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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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erklang irgendwo aus den Reihen der Aurënfaie eine traurige Totenklage. Bald hatte die Menge die Weise aufgenommen, und der Gesang schwoll zu einem unheimlichen, kehligen Heulen an, das wortlos und unaufhörlich lauter und leiser wurde. Gespannte Wachsamkeit erfasste die Urgazhi, die Beka besorgte Blicke zuwarfen.
    Achselzuckend wandte sie sich dem Scheiterhaufen zu und beobachtete die tosende Feuersbrunst.
    Die Totenklage dauerte mehrere Stunden an, bis von dem Feuer nurmehr glühende Asche geblieben war. Irgendwann in der Nacht stimmten auch die Skalaner, ohne recht zu wissen, wie ihnen geschah, in die Weise mit ein.
     
    Beka kehrte gemeinsam mit den anderen in einer nebeligen, rötlichen Morgendämmerung zurück, ein wenig benommen und rußverschmiert. Die behelfsmäßige Urne mit Torsins Asche hing während des Rittes warm an ihrer Hüfte. Am Ende hatten sie die verbliebenen Knochen brechen müssen, damit sie in dem zweckentfremdeten Köcher Platz fanden.
    Mercalle wartete mit dem Kurier, Urien, und seinem Führer neben dem Stall. Der Akhendi trug eine üble Blessur unter dem rechten Auge.
    »Was ist mit Euch geschehen, mein Freund?«, fragte Nyal, derweil er ihn mit vom Rauch geröteten Augen betrachtete.
    Der Mann bedachte ihn mit einem kühlen Blick und zuckte die Achseln. »Nur eine kleine Meinungsverschiedenheit mit einem Eurer Leute.«
    »Einige Ra’basi haben sich auf die Seite der Virésse geschlagen«, erzählte Mercalle, ohne den Übersetzer eines Blickes zu würdigen.
    »Nun, ich bin sicher, bis zur Abstimmung wird sich die Unruhe wieder legen«, entgegnete Beka matt.
    »Rittmeisterin!«, rief einer der Soldaten aus der Küchentür. »Rittmeisterin Beka, seid Ihr da?«
    Beka drehte sich um und sah, dass Kipa aufgeregt in den Hof starrte.
    »Oh, da seid Ihr ja, Rittmeisterin«, rief sie, als sie Beka erblickte. »Ich habe schon nach Euch Ausschau gehalten. Lord Thero sagte, ich solle Euch zu ihm bringen, sobald Ihr zurück seid.«
    »Geht es um Klia? Ist sie …?«, fragte Beka, während sie der jüngeren Frau ins Haus folgte.
    »Ich weiß es nicht, Rittmeisterin, aber ich spüre, dass es keine guten Nachrichten sind.«
     
    Beka bekam kaum Luft, als sie zu Klias Gemächern hinaufeilte. Mydri begegnete ihr mit einer Schale blutigen Wassers und einigen Lumpen auf dem Arm an der Tür.
    »Ihr Zustand hat sich in der Nacht verschlechtert«, sagte sie. »Jetzt schläft sie wieder.«
    Die Fensterläden des Schlafgemaches waren fest verschlossen. Nur die Glut aus einem recht beachtlichen Kohlehaufen im Herd erhellte den Raum ein wenig. Der Geruch nach Blut und versengtem Fleisch hing schwer in der Luft. Zu Bekas Erleichterung waren jedoch alle übrigen Spuren der Amputation bereits getilgt worden.
    Blass und reglos lag Klia mit einem frischen Verband an ihrer Hand auf dem Bett. Seregil und Alec schliefen auf Stühlen neben ihrem Lager. Nach ihrer schlichten, zerknitterten Kleidung zu schließen, waren sie in dieser Nacht ihren eigenen Geschäften nachgegangen.
    Beka trat einen Schritt auf das Bett zu und erschrak, als sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Sofort schoss ihre Hand an das Heft ihres Dolches.
    »Ich bin’s«, flüsterte Thero und trat weit genug in den Lichtschein, dass sie seine geschwollenen, rotgeränderten Augen sehen konnte.
    »Ich denke, es war wohl besser so«, murmelte Beka, als sie plötzlich gegen die Erinnerung an die abgetrennten Finger ankämpfen musste.
    »Ich hoffe nur, sie übersteht den Schock der Amputation«, sagte Thero. »Sie kommt einfach nicht wieder zu sich, und das ängstigt mich und Mydri ebenfalls.«
    Seregil schlug die Augen auf. Gleich darauf versetzte er Alec einen Stoß gegen das Knie. Der jüngere Mann zuckte zusammen, öffnete seine Augen und blickte sich benommen um.
    »Gab es Schwierigkeiten bei der Einäscherung?«, fragte er, heiser vor Erschöpfung.
    »Nein. Die Faie, die gekommen sind, haben ihm einen ehrenvollen Abschied bereitet. Wart ihr dabei?«, fragte sie, wobei sie auf Klias Hand deutete.
    »Nein. Wir sind noch nicht lange hier«, entgegnete Alec.
    Seregil schob einen Stuhl auf sie zu und reichte ihr eine halb volle Flasche Wein. »Hier, ich schätze, du kannst es brauchen.«
    Beka trank in tiefen Zügen. Dann sah sie die übrigen fragend an. »Was ist passiert?« Sie erschrak, als Thero den Raum versiegelte und gleich darauf einen Brief aus dem Nichts herbeizauberte, der auf eine Weise gefaltet war, wie sie für Magyana typisch

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