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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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sich von der Eingangstür fortzubewegen. »Lord Torsin wurde tot aufgefunden.«
    »Aufgefunden?« Seregil sprang förmlich aus der Wanne und griff nach einem Handtuch. »Wo?«
    Theros Augen weiteten sich merklich, als er Seregils zerschundenen Leib wahrnahm. Glücklicherweise ging er jedoch nicht darauf ein. »Am Vhadäsoori. Einige Bry’kha …«
    »Beim strahlenden Licht!«, zischte Seregil. Das Letzte, was Klia oder die Verhandlungen jetzt vertragen konnten, war ein weiterer Todesfall. »Weiß irgendjemand, wann er heute Morgen fortgegangen ist?«
    »Ich hatte noch keine Zeit, mich danach zu erkundigen.«
    Seregil schlüpfte in Kniehosen und Stiefel, wobei er in der Eile ungeschickt auf einem Fuß herumhüpfte. »Wer auch immer ihn gefunden hat, sag ihm, er darf nicht bewegt werden!«
    »Ich fürchte, dafür ist es zu spät. Die Frau, die uns benachrichtigt hat, sagte, ihre Angehörigen seien bereits mit der Leiche auf dem Weg hierher. Sie müssten jeden Moment eintreffen.«
    »Bei Bilairys Eiern!« Seregil warf sich seinen Umhang über die Schultern und folgte Thero hinaus.
    Der Klang lauter Stimmen begleitete sie auf dem Weg zur Empfangshalle. Eine Bry’kha in mittleren Jahren war gerade zusammen mit zwei Jugendlichen eingetroffen, die den in einen Mantel gehüllten Leichnam auf einem Fensterladen hergetragen hatten. Die schaurige Art, wie sich der Körper unter dem provisorischen Leichentuch abzeichnete, verriet, dass Torsin nicht gerade friedlich gestorben war. Die Bry’kha, die von Feldwebel Rhylin und vier Reitersoldaten eskortiert wurden, legten ihre Behelfstrage in der Mitte des Raumes ab. Dann stellte sich die Frau als Alia ä Makina vor. Die jungen Männer waren ihre Söhne.
    »Das habe ich am Boden neben ihm gefunden«, sagte einer der Jungen und überreichte Seregil ein blutverschmiertes Taschentuch.
    »Danke. Feldwebel Rhylin, stellt Wachen an den Außentüren auf und schickt jemanden, der meiner Schwester berichtet, was geschehen ist.« Damit wandte er sich wieder den Bry’kha zu. »Wenn ich Euch bitten dürfte, noch einen Augenblick zu bleiben.«
    Ein willkommenes Gefühl losgelöster Distanz ergriff Besitz von Seregil, als er neben der Trage niederkniete. In seinem Geist war der leblose Körper längst zu einem Puzzle geworden, das es zu lösen galt.
    Als er den Mantel weggezogen hatte, sah er, dass Torsin auf dem Rücken lag, die Knie angezogen und nach links weggedreht, den rechten Arm steif über den Kopf gestreckt. Bleich und geschwollen schimmerte seine geöffnete Hand unter einer Schicht getrockneten Schlamms, während die linke Hand krampfhaft an die Brust gepresst lag. Die Robe hatte Torsin schon am Vorabend getragen, doch nun war sie feucht und schmutzig. Abgerissene Grashalme hatten sich in den Gliedern der schweren Goldkette und im Haar des Mannes verheddert.
    Jemand hatte sein Gesicht mit einem Lappen umwickelt, durch den in der Nähe des Mundes schwarzes Blut gesickert war. Auch an der Vorderseite seines Mantels und dem Rücken der Hand, die verkrümmt auf seiner Brust ruhte, klebte Blut.
    »Beim strahlenden Licht! Man hat ihm die Kehle durchgeschnitten.«
    Seregil untersuchte den Hals unter dem krampfhaft angezogenen Kinn. »Nein, sein Hals ist unversehrt.«
    Er zog den Lappen vom Gesicht des Toten, und in seinem Geist nahm eine neue Überzeugung langsam Gestalt an. Lippen, Kinn und Bart waren mit Gras und Erde beschmutzt und blutverschmiert. Der Tod hatte die würdevollen Züge grauenhaft verzerrt, und Insekten hatten sich bereits an seinen geöffneten Augen und in seinem ebenfalls offenen Mund gütlich getan. Die linke Seite seines Kopfes hatte sich fleckig purpurn verfärbt und war übersät von kleinen Schnittwunden, während der Rest des Gesichts eine bleierne Farbe angenommen hatte.
    Thero atmete geräuschvoll ein und schlug ein Schutzzeichen in die Luft.
    »Das ist nicht nötig«, sagte Seregil. Er hatte schon mehr Leichen gesehen, als ihm lieb sein konnte, und er kannte die Zeichen des Todes so gut wie das Alphabet. Er drückte eine Fingerspitze gegen die bläulich verfärbte Wange und ließ wieder los. »Diese Seite seines Kopfes hat am Boden gelegen. Es liegt an dem Blut, das sich nach seinem Tod dort abgesetzt hat, dass seine Haut so verfärbt ist. Wie hier an der Unterseite seiner Arme und seines Halses, siehst du?« Erneut drückte er einen Finger gegen die dunklen Hautstellen, und es geschah gar nichts, außer dass sich seine Fingerspitze weiß verfärbte.
    Nun

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