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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Bliefert
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Gräther legte zufrieden den Telefonhörer auf. »Hätt ich meinem missratenen Sohn gar nicht zugetraut!«
    Sein Freund und Anwalt war weniger begeistert, als er von Gräther über den neusten Stand der Dinge unterrichtet wurde.
    Â»Du hast den Einbruch und den Diebstahl deiner Waffe nicht gemeldet, Helmut. Wie soll deine Glock also in den Besitz von Malin oder dieser Kelly gekommen sein? Die Idee kannst du vergessen.«
    Â»Quatsch! Eben nicht!« Gräther sprang auf und rieb sich begeistert die Hände. »Gerade dass von dem Einbruch niemand weiß, ist doch der Clou! Wer hatte denn immer und allezeit ungehindert Zugang zu meinem Büro? Na?«
    Â»Die Putzfrau. Logischerweise.« Klaus Behrens zog eine genervte Grimasse angesichts der kindisch anmutenden Ratespielchen, die sein Freund in seiner Euphorie mit ihm trieb.
    Aber Gräther ließ nicht locker. »Die Putzfrau und…?«
    Behrens zuckte die Achseln. »… und Malin.«
    Â»Eben! Das Einzige, was man mir vorwerfen könnte, wäre, dass ich das Ding nicht ordentlich im Waffenschrank verschlossen aufbewahrt habe. Aber ich kann schließlich jederzeit behaupten, das hätt ich getan und Malin hätte mir heimlich den Schlüssel geklaut.«
    Â»Und was soll aus der Nummer werden?«
    Â»Suizid-Kandidaten brechen aus der Klapse aus und begehen gemeinschaftlichen Selbstmord mit der von Papi geklauten Knarre. So einfach ist das.«
    Behrens verdrehte die Augen. »Logik, mein Freund! Logik ist nicht deine starke Seite, das merk ich ja beim Schach.«
    Â»Wieso?«
    Â»Wenn Malin deine Waffe geklaut und mitgenommen hätte, wär sie schließlich in der Klapse irgendwo aufgetaucht. Oder meinst du, die checken bei ihren Patienten nicht sämtliche Koffer, Taschen und sonstige Verstecke?«
    Gräther stieß einen unwilligen Grunzlaut aus und dachte einen Moment lang nach. Dann wählte er erneut die Nummer seines Sohnes. »Nico? Du musst die Glock anschließend entsorgen, verstanden?«
    Wie es schien, hatte Nico etwas einzuwenden, denn nach wenigen Sekunden schnauzte Gräther »Tu einfach, was ich dir sage!« ins Telefon und knallte den Hörer auf.
    Â»Scheiße, verdammte!« Nico Gräther starrte sein Handy an, als sei es schuld am Zerschlagen seines wunderbaren Plans.
    Es hatte alles so einfach ausgesehen: Verabredung zum Selbstmord? So was gab es schließlich seit geraumer Zeit. Erst vor wenigen Jahren war es durch sämtliche Nachrichten gegangen: Drei junge Leute, die sich vorher noch nie begegnet waren, hatten sich per Internet zusammengetan, um gemeinsam in den Tod zu gehen. Dass so was Nachahmer haben kann, würde jedem einleuchten.
    Er tigerte nervös in Norberts und Helenes Wohnzimmer hin und her und genehmigte sich schließlich zur Beruhigung einen Drink an der Hausbar.
    Auf der anderen Seite des Flurs wimmerte die hübsche, kleine Kelly, dass er sie doch rauslassen solle; sie werde ihn auch ganz bestimmt nicht wegen Nötigung und Freiheitsberaubung anzeigen.
    Â»Aha! Jurastudentin, was?« Er lachte. »Geht leider nicht. Der liebe Nico muss nachdenken!«
    Â»Nico?! Wieso Nico? Was ist denn überhaupt los?!«
    Â»Kleine Änderung der Tagesordnung. Nur Geduld! Wirst schon alles früh genug erfahren!«
    Nach reiflicher Überlegung musste Nico Gräther zugeben, dass sein Vater recht hatte: Er konnte die Glock auf keinen Fall, wie es geplant war, am Tatort – in Sven Martens’ Haus – liegen lassen. Andererseits: Wer sich erschoss, konnte ja wohl kaum anschließend noch fein säuberlich die Waffe verschwinden lassen!
    Â»Wie auch immer: Ich brauch ’ne andere…«, murmelte er.
    Â»Was hast du gesagt?« Kellys Stimme klang dünn und beinahe kindlich. Total unsexy, wie Nico Gräther fand, und er war ihr beinahe dankbar dafür: So kam er – wie er erleichtert feststellte – wenigstens nicht auf dumme Gedanken.
    Â»Schön brav sein!«, rief er in Richtung Bad. »Der liebe Nico ist gleich wieder da.«
    Zu seiner Erleichterung fand er zwischen Norberts und Helenes Kitschfilmsammlung eine passende DVD: The Ring.
    Er startete den Film und stellte den Lautstärkeregler auf beinahe hundert Prozent: Sollten sich tatsächlich Spaziergänger in dieses nagelneue Nobelviertel verirren, würden sie mit Sicherheit davon ausgehen, dass ein Schwerhöriger vor dem Bildschirm saß. Weibliche

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