SchattenGrab
und hatte ihm gesagt, dass sie umgehend die Polizei informieren würde. Da war Friedhelm auf sie zugestürmt. Sie hatte gerade noch den Spieß ergreifen können, um ihn abzuwehren, dann war sie so schnell geflohen, wie sie konnte. Erst später hatte sie erfahren, dass er unglücklich gefallen und verstorben war.
Jetzt war ich selbst im Dilemma, liebe Schwester. Ich fühlte mich schuldig an Friedhelms Tod, wollte aber nicht damit in Verbindung gebracht werden, allein schon wegen der Kinder. Wie aber sollte ich Sophie zurückholen? Und das wollte ich so gerne für dich tun.
Verena weinte leise. Was für ein Drama dachte sie und las weiter:
Wir müssen irgendeine Geschichte erfinden, um Sophie einfach wieder auftauchen zu lassen. Ich weiß keine andere Lösung. Bitte hilf mir dabei. Meine Kinder brauchen mich so, wie dich deine Tochter braucht. Ich möchte nicht in die Mühlen der Justiz geraten. Heute Abend werde ich Sophie wieder in den Garten lassen. Sie wird ins Haus finden. Fahr du unter einem Vorwand nach Hannover, damit du sie mitnehmen kannst. Es ist für mich unerträglich, dich so leiden zu sehen. Du weißt, wie sehr ich dich liebe! Deine kleine Schwester Toni
Verena erhob sich mühsam, aber entschlossen und ging zum Kaminofen. Dort verbrannte sie den Brief ihrer Schwester. Friedhelm war ohnehin tot. Sie war zu allem bereit, wenn sie nur ihr kleines Mädchen wiederhaben konnte.
Castor
Castor, der viel gerühmte Leichenspürhund der Hundestaffel, schlug bereits an, noch bevor Ingo Freund die Haustür der Familie Görlitz senior geöffnet hatte. In der Diele machte er „sitz“, zeigte bellend seinen Fund an und ließ sich auch nicht dazu bewegen, weiterzugehen.
Ingo zuckte mit den Schulter und schaute den Hundeführer Hugo Rinne fragend an.
„Der Hund irrt sich nicht“, sagte Rinne und schaute sich um, „habt ihr schon mit Luminol gearbeitet?“
„Dazu gab es bisher keine Veranlassung und auch jetzt nicht. Wir sind auf der Suche nach einem Mädchen, das in der Zeit vor 1967 verschwunden ist“, erklärte Ingo.
„Verstehe“, sagte Hugo Rinne und beobachtete seinen Hund, der den Blick nach oben gerichtet hatte. „Habt ihr diese komischen Marionetten schon untersucht?“
Ingo gruselte es. „Noch nicht, aber ich lasse sie flugs abnehmen.“ Er rief seine Kollegen Lars Stelloh und Sabrina Klein zu sich. „Bitte alle Engel herunternehmen und vorsichtig untersuchen.“
„Auf was bist du denn aus?“, fragte Sabrina.
„Knochen, Haare oder getrocknete Haut. Irgendetwas in der Art“, erklärte Ingo. „Hugo, kannst du mit Castor noch in den Keller kommen?“, fragte er. „Ich halte es zwar für unwahrscheinlich, dass dort etwas vergraben ist, aber ich möchte auf Nummer sicher gehen. Er soll den Boden untersuchen.“
Hugo nickte. Auf seinen Befehl hin folgte ihm Castor die Treppe hinab. In den einzelnen Kellern zeigteder belgische Schäferhund kein Interesse, auch nicht im verborgenen Raum, obwohl er hier ausgiebig schnüffelte. Erst als sie an der Eisenklappe vorbeikamen, die in das unterirdische Brunnensystem führte, schlug Castor wieder an und kratzte an der Metallplatte.
„Was ist da unten?“, fragte Hugo.
„Eine unterirdische Brunnenanlage mit Ratten und so. Da liegt auch bestimmt der eine oder andere Kadaver“, sagte Ingo.
„Castor reagiert nur auf menschlichen Leichengeruch. Da unten muss also etwas sein“, insistierte Hugo.
Ingo Freund stöhnte. „Das wird ein langer Tag. Ich glaube, meine Mauer muss jemand anderes weiter aufbrechen. Dann lass uns mal runtergehen. Schafft der Hund das? Es ist nur eine schmale Stiege.“
Hugo Rinne nickte. „Notfalls trage ich ihn.“
Die Tagebücher
Thorsten Büthes Mobiltelefon klingelte. Er sah, dass die Nummer einer Kollegin gehörte und nahm ab.
„Du hattest doch gebeten, dass du informiert werden wolltest, wenn wir aus den Tagebüchern etwas über den Verbleib des Mädchens erfahren“, sagte Iris Hoppe. „Ich habe was!“
„Schieß los, Iris!“, bat Thorsten.
„Es wird beschrieben, dass das Mädchen in ein Heim gebracht werden soll. Sie ist wohl schwerstbehindert und die Mutter mit der Pflege überfordert. Marianne, die Mutter, sei außerdem labil. Im April 1966 ist sie dann dauerhaft in einer Einrichtung im Harz untergebracht worden.“
„Das würde erklären, warum es keinen Totenschein gibt. Steht da geschrieben, wie das Heim heißt?“, fragte Thorsten.
„Nein!“
„Krieg es bitte raus und frag nach. Es kann
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