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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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an. Sie ist zerkratzt und schmutzig. Torsin wäre aber niemals mit dreckigen Schuhen zu dem Bankett gegangen; also muss es passiert sein, nachdem er das Fest verlassen hat. Siehst du, wie schmutzig die Vorderseite seiner Robe an Knien und Armen ist? Er muss auf dem Weg zum Wasser mindestens zweimal gestürzt sein, trotzdem war er noch so geistesgegenwärtig, die Schale zu benutzen, statt das Wasser mit den Händen zu schöpfen. Er war krank, das wissen wir, trotzdem glaube ich, der Tod hat ihn dort am Ufer unerwartet überrascht.«
    »Und seine verzerrte Haltung?«
    »Sie sieht auf den ersten Blick nicht nach einem normalen Todeskampf aus, falls du das meinst. Er ist zusammengebrochen und auf die Seite gefallen. Die Leichenstarre hat seine Glieder in dieser Haltung erstarren lassen. Das Ergebnis sieht arg schaurig aus, so viel steht fest, aber tatsächlich ist daran nichts Ungewöhnliches. Trotzdem möchte ich den Fundort der Leiche begutachten.«
    »Wir können ihn doch nicht einfach hier liegen lassen.«
    »Sag den Dienern, sie sollen ihn hinauftragen.«
    Thero blickte auf seine beschmutzten Hände herab und seufzte. »Erst Idrilain und jetzt er. Der Tod scheint uns zu verfolgen.«
    Seregil seufzte ebenfalls. »Sie waren beide alt und krank. Hoffen wir, Bilairy hat für eine Weile genug von uns über seine Schwelle gezogen.«
     
    Adzriel traf im Gästehaus ein, als Seregil und Thero gerade zum Vhadäsoori aufbrechen wollten.
    »Kheeta hat mich informiert. Armer Lord Torsin!«, rief sie. »Er wird sicher sehr vermisst werden. Denkst du, es wird eine neue Trauerzeit geben?«
    »Daran zweifle ich«, entgegnete Seregil. »Er war kein Verwandter der königlichen Familie.«
    »Wahrscheinlich ist es besser so«, stellte sie nachdenklich und trotz aller Trauer pragmatisch fest. »Wie die Dinge liegen, steht es so oder so schon nicht gut um die Verhandlungen.«
    »Wir wollen uns die Stelle ansehen, an der er gefunden wurde. Möchtest du uns begleiten?«
    »Vielleicht sollte ich das tun.«
     
    Als sie den heiligen See erreichten, stand die Sonne schon über den höchsten Türmen von Sarikali. Bestürzt stellte Seregil fest, dass sich bereits eine Menge Schaulustiger um den Steinkreis versammelt hatte. Innerhalb des Kreises stand der alte Brythir í Nien zusammen mit Lhaär ä Iriel und Ulan í Sathil neben der Schale Auras. Mehr als die beiden anderen machte der Virésse einen überaus bestürzten Eindruck.
    Du willst wohl herausfinden, woher der Wind weht, jetzt, da dein bester Handlanger weg ist, dachte Seregil.
    »Wartet bitte einen Augenblick hier«, bat er Adzriel und Thero. »Hier sind schon mehr als genug Leute herumgetrampelt.«
    Der Sockel der Säule und Ulans Haus dienten Seregil als Orientierungspunkte, als er, beginnend mit den steinernen Statuen, langsam die Strecke abging, die Torsin aller Wahrscheinlichkeit nach gegangen war.
    In der vergangenen Nacht hatte sich viel Tau niedergeschlagen, und das Gras war immer noch feucht.
    Hier und dort entdeckte Seregil von Tau bedeckte Spuren, die er für Abdrücke skalanischer Schuhe hielt. Die Absätze hinterließen tiefere Eindrücke als die flachen Schuhe, die die Faie bevorzugten, und die unregelmäßigen Abstände und die gelegentlichen Riefen im Rasen passten zu einem alten Mann, der sich auf unsicheren Beinen fortbewegt hatte.
    Gewiss hätte er mehr eindeutige Spuren gefunden, wären seine wohlmeinenden Vorgänger in ihrem Eifer nicht über das Gebiet hinweggetrampelt. Selbst Micum wäre es schwer gefallen, diesem Chaos noch irgendeinen Sinn abzuringen, wie Seregil vor unterdrückten Zorn innerlich schäumend feststellte.
    Dennoch wurde seine Hartnäckigkeit zumindest teilweise belohnt. Am Ufer entdeckte er vier lange Kratzspuren, wie sie zugreifende Finger hinterließen. Ein Fleck, am dem das Gras platt gedrückt worden war, kennzeichnete die Stelle, an der der Leichnam gelegen hatte und an dem sich diverse Fußspuren kreuzten. Auch hier gab es einige unregelmäßige Abdrücke – Torsins letzte Schritte. Parallel dazu verliefen aurënfaiische Fußabdrücke, vermutlich Spuren, die die Bry’kha hinterlassen hatten, als sie ihn gefunden hatten. An einer Stelle hatte jemand neben dem Leichnam gekniet, und die Spuren der Bry’kha verliefen über diesem Abdruck. Alle Spuren überlagerten wiederum Torsins Fußabdrücke.
    Seregil richtete sich auf und winkte Thero und seiner Schwester zu, herüberzukommen.
    »Wir bedauern Euren Verlust zutiefst«, sagte Brythir, der

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