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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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nicht«, erwiderte Adzriel. »Bitte, Alec, ehe ihr geht, würde ich gern einen Augenblick mit Seregil allein sprechen.«
    Alec warf Seregil einen besorgten Blick zu, und verbeugte sich. »Natürlich, Mylady.«
    Adzriel zwinkerte ihm zu. »Keine Sorge, ich werde ihn direkt zu dir zurückschicken, Talí.«
    Liebevoll sah sie Alec einen Augenblick nach, ehe sie sich umwandte und mit dem Finger Seregils geschwollene Lippe berührte.
    »Du musst damit aufhören«, begann sie sanft. »Es ist nicht richtig, das bei ihnen zu suchen.«
    »Wovon sprichst du?«, fragte Seregil, und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Du weißt genau, wovon ich spreche! Glaubst du etwa, Mydri hätte mir die letzte Geschichte verheimlicht? Was willst du mit deinem Verhalten erreichen? Was erwartest du? Buße? Erlösung? Einen Freispruch?«
    »So war es diesmal nicht«, entgegnete Seregil. »Manchmal muss man den Feind ein wenig hinters Licht führen, damit er das tut, was man von ihm will. Dadurch, dass ich Emiel glauben ließ …«
    »Und was werden die anderen glauben, wenn sie morgen dein Gesicht sehen?«, unterbrach sie ihn aufgebracht. »Hör einmal in deinem Leben auf einen guten Rat. Hör auf mich, wenn nicht als deine ältere Schwester, dann auf mich als die Khirnari des Clans, zu dem, so bete ich, du eines Tages zurückkehren wirst. Einem Haman zu gestatten. Hand an dich zu legen, entehrt die Prinzessin, der du dienst, ebenso wie den Clan, dem du entstammst. Hast du daran auch gedacht?«
    »Das ist mir bewusst, aber heute Abend…«
    »Heute Abend hast du wieder zugelassen, dass ein Haman Hand an dich legt, als wäre das sein gutes Recht.«
    Seregil wusste, dass es in dieser Nacht etwas anderes gewesen war. Er wusste, dass die Informationen, die er auf diese Weise erhalten hatte, jegliche Kosten rechtfertigten. Jeder Straßenräuber in Rhíminee und ebenso jeder intrigante Edelmann hätte ihm gewiss applaudiert. Aber er wusste auch, dass seine Schwester ihn niemals verstehen würde.
    »Vergib mir, Talía. Es scheint ein besonderes Talent von mir zu sein, Kummer und Entehrung über die zu bringen, die ich liebe.«
    Sie ergriff sein Kinn mit Daumen und Zeigefinger. »Selbstmitleid ist eine Schwäche, die du dir nicht gestatten darfst. Du weißt, welche Hoffnungen ich für dich hege, Talí. Ich will meinen Bruder zurückhaben. Ich will, dass du wieder ein Aurënfaie wirst.«
    Tränen stiegen ihm in die Augen, als er sie umarmte. Das will ich auch, mehr, als du dir vorstellen kannst. Ich habe lediglich meine eigenen Vorstellungen darüber, wie man das Unmögliche möglich machen kann.
     
    Alec schritt langsam in der Halle auf und ab. Für den Augenblick hatte er den großen Raum für sich allein und damit zum ersten Mal seit Klias Zusammenbruch einen Augenblick Ruhe, um nachzudenken. Als er sich den Tagesablauf wieder ins Gedächtnis rief, wurde er von dem Durcheinander der sich überschlagenden Ereignisse überwältigt. Klias Erkrankung und Torsins vorzeitiges Ableben. Schlimm genug, dass sie durchaus mit leeren Händen inmitten eines verlorenen Krieges nach Skala zurückkehren mochten, da musste er noch daneben stehen und zulassen, dass Klia direkt vor seiner Nase vergiftet wurde. Und nun benahm sich Seregil wie ein Verrückter. Vielleicht waren sie beide zu lange nicht in Rhíminee gewesen.
    Seregil kam aus dem Trauerzimmer und machte einen besiegten Eindruck.
    »Und?«
    »Geh morgen beim ersten Tageslicht zurück zu der Lichtung und bring mir, was auch immer du dort findest.«
    Alec öffnete den Mund zu einer Entgegnung, ergab sich dann jedoch einem kieferzerrenden Gähnen.
    »Schlaf ein bisschen«, riet Seregil. »Heute Nacht kannst du so oder so nichts anderes tun, und morgen werden wir wohl einen furchtbar langen Tag vor uns haben.«
    »Kommst du mit?«
    »Vielleicht später.«
    Alec sah zu, wie Seregil die dunkle Halle Richtung Baderaum durchquerte. »Und ich glaube immer noch, dass Emiel ihr irgendwas angetan hat.«
    Seregil hielt in seinen Schritten inne, sah sich jedoch nicht um. »Dann suche den Beweis dafür, Talí«, krächzte er. »Bring mir einen Beweis.«

 
32
Schlangen und Verräter
     
     
    Halb benommen erwachte Seregil von den Geräuschen eines lauten Streitgesprächs. Wieder hatte er vom Jungen Hahn geträumt, doch dieses Mal hatte er auf dem Dach gesessen.
    Steifgliedrig und desorientiert setzte er sich auf und sah sich in der düsteren Halle um, um sich wieder in der Realität zurechtzufinden. Er war bei Klia

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