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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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wiedergefunden hatte, beugte sie sich herab und löste den Knoten, der ihr anderes Bein sicherte.
    Ihre Verfolger fielen vorübergehend zurück. Möglicherweise hatte sie sie durch ihren abrupten Richtungswechsel überrascht. Im Moment konnte sie sie nicht sehen, doch sie hörte ihre Rufe nicht weit hinter sich.
    Als eine Wegbiegung sie für einen Augenblick vor ihnen abschirmte, zügelte sie ihr Pferd, sprang aus dem Sattel und versetzte dem Tier einen kräftigen Klaps auf das Hinterteil. Mit ihrem rechten Stiefel, der noch immer im Steigbügel hing, rannte es davon. Ihr blieb gerade noch genug Zeit, in das Brombeergestrüpp zu kriechen, ehe die Männer mit donnernden Hufen vorbeigaloppierten, ohne zu ahnen, dass sie nun ein herrenloses Pferd verfolgten.
    Wenn ihre Verfolger so gewandt waren, wie sie vermutete, würde es nicht lange dauern, bis sie herausfanden, dass sie hereingelegt worden waren, also beeilte sich Beka, aus dem Gestrüpp zu kriechen und den Hang hinaufzuklettern.
    Sie rannte, bis ihre Lungen brannten. Nur die Sonne wies ihr den Weg. Als sie schließlich sicher war, ihre Verfolger abgehängt zu haben, hielt sie inne, um ihren blutigen Fuß in einem Bach zu waschen. Dann ging sie in einem weiten Bogen zu der Stelle zurück, wo der Überfall stattgefunden hatte, in der Hoffnung, herauszufinden, wer die Angreifer waren.
    Jemand war ihr mit der gleichen Absicht bereits zuvorgekommen. Eine einzelne Fußspur führte von der Straße zu der Stelle, an der die Angreifer ihnen aufgelauert hatten. Sie kreuzte die Spuren in einer Weise, die darauf hindeutete, dass ihr Verursacher sich sorgfältig umgesehen hatte, und die Form der Fußabdrücke war ihr vertraut.
    »Nyal«, flüsterte sie, als sie ihre Finger für einen Augenblick in einen der Fußabdrücke legte. Der Boden verschwamm vor ihren Augen, und sie wischte sich zornig die Tränen aus dem Gesicht. Sie wollte verdammt sein, ehe sie wie ein sitzengelassenes Milchmädchen um diesen Verräter weinte.
    Als sie sich wieder im Griff hatte, folgte sie den Spuren zurück zu der Straße und stellte fest, dass er allein zurückgekommen war.
    »Ein gutes Zeichen, meine Freunde«, flüsterte sie, wobei sie den Gedanken weit von sich schob, dass es für diese Spuren einen anderen Grund als die gelungene Flucht ihrer Freunde geben könnte.
    Ihre nächste Entdeckung sorgte dafür, dass der Zorn sich wie eine eisige Faust um ihr Herz legte. Von hier aus war Nyal ausgezogen, um ihrer Spur zu folgen.
    Such mich in Sarikali, du verdammter Mistkerl, dachte sie, und humpelte zu den Bäumen zurück.

 
46
Ein unfreundlicher Empfang
     
     
    Alec erwachte vom Geräusch der Wogen, die gegen das Holz neben seinem Kopf schlugen. Er kämpfte sich aus der Enge des Bugs heraus und sah Seregil am Ruder stehen, von wo aus er den Horizont mit Blicken absuchte. Mit seinem geschwollenen Gesicht und der schmutzigen Tunika bot er einen traurigen Anblick, und im Licht des frühen Tages wirkte er blass, als hätte er jede Lebenskraft verloren.
    Geisterhaft.
    Heimlich vollführte Alec eine Schutzgeste für seinen Freund. Genau in diesem Augenblick wurde Seregil auf ihn aufmerksam und schenkte ihm ein müdes Lächeln.
    »Sieh mal«, sagte er, und deutete nach vorn. »Von hier aus kann man gerade die Ea’malies am Horizont ausmachen. Halte die Augen offen nach Segeln.«
    Und so verging der Vormittag. Am Nachmittag brannten ihre Augen vom hellen Sonnenschein, und ihre Lippen waren spröde. Sie lagen auf einem Nordostkurs und nutzten die fernen Inseln als Orientierungspunkte, während sie durch die Wogen lavierten. Dann und wann löste Alec Seregil am Ruder ab und drängte ihn, ebenfalls ein wenig zu schlafen, doch er weigerte sich.
    Endlich, als die Sonne bereits dem westlichen Horizont entgegensank, erblickte Alec einen dunklen Punkt vor der silbrigen Weite des Meeres.
    »Da!«, krächzte er und lehnte sich vor Aufregung weit über die Reling. »Siehst du das? Ist das ein Segel?«
    »Ein skalanisches Segel«, bestätigte Seregil seine Hoffnung, und riss das Ruder hart herum. »Hoffen wir, dass wir das Schiff vor Sonnenuntergang erreichen. Wenn es erst dunkel ist, werden sie uns nicht mehr sehen können, und wir sind zu langsam, sie zu verfolgen.«
    In den folgenden zwei Stunden sah Alec zu, wie der farbige Fleck langsam die Gestalt des roten Segels eines skalanischen Schlachtschiffes annahm. Das Schiff war auf der üblichen Route unterwegs, die auch von den Kurierschiffen benutzt

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