verbreitest einfach, daß sich Lord Seregil nach wie vor andernorts von den Schrecken seiner Gefangenschaft erholt. Wenn dich jemand fragt, sagst du schlicht, ich hätte mich verspätet. Nun mach doch ein fröhlicheres Gesicht, Alec. Die Aussichten sind gut, daß ich ohnehin leicht früh genug zurückkomme.«
    »Dieser geheime Auftrag – ist er gefährlich?«
    Seregil zuckte mit den Schultern. »Haben wir schon mal etwas gemacht, das ungefährlich war? Genaueres erfahre ich selbst erst, wenn ich schon mittendrin stecke.«
    »Wann brichst du auf?«
    »Sobald ich etwas gegessen habe. Und jetzt zieh dich an, dann frühstücken wir unten.«
     
    Als sie durch die Vorratskammer die Küche betraten, stieg Alec der Duft von frisch gebackenem Brot in die Nase.
    Der täglich zur Frühstückszeit herrschende Tumult war vorüber. Ein Küchenjunge wischte die zerkratzten Arbeitsflächen sauber, während Cilla in einem Topf den kleinen Luthas badete. Die alte Thryis saß am Ofen und schälte Rüben. Zum Schutz gegen die Feuchtigkeit hatte sie sich ein Umhängetuch über die Schultern gelegt.
    »Da seid ihr ja endlich«, begrüßte die alte Frau die beiden, wenngleich sie Seregil ohnehin selten vor Mittag zu Gesicht bekam. »Auf dem Kamineinsatz steht Tee, und unter dem Tuch da liegen frische Brötchen. Cilla hat sie erst heute morgen gebacken.«
    »Und wie geht’s diesem kleinen Kerl heute?« Seregil lächelte und streckte dem Säugling einen Finger entgegen. Sogleich ergriff ihn Luthas und steckte ihn in den Mund.
    »Oh, er ist ganz schön lebhaft«, antwortete Cilla, die ziemlich blaß um die Nase wirkte. »Er bekommt gerade einen Zahn, und das hält uns alle die ganze Nacht wach.«
    Alec schüttelte den Kopf. Im einen Augenblick sprach Seregil über geheimnisvolle Reisen, im nächsten spielte er für einen Säugling den

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