Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond
werde für meine unbesonnene Vorgehensweise noch teuer bezahlen müssen.«
»Ihr habt Moriel ä Moriel nichts von all dem erzählt?«, fragte Adzriel.
»Nein, Khirnari. Ich hatte gehofft, es würde nicht nötig sein, aber ich werde sie auch nicht anlügen.«
Seregil sah Thero an, der während Nyals Erzählung heimlich einen verbotenen Zauber gewirkt hatte. Der Zauberer nickte kaum merklich; der Ra’basi hatte die Wahrheit gesagt.
»Ich werde wohl einige Dinge, die ich über dich gesagt habe, zurücknehmen müssen, mein Freund«, sagte Seregil, wobei er dem Mann auf die Schulter klopfte und Beka verstohlen zuzwinkerte. »Rittmeisterin, ich stelle diesen Mann in deine Obhut, bis diese Sache vorbei ist.«
»Ich werde mich darum kümmern, Mylord«, versicherte ihm Beka.
Als sie endlich mit Nyal allein war, stellte Beka fest, dass ihr gänzlich die Worte fehlten, und so verharrte sie an ihrem Platz am Fenster. Eine unangenehme Stille breitete sich zwischen ihnen aus.
Ob es nun ihre Pflicht war oder nicht, sie hatte sich geirrt. Er hatte so viel riskiert, um ihr Freund zu sein, ihr Liebhaber – mehr, als sie sich je hatte vorstellen können. Sie hingegen war blind gewesen, misstrauisch, bereit, ihm das Schlimmste zuzutrauen. So gern hätte sie etwas zu ihm gesagt, doch sie fand noch immer keine Worte. Als sie sich schließlich zwang, aufzublicken, stellte sie fest, dass er gedankenverloren seine Hände fixierte.
»Ich glaube, Seregil hat mit seinem Verdacht gegenüber Amali Recht«, sagte er schließlich. »Sie hat mich immer nur benutzt, und ich habe mich benutzen lassen.« Er sah auf, und eine sanfte Röte breitete sich über seine Wangen aus. »Ich sollte dir gegenüber vielleicht nicht über sie sprechen …«
»Es ist schon in Ordnung. Nur weiter.«
Er seufzte. »Wir wollten heiraten, doch dann änderte sie ihre Meinung. Sie hat behauptet, sie täte das alles nur für ihren Clan und weil der Khirnari sie brauchen würde.« Er stieß ein bitteres Lachen aus. »Ihre Familie war natürlich entzückt. Diese Aussicht gefiel ihnen viel besser, als die Vorstellung, einen Wanderer wie mich in die Familie aufnehmen zu müssen. Das ist es, was hier am meisten zählt: Pflicht, Familie, Ehre.«
Diese letzten Worte fielen mit einer Mischung aus Bedauern und Verbitterung, die sie überraschte. »Das klingt, als würde dir das nicht gefallen.«
Er zuckte die Schultern. »Ich bin mehr herumgekommen als die meisten Faie, und manchmal scheint es mir, als müsste man dann und wann die Gesetze übertreten, um das zu wahren, was richtig ist.«
Beka musste ein Lächeln unterdrücken. »So kann man das natürlich auch sehen«, spöttelte sie.
Ein wenig gekränkt blickte er sie an. »Was soll das heißen?«
»Ich habe heute mit meinen Reitern und einigen Bôkthersa gesprochen. Wie es scheint, wusste bis zum nächsten Morgen niemand, dass wir fort waren, aber du hast uns gerade eben erzählt, dass du die ganze Zeit über Bescheid wusstest. Also hast du lange genug den Mund gehalten, um uns einen anständigen Vorsprung zu verschaffen, und dann, als du Seregil gefunden hast, hast du ihn wieder laufen lassen.«
Die Hände in die Hüften gestemmt trat sie auf Nyal zu. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und sah verunsichert zu ihr auf.
»Und dann, als Krönung des Ganzen«, grollte sie, »finde ich heraus, dass du jahrelang loyal zu einer Frau gestanden bist, die dir das Herz gebrochen hat. Dich immer wieder von ihr hast einwickeln lassen, statt ihr zu raten, einen langen Spaziergang über den kürzesten Anlegesteg der Gegend zu machen. Alles in allem ein wirklich außergewöhnliches Benehmen! Ich wüsste schon, was zu tun wäre, wenn du unter meinem Kommando stündest.«
»Was denn?«, schnappte er verärgert.
Sie drückte seine Knie auseinander, stieß ihn zurück, packte ihn bei den Ohren und drückte ihm ihre Lippen auf den Mund.
Für einen Augenblick fürchtete sie, wieder einen Fehler begangen zu haben; er zuckte zurück, die Lippen fest geschlossen. Dann griffen starke Arme nach ihr und hielten sie fest. Sie löste ihre Finger von seinen Ohren, strich ihm sanft durch das dunkle Haar und genoss seine Nähe.
Als sich ihre Lippen voneinander lösten, legte er den Kopf zurück und zog zweifelnd eine Braue hoch. »So sorgst du also für Disziplin unter deinen Soldaten.«
Sie grinste ihn an. »Na ja, nein. Wenn einer von ihnen mich so belügen würde, würde ich ihn an den nächsten Baum fesseln und ihm zwanzig
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