SchattenGrab
damals nicht so viele solcher Häuser gegeben haben. Gib mir dann sofort Bescheid.“
„Ja, ist gut“, antwortete Iris.
„Sonst noch etwas Interessantes oder Auffälliges?“, wollte Thorsten wissen.
„Hmm, ich weiß nicht genau, ob es etwas zu bedeuten hat“, gab Iris an, „aber vor dieser Eintragung sind einige Seiten feinsäuberlich mit der Rasierklinge herausgeschnitten worden.“
„Das sollten wir im Hinterkopf behalten. Du liest jetzt erst mal weiter, okay?“
„Ja, mache ich“, sagte sie und legte auf.
Schon wieder klingelte es. Er nahm ab. In Thorstens Ohr klang Ingos atemlose Stimme.
„Es scheint so, als haben wir doch eine Leiche“, sagte er. „Der Spürhund hat an verschiedenen Stellen angeschlagen. Willst du herkommen? Auch mit den Engeln stimmt wohl irgendwas nicht. Die hat er ebenfalls verbellt.“
Eine gespannte Aufregung, die von Ingo ausging, erfasste auch Thorsten. Er fühlte, dass sie der Lösung des Falles näher kamen.
„Ich bin sofort da. Wartet auf mich“, bat er.
Wolf
Hauptkommissar Wolf Hetzer, der in der Nacht zuvor hervorragend geschlafen hatte, streckte sich in seinem Büro aus. Etwas ließ ihm keine Ruhe. Justus’ Aussage hatte sich nicht mit der seiner Frau gedeckt, als es um das Wissen bezüglich der falschen Vaterschaft ging. Das war seltsam. Er grübelte über den Grund nach.
Einer von beiden musste gelogen haben oder war schlicht und ergreifend unwissend. Konnte es sein, dass Verena verborgen geblieben war, dass Justus längst herausgefunden hatte, dass er nicht Sophies Vater war? Wenn es so wäre, hätte er sie nicht darauf angesprochen und das Kuckuckskind einfach klammheimlich toleriert. Wolf konnte sich aber kaum vorstellen, dass dies einen Mann kaltgelassen hätte.
Dass sie die Vaterschaft verschwiegen hatte, war logisch. Aber was wäre, wenn er es erst jetzt durch die Befragung erfahren und Thorsten daraufhin angelogen hätte? Vielleicht hatte er den gelassenen Ehemann nur vorgespielt? Könnte es dann sein, dass Verena in Gefahr war?
Er entschloss sich, mit Peter bei Antonia von Bodenstein vorbeizufahren. Thorsten hatte ihm erzählt, dass Verena dort zu Besuch sei.
Als sie die Tür öffnete, erschraken die beiden Kommissare. Das Gesicht war verquollen, ein Auge komplett zugeschwollen, überhaucht von einer besorgniserregenden Bläue.
„Entschuldigen Sie, ist es dringend?“, fragte Verena. „Mir geht es nicht so gut. Ich bin die Treppe heruntergefallen.“
Wolf, der seine Theorie vor seinem geistigen Auge zur Tatsache gereift sah, sagte: „Ich glaube, Sie sind geschlagen worden. Dürfen wir reinkommen? Sind Sie allein?“
„Es ist niemand hier, außer mir“, antwortete sie, „und ich würde mich gerne wieder hinlegen. Bitte verzeihen Sie!“
„Schade“, sagte Wolf, „wir glauben nämlich, dass Ihr Mann Ihnen das angetan hat. Möchten Sie nicht doch etwas sagen?“
„Nein!“
„Dann nehmen Sie bitte meine Karte. Sollten Sie doch noch eine Aussage machen wollen oder Hilfe benötigen, rufen Sie mich bitte an, ja?“
Sie stieß ein gepresstes „Ja“ hervor und schloss die Tür. Noch im Auto informierte Wolf die Kollegen in Hannover, die versprachen, dass Justus umgehend vernommen werden sollte. Thorsten, der auf dem Weg in das Haus der Familie Görlitz senior war, war telefonisch nicht erreichbar.
Justus
Seine Mutter hatte ihm nicht weiterhelfen können, als er sie zu dem Kinderbild befragte, das Thorsten ihm gezeigt hatte.
„Ja, ja, die Kinder“, sagte sie nur und streichelte ihre Puppe. „Ich habe viele Kinder.“
Das half ihm nicht weiter. Vor zwanzig Minuten war er aus Bückeburg zurückgekehrt und niemand hatte bemerkt, dass er dreieinhalb Stunden nicht in seinem Arbeitszimmer gewesen war. Als die Beamten später kamen und das Hausmädchen Olga befragten, bestätigte diese „dass Sohn von Mutter in Zimmer gewesen sei“. Marianne sagte nur etwas Unverwertbares, dass ihr Sohn immer für sie da sei und auf Nachfrage „Ja, auch heute jederzeit!“.
Daraufhin fuhren die Beamten wieder. Justus atmete auf. Er fragte sich, ob Verena doch geredet hatte und wählte Tonis Nummer.
„Nein, ich habe kein Wort gesagt!“, schrie sie in den Hörer, als er sie danach fragte. „Werde ich auch nicht. Die von der Kripo waren hier und haben mein Gesicht gesehen. Irgendwas müssen sie sich zusammengereimt haben. Einer sagte gleich, dass du mich geschlagen hast. Wie kamen sie wohl darauf? Ich hab’s verneint und sie
Weitere Kostenlose Bücher