SchattenGrab
Marie zu Bett bringen.“
Liebevoll deckte sie Stoff und Federn zu und summte ein Lied, das ihm bekannt vorkam.
„So, mein Junge, was ist denn?“, fragte sie leise und machte „Psst! Wir müssen flüstern, sonst wacht sie wieder auf.“
Justus wusste, dass es keinen Zweck hatte, etwas dagegen zu sagen.
„Mutter, wir müssen uns überlegen, wo du in Zukunft leben wirst, jetzt, wo Vater tot ist.“
„Wieso? Ich habe doch ein Zuhause.“
„Da kannst du doch nicht bleiben, so ganz allein.“
„Ich bin nicht allein. Marie ist überall.“
Justus stöhnte innerlich.
„Dann nimmst du sie mit.“
„Wohin denn?“
„Vielleicht in eine kleine Wohnung?“ Er stellte sich betreutes Wohnen vor. Dann konnte sie in gewisser Weise noch zum Teil selbstständig bleiben.
„Das geht nicht.“
„Warum nicht?“
„Ich bin noch nicht fertig mit Marie.“
„Was soll das heißen?“
Aber er bekam keine Antwort. Seine Mutter hatte wieder zu summen begonnen.
„Wann kann ich zu ihr zurück?“, flüsterte Marianne leise. „Sie ist doch einsam ohne mich im Haus.“
„Ich denke, sie ist hier? Du hast sie doch gerade zu Bett gebracht.“
„Auch, aber die anderen alle … wann kann ich zu ihr zurück?“
„Bald“, sagte Justus, der keine Lust mehr auf dieses sinnlose Gespräch hatte. Er entschloss sich, für seine Mutter eine Pflegekraft anzustellen. Die konnte anschließend auch mit in ihr eigenes Haus übersiedeln.Das wäre erst einmal eine gute Übergangslösung. Ihm blieb überdies die Nähe seiner Mutter erspart.
Toni und Verena
Als Verena nach Bückeburg hineinfuhr sah sie, dass sich doch schon wieder einiges verändert hatte. Wenn man so selten in die Heimat kam, war man jedes Mal erstaunt. Sie war von der A2 abgefahren und über die Steinberger Straße in die Stadt gekommen. Ein wehmütiges Gefühl überkam sie und mit ihm der Gedanke an ihre Kindheit. Es gab ihn noch, den Blumenladen an der Schulstraße und auch die Buchhandlung Scheck. Dann rechts die Boutique Medea, in der sie immer etwas Außergewöhnliches fand, wenn sie einmal hier war. Sogar Eisen-Brandt existierte noch. Ein echtes Unikum. Das beruhigte sie irgendwie, denn dort war sie schon als kleines Kind mit ihrer Großmutter zum Einkaufen gegangen. Hier bekam man auch einzelne Schrauben und alles für den Haushalt oder die Modelleisenbahn. Noch heute sah der Laden aus, als ob man das Jahr 1930 schrieb. Die Zeit war hier stehen geblieben. Geheizt wurde mit einem alten Ofen, auf dem ein Wasserkessel stand. Sie sah sich selbst dort stehen an der Hand ihrer Großmutter. Klein, noch unschuldig und ohne Ahnung, was das Leben mit ihr vorhaben würde.
Energisch wischte sie die Gedanken beiseite und fuhr an der „Quickteria“ rechts ab in die Ulmenallee. In wenigen Minuten würde sie da sein.
Toni öffnete mit einem Grinsen.
„Na, Schwesterherz, alles klar?“
„Geht so“, antwortete Verena. „War schon mal besser.“
Da kamen auch schon die Zwillinge angelaufen mit Jane im Schlepptau.
„Hallo Tante“, riefen sie. Jane kletterte auf ihren Schoß.
„Willst du einen Kaffee?“, fragte Toni. „Frankfurter Kranz habe ich auch.“
„Lecker“, rief Jane, „kann ich auch einen?“
„Ihr kriegt alle einen, das ist doch wohl klar. Auch wenn der dicke, große Kommissar heute schon zugeschlagen hat. Der hätte bestimmt gerne noch ein weiteres Stück gegessen, aber ich hab ihm keins angeboten!“, sagte Toni schmunzelnd.
„Du hattest Besuch von einem Kommissar?“
„Ja, wegen deines Schwiegervaters.“
„Was hast du denn mit ihm zu tun?“
„Weiß ich auch nicht, aber der Kommissar, Kruse hieß er, glaube ich, wollte wissen, was ich an dem Morgen gemacht habe, als er starb.“
„Das ist ja bekloppt. Sie verdächtigen dich? Die wissen wohl nicht weiter, wie?“
„Kann sein, bei unseren Eltern waren sie auch schon.“
Verena schüttelte den Kopf. „Unglaublich.“
„Wer hat was gemacht?“, fragte Liv, die nur mit einem Ohr zugehört hatte.
„Ach, nichts“, sagte Toni, „nun nehmt euch euer Stück Kuchen mit aufs Zimmer. Ich möchte mich in Ruhe mit eurer Tante unterhalten.“
„Menno“, maulte Grit und nahm sich einen Kuchen.
„Ich bin doch noch ein bisschen länger da“, versprach Verena. „Schaut mal in meine blaue Tasche. Da istwas für euch drin. Die Namen stehen drauf.“
„Super, Geschenke“, kreischte Jane und war die Erste im Flur.
„Was für eine Rasselbande“, stöhnte Toni.
„Sei froh, dass
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