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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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einer Weile bemerkte sie, dass das Pulsieren hinter ihren Augen beinahe verschwunden war.
    »Das ist wirklich ein beachtliches Gebräu!«, stellte sie fest und schnupperte an dem Flakon. »Ich hätte nichts dagegen, wenn ich etwas von dem Zeug für die anderen bereithalten könnte. Feldwebel Braknil kümmert sich auf dem Feld zumeist um unsere Kranken und Verwundeten, wenn kein Drysier in der Nähe ist.«
    »Ich werde dafür sorgen, dass er das Rezept bekommt.« Nyal erhob sich, um seiner Wege zu gehen, blieb aber dann stehen und betrachtete sie kritisch. »Heute geht kaum ein Luftzug. Vielleicht würde Euch ein Spaziergang wohltun. Ich könnte Euch ein bisschen in der Stadt herumführen, ehe es anfängt zu regnen. Es gibt noch so viel, was Ihr nicht gesehen habt.«
    Es wäre ein Leichtes gewesen, sich einfach hinter Krankheit zu verstecken. Stattdessen warf sie ihr Haar zurück und folgte ihm hinaus, nicht ohne sich darauf herauszureden, dass es als Anführerin der Leibwache Klias ihre Pflicht war, sich mit ihrer Umgebung vertraut zu machen.
    Zu Fuß machten sie sich auf den Weg, während der Donner immer näher über das Tal hallte. Nyal wandte sich nach Süden und zeigte ihr unterwegs die Tupas der verschiedenen unbedeutenderen Clans. Er schien über alle wenigstens ein bisschen zu wissen und unterhielt sie auf ihrem Weg mit der einen oder anderen amüsanten Anekdote. Als sie die Außenbezirke der Akhendi-Tupa erreichten, war sie versucht, ihn nach der Frau des Khirnari zu fragen, doch sie unterdrückte ihre Neugier.
    Der größte Teil der Stadt war unbewohnt, und je weiter sie sich vom Zentrum entfernten, desto überwucherter zeigten sich die Straßen. Hier wuchs das Gras ungehindert, und in die Mauerecken offener Fensteröffnungen hatten Schwalben ihre Nester gebaut.
    Für Beka sah eine Straße wie die andere aus, aber Nyal schien dennoch ein bestimmtes Ziel vor Augen zu haben. Dies, so sollte sich herausstellen, war ein verlassener Bezirk im südlichen Teil der Stadt, ein Ort, stiller und merkwürdiger als alles, was sie bisher gesehen hatte.
    »Ich denke, Ihr werdet Euch wohlfühlen«, stellte er schließlich fest, während er sie eine breite Straße hinabführte, auf der kleine Sträucher jedes Stück freien Bodens für sich erobert hatten.
    Sie sah sich nervös um. »Eigentlich dachte ich, ich würde mich an das sonderbare Gefühl gewöhnen, dass Sarikali in mir auslöst, aber hier ist es noch stärker.«
    »Wir nennen diesen Ort die ›Verwunschene Stadt‹«, antwortete Nyal. »Die Magie ist hier anders. Könnt Ihr sie fühlen?«
    »Ich fühle etwas.« Ob es nun die Magie des Ortes war oder das herannahende Unwetter oder die gelegentliche Berührung seines Arms, plötzlich fühlte sie sich rastlos und erhitzt. Sie hielt inne und zog sich die Tunika über den Kopf, ohne sich darum zu scheren, dass das lockere Leinenhemd darunter mit Schweiß- und Rostflecken überzogen war. Sie löste es aus ihrem Hosenbund und öffnete die Verschnürung des Kragens, um sich die Haut in der auflebenden Brise zu kühlen. Wie die meisten weiblichen Soldaten hielt sie sich nicht damit auf, ihre Brüste zu umwickeln, wenn sie nicht ins Feld zog. Als sie ihm einen kurzen Blick zuwarf, sah sie ein rätselhaftes Lächeln auf seinen Lippen und wusste, dass seine Aufmerksamkeit ganz ihr gehörte. Nun, da sie mit ihm allein war, musste sie sich eingestehen, dass ihr dieser Umstand gefiel.
    »Dies ist ein ganz besonderer Ort«, fuhr er fort. »Die Bash’wai, die hier gelebt haben, sind eines Tages einfach fortgegangen und haben alles, was sie besaßen, zurückgelassen.«
    Sie betraten eines der Häuser und kamen durch eine verlassene Galerie zu einem Innenhof mit einem Springbrunnen. Ein steinerner Tisch neben dem lauberstickten Bassin war noch für sechs Personen eingedeckt, komplett mit Tassen und gesprungenen Tellern aus zartem roten Porzellan. In der Mitte stand ein angelaufener Silberkrug, in dessen Innerem noch immer die angetrocknete Neige des Rotweins zu sehen war, der schon vor unendlich vielen Jahren verdunstet sein musste. Jenseits des Hofes entdeckte sie ein Schlafzimmer. Die Möbel waren vom Alter mürbe, aber auf einem mit Schnitzereien verzierten Holztablett auf einer Truhe lag noch eine ganze Kollektion juwelenbesetzten Goldschmucks, als hätte die Frau, der er gehörte, ihn nur kurz abgelegt, um ein Bad zu nehmen.
    »Wie kommt es, dass nicht alles gestohlen wurde?«, fragte Beka, während sie eine Brosche

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