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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond
Autoren: Lynn Flewelling
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aus, dass er bequem auf seiner Hüfte ruhte.
    »Vergiss das nicht.« Seregil zog ihren Werkzeugbeutel von einem Regalbrett und warf ihn Alec zu. »Mit ein bisschen Glück werden wir ihn brauchen.«
    Alec öffnete den schwarzen Lederbeutel und prüfte die Gegenstände in den aufgenähten Taschen: Dietriche, Draht, Lindenholzkeile und ein kleiner Lichtstein, aufgesteckt auf einen knorrigen Holzgriff. Seregil hatte all das selbst angefertigt; dies war kein Werkzeug, das man auf dem Markt kaufen konnte.
    Zufrieden verstaute Alec die Tasche in seinem Mantel, wo sie mit ihrem behaglich vertrauten Gewicht an seinen Rippen ruhte. Damit blieben nur noch sein Bogen, etwas Kleidung, eine Bettrolle und ein paar persönliche Dinge zu packen. Er hatte nie viel besessen; wie Seregil zu sagen pflegte, waren die einzigen Dinge, die wirklich von Wert waren, die, die man auch in der Eile noch mitnehmen konnte. Das sagte Alec zu und machte das Packen zu einer unkomplizierten Angelegenheit.
    Seregil war mit seiner eigenen Ausrüstung fertig und sah sich ein wenig wehmütig in der Hütte um. »Das war ein guter Ort.«
    Alec trat hinter ihn, legte ihm einen Arm um die Leibesmitte und das Kinn auf die Schulter. »Ein sehr guter Ort«, stimmte er zu. »Aber hätte uns diese Sache nicht weitergetrieben, dann wäre es irgendeine andere gewesen.«
    »Ich schätze, du hast Recht. Trotzdem ist es mit der Ruhe jetzt vorbei«, sagte Seregil, während er sich mit lüsternem Grinsen an ihn lehnte. »Warte nur, bis wir auf irgendeinem Schiff festhängen, Wange an Wange mit Bekas Soldaten. Du wirst dir wünschen, du wärest hier geblieben, und mir wird es genauso gehen.«
    »Hey, ihr da drin, seid ihr endlich fertig?«, verlangte Beka zu erfahren, die plötzlich im Türrahmen auftauchte. Als sie die beiden Männer aber so intim beieinander erblickte, hielt sie inne.
    Und Alec errötete und zog sich eilends zurück.
    »Ja, wir sind fertig, Rittmeisterin«, erklärte Seregil und fügte kaum hörbar hinzu: »Was habe ich dir gesagt?«
    »Gut.« Beka hatte ihre Verlegenheit schnell wieder unter Kontrolle. »Was ist hiermit?« Sie machte eine Geste, die den ganzen Raum einschloss. Abgesehen von ihren Kleidern und ihrer Ausrüstung sah die Hütte nicht anders aus als am Abend zuvor. Das Feuer war gelöscht, und auf einem Brett am Fenster trocknete sauberes Geschirr.
    Seregil zuckte die Achseln und ging zur Tür. »Irgendjemand wird schon etwas damit anfangen können.«
     
    »Trägt er immer noch kein Schwert?«, fragte Beka Alec, als Seregil hinausgegangen war.
    »Nicht seit Nysanders Tod.«
    Sie nickte traurig. »Es ist eine Schande. Er war ein so großartiger Schwertkämpfer.«
    »Es hat keinen Sinn, mit ihm darüber zu streiten«, sagte Alec, und Beka schloss aus seinem Tonfall, dass er diese Schlacht bereits mehr als einmal mit Seregil ausgefochten und verloren hatte.
     
    Am Vormittag brachen sie auf und folgten der Straße gen Süden.
    Trotz Seregils Befürchtungen tat es gut, wieder mit Micum unterwegs zu sein. Immer wieder fanden die beiden sich weit vor den anderen wieder, und manchmal war es beinahe wie in alten Zeiten: die beiden Männer auf einer Mission für Nysander oder irgendeinen anderen verrückten Kreuzzug, den sie nur aus Spaß an der Freude unternahmen.
    Aber dann strich die Sonne über die silbrigen Strähnen im Schopf seines alten Freundes oder er erhaschte einen Blick auf Micums verkrüppeltes Bein, das steif im Steigbügel hing, und wieder wich Seregils Heiterkeit dem Schmerz schuldgeprägter Trauer.
    Micum war nicht die erste Generation, die er überlebt hatte, aber die zunehmende Erfahrung machte es ihm nicht leichter, seine Freunde sterben zu sehen. Unter all den Tír, die er in Skala geliebt hatte, überlebten nur die Zauberer, und auch sie konnten getötet werden.
    Dann und wann erwischte er Micum, wie jener ihn mit nachdenklichem Blick betrachtete, so als gingen ihm ähnliche Gedanken durch den Kopf, doch er schien sich mit der Situation abzufinden. Es war Seregil, der sich schweigend zu Alec zurückfallen ließ wie ein frierender Mann auf der Suche nach einem wärmenden Feuer.
     
    Die Straße wurde trockener, als sie sich am nächsten Tag nach Westen wandten, und die Wiesen waren von Krokussen bunt gesprenkelt. Im Vertrauen auf die sternenklaren Nächte ritten sie lang, schliefen kurz und ließen die Pferde unterwegs grasen.
    Vergaß er die vielen Soldaten, die ihnen begegneten, fiel es Seregil schwer, sich vorzustellen,
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