Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond
Licht.
Draußen hatte sich ein Gedränge gebildet. Gesichter, die im Schein der Fackeln und der magischen Lichter schattenhaften Masken glichen, blickten ihnen entgegen.
Die Skalaner trafen als Letzte ein. Der runde Saal und die Galerien waren bis auf den letzten Platz gefüllt. Seregil und Alec blieben zusammen mit einigen Gardisten im Vorzimmer zurück.
Von dort aus sahen sie zu, wie die anderen ihre Plätze einnahmen. Adzriel und Thero begleiteten Korathan zu der Loge der Bôkthersa. Nach der konzentrierten Miene des Zauberers zu schließen, unterstützte er Klia auf magische Weise mit aller Kraft, die er entbehren konnte.
Seregil beobachtete Rhaish í Arlisandin, als Klias Sänfte keine zwanzig Fuß von seinem Platz entfernt abgestellt wurde, doch aus der Miene des Mannes sprach nichts als Sorge.
»Was, wenn wir uns irren?«, fragte Alec.
»Wir irren uns nicht.« Seregils Finger umklammerten die versiegelte Flasche. Wenn nicht er, dann sie, dachte er unentwegt.
Die Glocke wurde geläutet, und der Khirnari der Silmai trat in den Kreis des Rates und deutete mit der Hand in Klias Richtung.
»Korathan í Malteus Romeran Baltus von Rhíminee, Bruder der Königin Phoria und der Prinzessin Klia, Angehöriger von Adzriel ä Iriel von den Bôkthersa, verlangt Wiedergutmachung für das begangene Unrecht an seiner Schwester und dem skalanischen Gesandten, Torsin í Xandus. Da diese Gräuel hier, auf diesem unserem heiligsten Boden begangen wurden, verhängt auch der Iia’sidra Teth’sag gegen den Schuldigen. Adzriel ä Iriel, werdet Ihr für Euren Angehörigen sprechen?«
»Das werde ich, Ehrwürdiger. Die Kinder Idrilains teilen mit mir das Blut von Corruth í Glamien.«
Solchermaßen zufrieden hob Brythir die Hand. »Holt die Beschuldigten!«
Seregil konnte die beiden Männer nicht sehen, doch die Unruhe im Saal verriet ihm, dass Emiel und Ulan í Sathil vortraten.
»Emiel í Moranthi, Ihr steht vor dem Rat als Beschuldigter, angeklagt, Gewalt gegen Klia ä Idrilain ausgeübt zu haben, während sie Gast Eures Clans war«, intonierte Brythir. »Eine Tat, die, sollte sie bewiesen werden, Schande über den ganzen Clan der Haman bringen würde. Was habt Ihr zu sagen?«
»In meinem Namen und im Namen meines Clans widerspreche ich der Anklage«, verkündete Emiel mit lauter Stimme.
Brythir nickte und drehte sich nach rechts um. »Ulan í Sathil, Khirnari der Virésse, Ihr steht vor diesem Rat als Vertreter der Virésse unter dessen Dach auf heiligem Boden ein Sakrileg und der Mord an einem Gast verübt wurde. Was habt Ihr zu sagen?«
Die klare Stimme des Khirnari der Virésse erfüllte den ganzen Saal. »Sollte bewiesen werden, dass diese Taten innerhalb der Tupa der Virésse verübt worden sind, so werde ich die Verantwortung und die Entehrung auf mich nehmen. Bis dahin aber, widerspreche ich der Anklage in meinem Namen und im Namen meines Clans.«
»Diese Worte wird er noch bedauern«, grollte Alec.
»Darauf würde ich nicht wetten«, warnte ihn Seregil.
Korathan und Adzriel beugten sich zu Klia herab und wechselten rasch einige Worte, ehe sie sich dem Rat zuwandten und Adzriel einen Schritt vortrat.
»Skala verlangt Gerechtigkeit und Wiedergutmachung, doch nicht von diesen Männern.«
Aufregung machte sich für kurze Zeit im Saal breit, aber Seregil beobachtete nur Rhaish. Der Akhendi saß reglos auf seinem Stuhl, die Hände im Schoß gefaltet.
»Ist Korathan í Malteus über die Beweise gegen die Beschuldigten informiert?«, fragte Brythir.
»Ich habe eigene Beweise vorzulegen«, entgegnete Korathan. »Wenn Ihr gestattet, Ehrwürdiger.«
Der Silmai nahm wieder seinen Platz ein und winkte dem Skalaner zu, fortzufahren.
»Jetzt geht’s los, Talí«, flüsterte Seregil mit trockenem Mund. Sie legten ihre Übermäntel ab und traten gemeinsam in die Mitte des Kreises der Ratsmitglieder.
Erregtes Geflüster brandete auf, als die Nachricht über ihr Erscheinen in die hinteren Sitzreihen und auf die Galerien weitergetragen wurde.
Verstohlen warf Seregil einen weiteren Blick auf Rhaish, doch der Akhendi wirkte kaum weniger überrascht als die übrigen Anwesenden.
»Seregil von Rhíminee?«, stieß Brythir schließlich hervor, als könnte er nicht glauben, was er sah.
Seregil verbeugte sich tief und breitete die Hände in der traditionellen Geste der Unterwerfung aus. »Ja, Khirnari. Ich bin zurückgekehrt, Euch um Vergebung zu bitten, wenngleich ich weiß, dass ich diese Gnade nicht verdient
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