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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Menschen war ein Ortswechselzauber so, als gingen sie von einem Zimmer in ein anderes, für Seregil hingegen so, als würde er in einen gräßlichen, schwarzen Strudel gezogen.
    Diesmal schien der Wirbel kein Ende zu nehmen, der ihn in undurchdringlicher Dunkelheit hin und her schleuderte. Dann stürzte er urplötzlich in eisklare Helligkeit und versank bis zu den Hüften in einer Schneewächte.
    Darin gefangen, beugte er sich vor und erbrach sein karges Frühstück. Nachdem die Krämpfe nachgelassen hatten, kämpfte er sich mühsam frei und kroch von dem dampfenden Brei weg. Er ließ sich auf den Rücken plumpsen, bedeckte mit einem Arm die Augen und lag ganz ruhig, während sich die Welt auf übelkeitserregende Weise um ihn drehte. Der Wind strich über ihn hinweg und hauchte ihm winzige Eiskristalle auf die Lippen. Nach einer Weile rollte er sich auf den Bauch, würgte abermals und wischte sich danach den Mund mit einer Handvoll Schnee sauber.
    Wenigstens zielt Nysander gut, dachte er, als er sich umsah.
    Der Gletscher befand sich in einem steilen Tal. An seinem ein paar Meilen entfernten Beginn ragten zwei Gipfel höher als der Rest auf und bildeten einen schmalen Paß. Diesen Gipfeln verdankte das Tal den Namen, an den Seregil sich erinnert hatte. Die weiße Umgebung widerspiegelte das schräg einfallende Sonnenlicht so gleißend und grell, daß seine Augen zu tränen anfingen. Eiswellen, die der Wind aus dem festgefrorenen Schnee gescheuert hatte, ragten glitzernd aus dem frischen Pulverschnee auf und warfen Schatten so blau wie der Himmel über Seregil.
    Seine dicke Außenbekleidung hielt zwar die schlimmste Kälte ab, Nase und Wangen jedoch ertaubten bereits. Bei jedem Hauch gefror sein Atem und setzte sich als funkelnder Rauhreif auf der Pelzborte des Umhangs ab. Er packte die Schneeschuhe aus, überprüfte sie auf Beschädigungen und befestigte sie rasch an den Stiefeln. Die wulstigen Handschuhe behinderten ihn dabei, doch selbst sie kurz auszuziehen, wäre einer regelrechten Einladung an Frostbeulen gleichgekommen.
    Mit nunmehr sichereren Schritten stapfte er über den Schnee auf eine nahegelegene Anhöhe zu, um sich zu orientieren. Jeder, der seine Spuren zurückverfolgte, würde feststellen, daß er mehr oder weniger vom Himmel gefallen war, doch das ließ sich nicht vermeiden; aber schließlich trat er ohnehin als Zauberer auf.
    Von der Anhöhe aus erblickte er dünne Rauchsäulen, die aus einem wenige Meilen entfernt auf dem Westhang gelegenem Dorf aufstiegen. Weiter unten im Tal konnte er noch ein zweites Dorf erkennen. Da sich aber das erste näher an den »Steinhörnern« befand, ging er in Richtung Westen.
    Ihm war immer noch übel, und die dünne, schneidende Luft brannte in den Lungen und ließ kleine, schwarze Pünktchen vor seinen Augen tanzen. Mit gleichmäßigen Schritten marschierte er weiter, bis er auf einen Pfad stieß, der auf das Dorf zuführte. Seregil war noch etwa eine halbe Meile davon entfernt, als ein Rudel Kinder und Hunde auftauchte und ihm entgegenrannte.
    Seregil blieb stehen, stützte sich auf den Schneestock und grinste erleichtert. Bei den wenigen Menschen, die der Dravnier Gastfreundschaft erfahren hatten, galt sie als sagenhaft. Bewohner eines Nachbardorfes wurden wie Familienmitglieder behandelt, was sie oft auch waren. Jeder, der von jenseits der Gipfel kam, die den Lebensraum der Dravnier begrenzten, wurde als waschechtes Wunder angesehen. Wahrscheinlich schlachtete man ihm zu Ehren im Dorf bereits Ziegen.
    »Darf ich euer Dorf besuchen?« fragte er auf Dravnisch, als sich die Kinder aufgeregt um ihn scharten.
    Lachend nahmen sie ihm das Gepäck ab und führten ihn weiter. Hunde kläfften, Ziegen und Schafe blökten in ihren Pferchen. Die Dorfbewohner jubelten ihm wie einem heimgekehrten Helden zu.
    Die kleine Ansiedlung bestand aus einem Häufchen schlichter Türme, zweigeschossigen Bauwerken aus Stein mit konischen Filzdächern. Die Eingangstüren befanden sich im Obergeschoß und waren über Rampen erreichbar, wenn der Schnee nicht ohnehin bis an die Türschwelle reichte. In der Mitte des Dorfes ragte ein Turm auf, der breiter war als die übrigen. Eine beachtliche Menschenmenge hatte sich bereits versammelt und hoffte, einen Blick auf den Neuankömmling zu erhaschen.
    Die Dravnier verkörperten ein Volk kleinwüchsiger, gedrungener Menschen mit mandelförmigen Augen und sprödem, dunklem Haar, das sie mit reichlich Öl nach hinten gestrichen trugen. Ein paar von

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