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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Bliefert
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Hilferufe gehörten schließlich in jeden Horrorfilm. Und die nächsten Nachbarn wohnten ohnehin außer Hörweite.
    Â»So«, brüllte er zum Abschied in Richtung Bad, »jetzt kannst du schreien, so viel du willst!«
    Statt seines BMW, der vorsichtshalber ein paar Straßen weiter parkte, bestieg er Kellys Mini Cooper.
    Er pfiff beim Fahren leise vor sich hin.
    Als Kelly ihren Wagen wegfahren hörte, warf sie sich mit aller Kraft gegen die Badezimmertür; ein Mal, zwei Mal, dann – nach einer kurzen Pause, in der sie tapfer versuchte, die Schmerzen in ihrer Schulter zu ignorieren – ein drittes Mal. Vergeblich. Die Tür hielt stand.
    Das halbkugelförmige Oberlicht war nicht zu erreichen – selbst wenn sie sich auf Zehenspitzen auf den Badewannenrand stellte – und einen anderen Weg nach draußen gab es nicht.
    Â»Gut. Dann muss ich mich eben wehren«, keuchte sie erschöpft.
    Der Badezimmerschrank enthielt ein unübersichtliches Sammelsurium an Anti-Age-Produkten und die üblichen Hygiene-Utensilien. Angesichts der überwiegend weiblichen Accessoires ging Kelly nicht mehr davon aus, dass dieser Nico tatsächlich hier wohnte.
    Nach einigem Suchen fand sie eine lange, spitze Nagelfeile und steckte sie in ihre Hosentasche. Die Medikamente – Kopfschmerztabletten, Grippemittel, Augentropfen – gaben nichts her in Sachen Selbstverteidigung. Schließlich steckte sie frustriert ein Päckchen Zahnseide ein, obwohl sie keine Ahnung hatte, was sie damit anfangen sollte.
    Dann schloss sie den Schrank und schaute sich um.
    Auf dem Badewannenrand standen diverse Teelichthalter; offensichtlich badeten die Hausbesitzer gern romantisch.
    Â»Wo Kerzen sind, ist auch ’n Feuerzeug…«
    Es fand sich in der unbenutzten Seifenschale über der Wanne, und als Kelly auf der Waschbeckenablage eine Dose Haarspray entdeckte, wusste sie, was sie zu tun hatte: Mit dem Feuerzeug konnte sie die Sprühdose im Bruchteil einer Sekunde in einen Flammenwerfer verwandeln!
    Sie nahm sich vor, den Sprühknopf direkt auf Nico Gräthers Gesicht zu richten; gleich wenn er die Tür öffnete. Das war brutal, aber es ging nun mal nicht anders, auch wenn es sich hundertmal – wie ihr mittlerweile klar war – um Malins Adoptivbruder handelte.
    Nico Gräther hatte einige Routine darin, sich in den entsprechenden Kreisen durchzufragen. Er nannte sich Anatol. Anatol Simons. Die Polizei würde daraus – sollte es denn Zeugen geben – mit Sicherheit die passende Geschichte zusammenspinnen: Psychisch Kranker tötet zwei junge Frauen und richtet sich anschließend selbst …
    Bereits eine knappe Stunde später hielt er eine Browning Pro-9 in Händen; vom Gewicht her fast identisch mit der Glock und genauso leicht zu handhaben. Der Vorbesitzer hatte die Magazinsicherung entfernt; ein Profi, keine Frage.
    Jetzt galt es nur noch, das eingeschüchterte Mädchen, das er im Bad seiner ahnungslosen Vermieter eingeschlossen hatte, zum künftigen Tatort zu bewegen.
    Aber vielleicht war das Haus am Großen Meer ja auch nur die zweitbeste Option. Immerhin war es möglich, dass ihn jemand aus der Klinik bei seiner Kontaktaufnahme mit Sven Martens beobachtet hatte.
    Auf der Suche nach einer Alternative kam ihm schließlich Kellys Hobby in den Sinn. Geocaching: Irgendwo allein auf weiter Flur versteckte Dinge aufstöbern; so versteckt, dass es mit allergrößter Wahrscheinlichkeit keine Zeugen gab.
    Er erinnerte sich noch genau an Kellys überschwängliche Beschreibung von Underground-Caches und Lostplace-Caches und an Cache-Namen wie Stone Eater oder Arcanum Unum.
    Ganz oben auf ihrer Liste stand ein Cache namens Fischers Fritze. Und der lag – wie er sich erinnerte – nicht einmal allzu weit entfernt von Svennis Hütte.
    Malin hatte erneut mehr schlecht als recht geschlafen.
    Vielleicht wird sie heute anrufen, Dakota.
    Wenn ja, dann weiß ich überhaupt nicht, was ich sagen soll.
    Ich weiß noch nicht mal, wie ich sie ansprechen soll. Mama? Frau Kowalski?
    Oh Gott, ich bin total nervös …
    Â»Malin, du… Oh, sorry!« Anatol machte auf dem Absatz kehrt, um sie nicht zu stören, doch Malin wusste ohnehin nicht, was sie ihrer unsichtbaren Gefährtin weiter sagen sollte, außer: Ich bin total nervös, ich bin total nervös, ich bin total nervös …
    Statt vor lauter Aufregung eine Art

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